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Angepasste Olympia-Normen: Das sagen die DLV-Athleten

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat am Dienstagabend auf Initiative des DLV die Leichtathletik-Normen für die Olympischen Spiele in Rio (Brasilien) gesenkt. Was halten die deutschen Athleten davon? Wir haben uns umgehört.
Silke Morrissey / Martin Neumann / Jan-Henner Reitze

Der Weltverband IAAF hatte seine Mindestanforderung für die Olympia-Teilnahme bereits im vergangenen Jahr als Reaktion auf den Korruptions- und Dopingskandal in der internationalen Leichtathletik in 17 Disziplinen herabgesetzt. Nun gelten auch für deutsche Leichtathleten niedrigere Normen, die mit Ausnahme der – deutlich gesenkten – Marathon- und Geher-Normen dem Mindeststandard der IAAF entsprechen.

Für vier deutsche Marathonläufer bedeutet dies von einem Tag auf den anderen: Die Jagd nach der Norm ist abgehakt. Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg; 2:12:50 h) und Julian Flügel (Asics Team Memmert; 2:13:57 h) haben mit ihren Marathon-Leistungen des Vorjahres den neuen Richtwert erfüllt. Auch die Hahner-Zwillinge Lisa und Anna (run2sky.com) dürfen nach Ergebnissen von 2:28:39 und 2:30:19 Stunden mit Rio planen.

Anderen Athleten steht die Jagd nach der Norm noch bevor. Und mit den angepassten Richtwerten ist der Traum von Olympia für viele von ihnen auf einmal in greifbare Nähe gerückt. Wie bewerten sie die neuen Standards? Ist die Motivation neu entfacht? Oder gibt es auch kritische Stimmen zu den niedrigeren Anforderungen? Wir haben Reaktionen für Sie zusammengestellt:

Stimmen zu den neuen Olympia-Normen:

Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg)
400 Meter (Norm: 52,20 sec; vorher: 51,35 sec)
Ich hatte schon verfolgt, dass Normen angepasst werden sollen. Ich habe gehofft, dass die 400 Meter dazugehören. Unsere Norm war heftig und ein großer Sprung zur internationalen Norm. Es nimmt eine Last. Trotzdem kann ich die Norm nicht auf die leichte Schulter nehmen. Auf jeden Fall ist es schön zu wissen, dass sich der DLV für seine Athleten einsetzt und einen Schritt in die richtige Richtung macht. Es ist auch ein Zeichen an die Öffentlichkeit, dass man sich nicht mehr an Zeiten orientiert, die möglicherweise nicht sauber zustande gekommen sind.

Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg)
Marathon (Norm: 2:14:00 h; vorher: 2:12:15 h)
Es hat bis zu diesem Entschluss seine Zeit gebraucht. Da waren die Vorfälle bei der IAAF natürlich eine Steilvorlage.

Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen/ Kieler TB)
Marathon (Norm: 2:14:00 h; vorher: 2:12:15 h)
Grundsätzlich finde ich es ein tolles Signal an alle Sportler. Olympia ist für alle das Ziel und jetzt realistischer zu erreichen. Das ist eine Motivation. Auf der anderen Seite habe ich mich vor vier Jahren sehr für meine Olympia-Teilnahme über die Hindernisse gequält. Jetzt ist die Norm dort bei 8:30 Minuten. Eine Zeit, die ich jedes Jahr gebracht habe. Vor diesem Hintergrund ist eine Olympia-Teilnahme vor vier Jahren mehr wert, als sie in diesem Jahr sein wird. Sehr gut finde ich, dass der DLV den Mut hat, den Bezug zu durch Dopingmittel manipulierte Berechungsgrundlagen herzustellen. Die IAAF sagt ja nur, dass sie größere Teilnehmerfelder haben will. An meinem persönlichen Ziel unter 2:12 Stunden laufen zu wollen, ändert sich nichts.

Anna Hahner (run2sky.com):
Marathon (Norm: 2:30:30 h; vorher: 2:28:30 h)
Ich hätte nicht damit gerechnet, dass der DLV und der DOSB die Norm verändern, das kam sehr überraschend für mich. Beim Berlin-Marathon habe ich um jede Sekunde gefightet, auch wenn die Norm für mich scheinbar nicht mehr zu erreichen war. Umso schöner, dass es sich nun gelohnt hat, bis auf den letzten Meter wirklich alles zu geben. An meinen Plänen für den Start beim Hannover-Marathon am 10. April ändert das aber nichts.

Sabrina Mockenhaupt (LG Sieg):
10.000 Meter (Norm: 32:15,00 min; vorher: 31:45,00 min)
Der DLV hat ein richtiges Zeichen in Richtung sauberen Sport gesetzt und die Normen für die Olympischen Spiele gesenkt! Jetzt ist die Norm über 5000 Meter bei 15:24 Minuten und über 10.000 Meter bei 32:15 Minuten! Wenn ich das jetzt nicht schaffe, dann habe ich bei Olympia auch nichts verloren! (Quelle: <link http: www.facebook.com runningmocki _blank>Facebook)

Timo Benitz
(LG Farbtex Nordschwarzwald)
1.500 Meter (Norm: 3:36,20 min; vorher: 3:35,50 min)

Ich sehe zwei Seiten: Für mich ist es positiv, weil die Chancen natürlich steigen bei Olympia dabei zu sein. Auf der anderen Seite finde ich einige Anpassungen extrem. Ich messe mich an hohen Zielen und trainiere dann auch effektiver. Wir müssen uns fragen: Welchen Anspruch haben wir? Wollen wir Athleten, die dabei sind oder welche, die vorne mitmischen und ins Finale kommen? Ich sehe auch den Vergleich zu anderen Sportarten und denke dabei nicht nur als Leichtathlet. Im Judo gibt es zum Beispiel für jede Nation pro Gewichtsklasse nur einen Platz. Andere Normen sind ebenfalls brutal hart. Olympia sollte etwas ganz Besonderes bleiben. Auch an ehemalige Athleten, die in früheren Jahren an den Normen gescheitert sind, denke ich.

Dennis Krüger (1. VfL Fortuna Marzahn)
800 Meter (Norm: 1:46,00 min; vorher: 1:45,40 min)
Ich finde es sehr gut, dass unser Verband jetzt auch reagiert und gehandelt hat. Wir im Laufbereich wussten, dass unsere Normen in einem etwas anderem
Licht stehen. Es zeigt, dass unser Verband sich der Problematik angenommen hat und handelt. Ich freue mich noch mehr, die Normen anzugehen, weil mein Traum von erfrolgreichen Olympischen Spielen näher gerückt ist und ich eine schon einmal gebrachte Leistung wieder abrufen muss und möchte.

Maya Rehberg (SG TSV Kronshagen/ Kieler TB)
3.000 Meter Hindernis (Norm: 9:45,00 min; vorher: 9:39,00 min)
Es hat sich viel getan in den letzten Wochen, da war ich natürlich gespannt, ob sich das am Ende auf die Normen auswirkt. Ich hätte aber nie zu hoffen gewagt, dass fast sämtliche Normen den IAAF Normen angeglichen werden. Nun wird es endlich einen Kampf um die Startplätze anstelle eines Norm-Hinterherlaufens geben. Das wird sich auch positiv auf die Deutschen Meisterschaften auswirken. An dieser Stelle also nochmal einen großen Dank an alle, die sich für die Angleichung eingesetzt haben.

Martin Grau (LSC Höchstadt/Aisch)
3.000 Meter Hindernis (Norm: 8:30,00 min; vorher: 8:22,80 min)
Meine Ziele bleiben gleich: Ich will schnell rennen, unter meiner Bestzeit von 8:24 Minuten. Es nimmt aber den Druck etwas raus. Dennoch muss ich auch erst einmal unter 8:30 Minuten kommen. Im vergangenen Jahr ist mir das nicht gelungen. Ich hoffe, dass ich es in diesem Jahr in einem der ersten beiden Rennen schaffe. Dann kann man entspannter sein und muss sich nicht weitere Rennen suchen. Mit Blick auf Olympia finde ich es gut, deutschen Läufern eine Chance zu geben, die für eine Überraschung gut sind.

Lena Urbaniak (LG Filstal)
Kugelstoßen (Norm: 17,75 m; vorher: 18,40 m)
Die Anpassung eröffnet mir ganz andere Chancen. Auch die Norm vorher war ein lohnendes Ziel gewesen und nicht außer Reichweite. Aber jetzt ist es greifbarer und es wird ein richtiger Fight um die Tickets hinter Christina Schwanitz. Vor allem jüngeren Athleten, die zum Beispiel in der U23 sind, geben die neuen Normen einen zusätzlichen Anreiz, im Training alles zu geben.

Inna Weit (ART Düsseldorf)
200 Meter (Norm: 23,20 sec; vorher: 22,85 sec)
Für mich ist die neue Norm ein realistisches Ziel. Ich denke aber nicht, dass sie reichen wird. Die Qualität im deutschen Frauensprint ist höher. Viele Mädels werden die Norm schaffen. Dadurch wird der Wettkampfgedanke gefördert. Man rennt nicht mehr Zeiten hinterher, sondern misst sich gegenseitig. Dadurch werden dann auch die Deutschen Meisterschaften viel spannender, weil nur drei Mädels mitgenommen werden können. 

Jenny Elbe (Dresdner SC 1898)
Dreisprung (Norm: 14,15 m; vorher: 14,25 m)
Zehn Zentimeter können eine Welt sein. Bei 14,15 Metern kann ich mir außerdem sagen: Ich bin das schon einmal gesprungen. Da kann ich etwas lockerer rangehen, als wenn ich - wie in meinem Fall - hätte eine Bestleistung springen müssen. Mit der Anpassung hat der DLV die richtige Konsequenz gezogen.

Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz)
Dreisprung (Norm: 16,85 m; vorher: 17,00 m)
Rio ist 15 Zentimeter näher gerückt. Das gibt auch jüngeren Athleten die Chance, an Olympischen Spielen teilzunehmen. Die nationale Norm ist im Vergleich zur internationalen sonst immer eher sehr hoch.

Raúl Spank (LG Nord Berlin)
Dreisprung (Norm: 16,85 m; vorher: 17,00 m)
Für mich persönlich ist die Anpassung positiv, verändert aber auch nicht die Welt. Wenn ich schon das Erlebnis Dreisprung angehe, will ich auch 17 Meter springen. Die neue Norm bringt aber etwas Ruhe und gibt mir mehr Zeit dafür. Vor dem Hintergrund der Dopingenthüllungen finde ich es richtig, Normen anzupassen. Im Dreisprung der Herren sehe ich es aber nicht, dass die Norm exorbitant hoch war. Anders ist das zum Beispiel im Diskuswerfen mit 66 Metern gewesen. 

Diana Sujew (LG Eintracht Frankfurt)
1.500 Meter (Norm: 4:07,00 min; vorher: 4:05,50 min)
2012 habe ich die Norm von 4:05,50 Minuten um zwei Zehntel verpasst. Auch wenn der Unterschied nicht so groß erscheint, ist eine 4:07 für den Kopf eine andere Aufgabe. Es ist entspannter. Aber auch diese Zeit muss ich erst einmal rennen. Für eine solche Zeit wird es aber einfacher, ein passendes Feld zu finden. Es ist nicht unbedingt ein Diamond League-Meeting nötig, wo es schwer ist, einen Platz zu bekommen.

Maren Kock (LG Telis Finanz Regensburg)
1.500 Meter (Norm: 4:07,00 min; vorher: 4:05,50 min)
Meine Bestzeit liegt bei 4:07,56 Minuten. Für mich ist die neue Norm auf jeden Fall eine machbare Aufgabe. Ein erster wichtiger Schritt uns Athleten entgegenzukommen, gerade mit der Doppelbelastung EM und Olympia in einem Jahr. Ich hoffe, dass ich meine Form aus dem letzten Jahr ausbauen kann und die 4:07 Minuten fallen werden. Nun heißt es aber, weiterhin gesund bleiben und durch den Winter kommen. (Quelle: <link https: www.facebook.com maren1990 _blank>Facebook)

Die angepassten Normen auf einen Blick:

<link news:45618>DOSB stimmt DLV-Antrag zu: Olympia-Normen für Rio werden gesenkt

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