So richtig wusste Anna Hahner (run2sky.com) auch am Abend nach dem Vienna City Marathon noch nicht, warum es an diesem Tag nicht so gelaufen war wie erwartet. Mit 2:30:50 Stunden landete sie auf Rang fünf. Von einer Enttäuschung konnte man zwar nicht unbedingt sprechen, doch es war die schwächste Zeit ihrer nunmehr sechs Marathonrennen.
Der italienischer Trainer von Anna Hahner, Renato Canova, hatte den Lauf im Internet live verfolgt und hatte zunächst auch keine Erklärung, warum Anna Hahner nicht schneller laufen konnte. „Er war sich sicher, dass ich schneller laufen würde, und ich war mir auch sicher. Renato sagte mir, ich sei stärker gewesen als vor dem Berlin-Marathon im vergangenen Jahr. Und er ging davon aus, dass eigentlich eine persönliche Bestzeit in Wien möglich gewesen wäre“, sagte die 25-Jährige aus Gengenbach im Schwarzwald.
„Irgendetwas, sagte mir Renato am Telefon nach dem Marathon, muss in der Zeit nach meiner Rückkehr aus dem Trainingslager in Äthiopien bis zum Start in Wien passiert sein“, sagte Anna Hahner, die bei zwei Trainingseinheiten das Gefühl hatte, dass sie mehr Kraft gekostet haben als erwartet. „Irgendwie hatte ich in Wien dann nicht die Power in den Beinen wie sonst. Renato sagte, selbst wenn ich direkt nach dem Trainingslager den Wien-Marathon gelaufen wäre, wäre ich schneller gewesen.“
Neues, hartes Training ausschlaggebend für Zwischenflaute?
Aber vielleicht ist Marathon Nummer sechs tatsächlich ein entscheidender Teil der Erklärung. Anna Hahner, die sich im vergangenen September in Berlin auf 2:26:44 Stunden gesteigert hatte, befindet sich in sehr prominenter Gesellschaft bezüglich eines nicht optimalen sechsten Marathonrennens. Für eine Reihe von Stars kam es noch wesentlich schlimmer.
Die deutsche Rekordhalterin Irina Mikitenko und der zwischenzeitlich verstorbene kenianische Marathon-Olympiasieger Sammy Wanjiru liefen ihren sechsten Marathon 2010 in London (Großbritannien) – keiner der beiden erreichte das Ziel. Auch der äthiopische Superstar Haile Gebrselassie startete Marathon Nummer sechs in London, wenn man einen Lauf als Jugendlicher in Addis Abeba nicht mitrechnet. Der frühere Marathon-Weltrekordler gab an der Themse auf, meldete sich dann aber im Herbst in Berlin mit einem Weltrekord zurück.
Es mag alles nur Zufall sein. Doch die Reihe von prominenten Athleten für die Marathon Nummer sechs keine gute Nummer war, spricht – selbst wenn keine wissenschaftlichen Studien vorliegen – nicht dafür. Das immer wieder neue, harte Training dürfte eine Rolle spielen. Einige Topläufer haben offenbar am ehesten im Bereich des fünften, sechsten oder siebten Marathons ein schwächeres Rennen oder einen Ausfall dabei.
Ziel nicht erreicht
Paul Tergat (Kenia) lief einen perfekten sechsten Marathon, Weltrekord in Berlin mit 2:04:55 Stunden, doch bei seinem siebten Lauf bei Olympia in Athen 2004 erlebte er als Zehnter einen Rückschlag. Tegla Loroupe rannte ebenfalls Weltrekord im sechsten Rennen, 2:20:47 Stunden in Rotterdam (Niederlande), doch ihr fünfter Lauf war zuvor weit weniger erfolgreich, Platz sieben in New York (USA; 2:37:19 h).
Ein sehr prominentes Beispiel für eine missratene Nummer sechs liefert Khalid Khannouchi. Der US-Amerikaner, der aus Marokko stammt und zeitweise Marathon-Weltrekordler war, ging bei der WM 2001 als Favorit an den Start. Es war sein sechster Marathon und sein erster im US-Dress – Khalid Khannouchi kam nicht ins Ziel.
Anna Hahner setzt für Rio auf Marathon Nummer sieben
Befragt vor einigen Jahren, erinnerte sich der zweifache deutsche Marathon-Olympiasieger von 1976 und 1980, Waldemar Cierpinski: „Ich glaube, bei meinem sechsten Marathon stand ich neben mir und bin ausgestiegen. Denn Nummer sechs müsste das Rennen in Fukuoka 1977 gewesen sein.“
Die zurzeit verletzte Lisa Hahner ist gewarnt, während Anna Hahner nun, besonders im Hinblick auf die Olympia-Qualifikation für Rio 2016, auf Marathon Nummer sieben setzt. Diesen wird sie sicherlich im Herbst auf einer schnellen Strecke laufen – Berlin oder Frankfurt sind die Optionen.