| Nachwuchstrainer des Jahres

Andreas Bücheler – Kein Weg zu weit

© Theo Kiefner
2016 feierte Andreas Bücheler seine erste internationale Medaille als Nachwuchstrainer. 2024 schafften es sogar zwei seiner Schützlinge aufs Podest internationaler Nachwuchsmeisterschaften. Sein Rezept: Engagement, Anspruch und Teamgeist gepaart mit dem Willen, sich stetig weiterzuentwickeln. Sein Ass im Ärmel: die eigene Jugendherberge! Wir stellen Deutschlands „Nachwuchstrainer des Jahres“ 2024 genauer vor.
Silke Bernhart

Der kurze und direkte Weg führt in der Leichtathletik längst nicht immer zum Ziel. Es ist Durchhaltevermögen gefragt. Mut. Einfallsreichtum. Zuversicht. Und wenn man Glück hat und das richtige Händchen, dann fügen sich die Puzzleteile vielleicht irgendwann perfekt zusammen. Andreas Bücheler kann ein Lied davon singen. Denn als konventionell ist sein persönlicher Weg nicht unbedingt zu bezeichnen – aber mittlerweile ist er dort angekommen, wo sein Engagement und seine Kompetenz als Trainer Früchte tragen.

Seit etwa zehn Jahren sind viele der bayerischen Wurf-Erfolge auf die Arbeit des 42-Jährigen zurückzuführen. Die ersten Ausrufungszeichen: U18-EM-Silber 2016 im Diskuswurf von Amelie Döbler und der U18-WM-Titel 2017 im Kugelstoßen von Selina Dantzler. Die jüngsten Highlights: U18-EM-Gold und deutsche U18-Bestleistung im Hammerwurf von Clara Hegemann sowie die Bronzemedaille bei der U20-WM von Kugelstoßer Georg Harpf (alle LG Stadtwerke München).

Erst Fernmeldeanlagenelektroniker, dann Sportlehrer…

Kaum zu glauben, dass sich Andreas Bücheler mit seiner Anstellung im Bayerischen Leichtathletik-Verband (BLV) erst seit etwa 2021 in vollem Umfang auf seine Trainertätigkeit konzentrieren kann, zunächst als Nachwuchstrainer und seit 2024 als Teamleiter Wurf. Vorher hatte er teils drei Beschäftigungen gleichzeitig und ging den Weg der kleinen Schritte – mit Sackgassen, Kreuzungen und dem einen oder anderen Umweg.

Andreas Bücheler lernte zunächst den Beruf als Fernmeldeanlagenelektroniker. Legte dann ein Studium als „Sportlehrer im freien Beruf“ nach („Ich hatte Glück, dass man das in Bayern damals machen konnte ohne Abitur, aber das war beruflich erstmal ein echter Schritt zurück“). Fand einen Nebenjob als Anleiter einer Nordic-Walking-Gruppe. Brachte sich während des Studiums bei der Kindersportschule des TSV München Ost ein, wo er zum Leiter aufstieg. Gründete bei der LG Stadtwerke München eine Wurfgruppe. War als Vereinstrainer tätig, als Sportlehrer an einer Münchner Privatschule und zwei Jahre auch als Leichtathletik-Bundestrainer der Gehörlosen.

… und dazu noch Herbergsvater

Ein paralleles Projekt, das sich durchaus als Sackgasse hätte erweisen können, entpuppte sich später als wahrer Glücksgriff: Vor bald 15 Jahren entschied sich Andreas Bücheler dazu, in Weißenstadt im Fichtelgebirge eine Jugendherberge zu kaufen. Sie ist mittlerweile zur zentralen Anlaufstelle für die Wurfgruppe des Münchners geworden.

„Der Aufwand ist nicht unwesentlich, aber seitdem mein Papa in Rente ist, unterstützt er mich – besonders, seitdem es im Sport mehr geworden ist“, erklärt Andreas Bücheler, der regelmäßig zwischen seinem Wohnort München und dem 270 Kilometer entfernten Weißenstadt pendelt. Schulklassen empfängt er dort selten, da seien am Haus schon zu viele Schäden entstanden. Aber unter der Woche sind Behindertenwerkstätten zu Gast, an den Wochenenden werden runde Geburtstage gefeiert, und in den Ferien kehren die Sportler ein.

Ein Treffpunkt für alle

Während der Corona-Pandemie nutzte Andreas Bücheler die Zeit, um die Herberge sowie die Sportstätten mit Sportplatz und Wurfanlagen weiter auszubauen. Darüber hinaus konnte seine Trainingsgruppe dort in Isolation trainieren: „Wir hatten eine Sondergenehmigung vom Landratsamt, dass wir uns dort freiwillig in Quarantäne begeben dürfen. So konnten wir unsere Trainingslager absolvieren, als andere noch nicht trainieren durften.“

Ein weiterer Pluspunkt: Auch seine Frau und sein Sohn können in Weißenberg immer mit dabei sein. Und darüber hinaus Athletinnen und Athleten aus finanzschwachen Familien. „Natürlich will man die auch fördern, wenn sie talentiert sind. Und ob dann da in der eigenen Jugendherberge 23 oder 21 Leute am Tisch sitzen, das ist dann auch egal.“

Hammerwurf neu im Programm

Fast eine Athleten-Generation hat mittlerweile über die Talentfindung in der Kindersportschule oder der bayerischen „Wurfschule“ sowie die Talentförderung unter anderem im Münchner Wurfteam und regelmäßige Besuche in Weißenberg die Wurf-Schule von Andreas Bücheler durchlaufen –überwiegend im Kugelstoßen und im Diskuswurf. Neu ist, dass auch im Hammerwurf Talente das Trikot der LG Stadtwerke München tragen.

Den Ausschlag dafür gab der Wechsel von Johanna Marrwitz: Als die damals 16-Jährige Ende 2022 in Frankfurt ohne Trainer dastand, entschied sie sich für München als neuen Standort – die Trainingsgruppe von Andreas Bücheler hatte sie zuvor in einem Trainingslager in Kienbaum kennengelernt. Mit Bronze 2023 beim EYOF konnte sie direkt im Jahr darauf eine internationale Medaille feiern. Und zugleich die ein Jahr jüngere Clara Hegemann für die Disziplin begeistern.

Streng, aber nicht streng nach Plan

„Wer 100 Prozent rein gibt, kriegt von mir 110 Prozent Unterstützung zurück“, erklärt Andreas Bücheler, der sich selbst als streng bezeichnet und Wert darauf legt, dass seine Athlet:innen neben dem Sport den Alltag mit Schule und Berufseinstieg oder Studium im Griff haben. „Aber ich plane nicht alles bis ins letzte Detail durch. Das habe ich mir abgewöhnt, seitdem ich jeden Tag in der Halle stehe oder auf dem Platz. Da ist es manchmal besser, dem Sportler einfach direkt in die Augen zu schauen und zu sagen: Heute setzt du dich eine Stunde aufs Radl oder machst ein bisschen Gymnastik, und dann gehst du wieder heim, weil du heute nicht gut ausschaust.“

Natürlich gebe es auch immer wieder Talente, die versuchen, sich hinter der starken Gruppe zu verstecken. Überwiegend aber motivieren der Teamgeist und die wiederkehrenden Erfolge die jungen Athletinnen und Athleten, sich auch selbst stetig weiterzuentwickeln.

Gleiches gilt für den Trainer Andreas Bücheler: Das 1x1 des Wurfs lernte er einst an der Seite seines Mentors Gerhard Neubauer – ehemals bayerischer Wurftrainer und jetzt BLV-Präsident. Zuletzt holte er sich vom Leitenden Nachwuchs-Bundestrainer Wurf/Stoß Steve Harnapp oder den Bundestrainern Joachim Lipske und Helge Zöllkau Tipps für den Hammerwurf. Für das Kugelstoßen und die Drehstoß-Technik orientiert er sich auch an der Arbeit der erfolgreichen Coaches im Ausland.

Ziel: Anschluss an die deutsche Spitze

Erfolge im Nachwuchsbereich konnte er zuletzt in Serie feiern, nun steht für Andreas Bücheler und seine Gruppe der nächste Schritt bevor: Das Heranführen der Talente an die nationale und internationale Spitze der Erwachsenenklasse. Dafür würde er sich wünschen, dass künftig auch Top-Athlet:innen den Weg in seine Wurfgruppe nach München finden. „Wir brauchen jemanden, der vorneweg geht, damit sich die Jungen dahinter in Ruhe entwickeln können“, erklärt er.

Denn das brauche Zeit, gerade im Wurfbereich. Für Clara Hegemann steht der Wechsel vom 3- zum 4-Kilo-Hammer in der U20 bevor. Georg Harpf wechselt in die Männerklasse und muss dort mit der 7,26 Kilo Kugel stoßen. Johanna Marrwitz hat noch ein U20-Jahr vor sich, bevor sie sich in der Aktivenklasse behaupten muss. Dort kämpfen mit den Kugelstoßern Dominik Idzan und Helena Kopp weitere U23-Talente um den Anschluss.

Mit der LG Stadtwerke München weiß Andreas Bücheler einen starken Partner an seiner Seite. Für seine eigene Weiterentwicklung und die seiner Talente setzt er weiter auf den engen Austausch im deutschen Trainerteam. Deutschlands „Nachwuchstrainer des Jahres“ 2024 hofft, dass auch in den neuen DLV-Leistungssport-Strukturen die gute Zusammenarbeit mit zentralen Ansprechpartnern im Wurfbereich fortgesetzt und der Wissenstransfer von erfahrenen Trainer:innen zur neuen Trainer-Generation sichergestellt wird.

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