| Darmstadt

DLV-Leistungssport stellt sich neu auf

© Jan Papenfuß
Der DLV-Leistungssport hat sich am Wochenende bei den Ständigen Konferenzen in Darmstadt für den Olympiazyklus 2024 bis 2028 und darüber hinaus neu aufgestellt. Neben einer neuen Struktur und konturierten Rollenzuweisungen in der Verantwortlichkeit für die Disziplingruppen stand auch die Frage nach der Talentfindung und -entwicklung im Fokus.
Silke Bernhart

Das Ende des Olympia-Jahres 2024 markiert für den Leistungssport im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) zugleich einen Neubeginn: Bei der Ständigen Konferenz Leistungssport und der Ständigen Konferenz Talententwicklung und Nachwuchsförderung in Darmstadt wurde am zurückliegenden Wochenende eine Neuordnung der Rollen und Verantwortlichkeiten eingeleitet.

DLV-Vorstand Leistungssport Dr. Jörg Bügner präsentierte vor den hauptamtlichen DLV-Trainerinnen und -Trainern die Matrix einer verschlankten vertikalen Struktur, in der die vielfältigen Disziplinen und Disziplingruppen der Leichtathletik künftig in 14 sogenannten „Schnellbooten“ gebündelt sind – drei im Bereich Sprint/Hürden, drei im Lauf/Gehen, vier im Sprung/Mehrkampf und vier im Wurf. Diese sind anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt das Ergebnis zahlreicher Gespräche, Analysen, Auswertungen und Beobachtungen und greifen auch Impulse der Geldgeber von BMI und DOSB mit auf.

Einzelne Veränderungen in der Besetzung der Rollen innerhalb dieser Teams konnten schon verkündet werden, andere werden in den kommenden Wochen auf Basis der Bedürfnisse der Disziplin(-gruppen) weiter erarbeitet. Für die Trainer:innen an den Bundesstützpunkten rückt mit Reduzierung der administrativen Aufgaben die Arbeit mit den Athlet:innen und die direkte Zusammenarbeit mit den Vereinen noch stärker in den Vordergrund. Vorgesehen ist in jedem „Schnellboot“ die Installation eines Nachwuchs-Bundestrainers. Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung der langfristigen Entwicklung und -Begleitung der Nachwuchsathleten wird der DLV künftig mit mehr hauptamtlichen Nachwuchstrainer:innen arbeiten. 

„Mut, neue Wege zu gehen“

„Es soll für uns alle ein Neustart sein“, stellte Jörg Bügner heraus. „Wir brauchen den Mut, aus Fehlern zu lernen und neue Wege zu gehen.“ Ein neuer Weg wird zum Beispiel im Bereich Lauf eingeschlagen, in dem der weltweit angesehene Ausdauersport-Experte Dan Lorang (Luxemburg) künftig das Trainerteam für die Mittel- und Langstrecke beraten wird. 

„Unsere gemeinsamen Ziele können wir nur als Team realisieren. Die Team-Entscheidungen sollten auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen mit Leidenschaft und Engagement getragen und gestaltet werden“, sagte der DLV-Vorstandsvorsitzende Idriss Gonschinska, der gleichzeitig dazu aufrief, den Traum zu leben, als Team Grenzen zu verschieben.

Den Startschuss für den Veränderungsprozess begleitete in Darmstadt auch Coach Jan-Philipp Hölz, der in seinem Vortrag für Geduld, Verständnis und kleine Schritte auf dem Weg zur erfolgreichen Strukturänderung im Leistungssport-Team warb.

Suche nach den Talenten

Während die Trainer:innen der A-Nationalmannschaft am Sonntag in Kleingruppen weitere Gespräche zur Ausgestaltung der Kommunikation und Zusammenarbeit in den neuen Strukturen führten, stand für das Team des Nachwuchs-Leistungssports die Talentsichtung und -entwicklung im Mittelpunkt. Für einen Vortrag zu Gast war der niederländische Experte Honoré Hoedt, der Impulse für eine verbesserte Zusammenarbeit von Verein, Trainern und Verbänden gab und für langfristig abwechslungsreiches und herausforderndes Training.

„Wir laden Euch ein, die Talentsuche und die Nachwuchsförderung gemeinsam neu zu denken“, sagte Idriss Gonschinska. In seinem Impulsvortrag präsentierte er Erstaunliches zur Korrelation von Erfolg im Jugendalter und bei Erwachsenen: Die Studien von Prof. Dr. Güllich und Kollegen* beschreiben, dass die erfolgreichen Jugendlichen und die erfolgreichen erwachsenen Athletinnen und Athleten regelmäßig unterschiedlichen Populationen angehören. Diejenigen, die im Erwachsenenalter Weltklasse erreichen, sammelten in ihrer Kindheit bzw. Jugend mehr Erfahrungen in verschiedenen Sportarten, begannen später spezialisiert mit ihrer Hauptsportart und machten anfänglich langsamere Fortschritte als diejenigen, die im Jugendalter leistungsstärker waren.

Die Chef-Bundestrainerin Nachwuchs Elke Bartschat fasste nach einer intensiven Diskussion zwischen den Vertretern des Nachwuchs-Leistungssports in DLV und Landesverbänden die wesentlichen Punkte zusammen: „Wenn wir zukünftig bei den Erwachsenen erfolgreich sein wollen, müssen wir es schaffen, die Talente von Beginn an grundlegend und vielseitig auszubilden und schrittweise auf die Anforderungen in der Weltspitze vorzubereiten. Auch müssen wir unsere Fördermaßnahmen so ausrichten, dass wir die 'Black Swans' nicht verlieren.“

Mehr:
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*Quellen: 

Barth, M., Güllich, A., Macnamara, B. N., Hambrick, D. Z. (2022). Predictors of Junior Versus Senior Elite Performance are Opposite. A Systematic Review and Meta-Analysis of Participation Patterns. Sports Medicine 52 (2022), 1399-1416, https://doi.org/10.1007/s40279-021-01625-4
Barth, M., Güllich, A., Macnamara, B. N., Hambrick, D. Z. (2024). Quantifying the Extent to Which Junior Performance Predicts Senior Performance in Olympic Sports: A Systematic Review and Meta-analysis. Sports Medicine 54 (2024), 95-104, https://doi.org/10.1007/s40279-023-01906-0
Güllich, A., Macnamara, B. N., Hambrick, D. Z. (2022). What Makes a Champion? Early Multidisciplinary Practice, Not Early Specialization, Predicts World-Class Performance. Perspect Psychol Sei. 17(1), 6-29. doi: 10.1177/1745691620974772
Güllich, A., Barth, M. (2023). Effects of Early Talent Promotion on Junior and Senior Performance: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Medicine 53 (2023), https://doi.org/10.1007/s40279-023-01957-3
Güllich, A., Barth, M., Macnamara, B. N., Hambrick, D. Z. (2023). Quantifying the Extent to Which Successful Juniors and Successful Seniors are Two Disparate Populations: A Systematic Review and Synthesis of Findings. Sports Medicine 53 (2023), 1201-1217, https://doi.org/10.1007/s40279-023-01840-l

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