Letzte Chance auf eine EM-Nominierung: Die Werfer-Familie trifft sich am kommenden Wochenende bei den Halleschen Werfertagen. Das Meeting ist zudem eine wichtige Standortbestimmung für die Olympischen Spiele in Paris. Das Starterfeld ist hochkarätig – gespickt mit Weltmeistern und Olympiasiegern wie Anita Wlodarczyk, Ethan Katzberg, Bin Feng und Chase Jackson im Kreise fast aller deutschen Olympia-Hoffnungen.
Dieses Flair bei den Halleschen Werfertagen ist einfach einzigartig. Auch nunmehr bei der 49. Auflage – und lockt am Wochenende (25./26. Mai) wieder die besten Werfer in die Saalestadt. Davon zeugen die Starterfelder in den vier Wurf-Disziplinen von der Jugend bis zu den Aktiven, welche nationale Spitzenklasse mit absoluter Weltklasse vereinen.
Während die Aktiven die letzte Chance vor der Nominierung für die Europameisterschaften in Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) nutzen wollen, geht es für den Nachwuchs ebenfalls um Normen für ihre nationalen Höhepunkte – die U18-Europameisterschaften in Banska Bystrica (Slowakei; 18. bis 21. Juli) und die U20-Weltmeisterschaften in Lima (Peru; 26. bis 31. August).
Hochspannung und Weltklasse im Diskuswurf
Traditionell sind die Diskusfelder am stärksten besetzt. Mit Vorjahressiegerin Bin Feng erhalten die DLV-Starterinnen sehr starke Konkurrenz. Die Chinesin reist als Weltranglisten-Dritte an, hat in dieser Saison ihren Diskus bereits auf 67,57 Meter befördert. Hinter der Weltmeisterin von 2022 rangiert schon Marike Steinacker (TSV Bayer 04 Leverkusen), die sich beim Wurfmeeting in Wiesbaden mit neuer Bestmarke von 67,31 Metern an die deutsche Spitze setzte und nebenbei die EM- wie Olympia-Norm übertraf. In diesem Jahr haben bereits fünf DLV-Athletinnen den geforderten Richtwert für Rom von 60,50 Meter übertroffen. Der Kampf um die drei EM-Tickets geht bei den Werfertagen in die finale Endphase mit Lokalmatadorin Shanice Craft wie auch Claudine Vita (SC Neubrandenburg).
Nicht minder spannend ist und wird der Kampf um die drei DLV-Startplätze bei den Männern. In absoluter Topform reist Clemens Prüfer (SC Potsdam) an. Beförderte er doch erst am Mittwoch seine zwei Kilogramm Scheibe in Neubrandenburg auf die neue Hausmarke von 69,09 Meter. Nur wenige Zentimeter über die bisherige Topweite des U23-Athleten Mika Sosna (TSG Bergedorf), der sich Mitte April auf 68,96 Meter steigern konnte. Auch Henrik Janssen (SC Magdeburg) untermauerte in Neubrandenburg seine Ticket-Ambitionen, er kam auf 67,43 Meter.
Dahinter lauern Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01), David Wrobel (VfB Stuttgart) sowie mit Steven Richter (LV 90 Erzgebirge) und Marius Karges (Eintracht Frankfurt) zwei weitere U23-Athleten, die ebenfalls das Potenzial für die EM-Norm (65,20 m) haben. Nichts unversucht lassen möchte Martin Wierig (SC Magdeburg). Die DLV-Werfer treffen auf den WM-Zweiten von 2019 Fedrick Dacres (Jamaika) und Simon Petersson (Schweden), die in ihrer sportlichen Vita schon Würfe über die 70-Meter-Marke stehen haben, sowie auf Vorjahressieger Lawrence Okoye (Großbritannien).
Hammerwerfer im Aufwind
Im deutschen Hammerwurf bewegt sich was: Bei den Frauen sind bisher drei DLV-Athletinnen – Samantha Borutta (Eintracht Frankfurt), Michelle Döpke (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Aileen Kuhn (LAZ Ludwigsburg) – fast gleichauf und haben zuletzt an der 70-Meter-Marke gekratzt. Für die EM-Norm müssten sie noch ein Schippchen drauflegen, gefordert sind 71,20 Meter. Vielleicht kann eine Weltrekordlerin aus dem deutschen Trio diese Topweite herauskitzeln: Die dreimalige Olympiasiegerin und viermalige Weltmeisterin Anita Wlodarczyk (Polen) kommt nach längerer Pause wieder in die Halleschen Brandberge – 2016 und 2017 hatte sie das Meeting sogar gewonnen. Lauren Bruce (Neuseeland) und Vorjahressiegerin Kathrine Koch Jacobsen (Dänemark) haben ebenfalls schon die 70er Marke überboten.
Zwei hoffnungsvolle deutsche Hammerwurf-Talente duellieren sich an der deutschen Spitze: Merlin Hummel (UAC Kulmbach) und Sören Klose (Eintracht Frankfurt), die in diesem Sommer bereits die 77-Meter-Marke geknackt haben. Sie treffen bei den Werfertagen auf den Kanadier Ethan Katzberg, der im Vorjahr mit gerade einmal 21 Jahren Weltmeister wurde. In diesem Jahr ließ er seinen Hammer schon auf 84,38 Meter fliegen.
DLV-Kugelstoßerinnen fordern Chase Jackson
Im Kugelstoßen wird die Amerikanerin Chase Jackson an den Start gehen. Die Weltmeisterin von 2022 und 2023 hat im Januar geheiratet, im Vorjahr gewann sie in Halle noch unter ihrem Mädchen-Namen Chase Ealey. Mit ihrer Bestleistung von 20,76 Metern hält sie seit dem vergangenen Jahr den US-Rekord. Auch ihre Landsfrau Meggie Ewen hat gemeldet. Ihre Bestleistung steht bei 20,45 Metern.
Drei EM-Tickets, fünf Anwärterinnen: So die momentane Situation bei den DLV-Kugelstoßerinnen. Die beständigste ist Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim), die mit 19,40 Metern die deutsche Rangliste anführt. Hinter der Zweiten der Hallen-WM liegen Alina Kenzel (VfB Stuttgart) und Julia Ritter (TV Wattenscheid 01).
Etwas anders stellt sich die Situation bei den Männern dar, wo noch kein DLV-Athlet den Richtwert von 20,85 Meter übertreffen konnte. Silas Ristl (LAC Essingen) kratzte zuletzt an der 20-Meter-Marke, 20,20 Meter müssen als Leistungsbestätigung für die EM-Quali über das Ranking her. An der Spitze bahnt sich in Halle/Saale ein interessantes Duell zwischen dem Briten Scott Lincoln und dem Amerikaner Jordan Geist an, beide haben in dieser Saison schon Weiten jenseits der 21 Meter gestoßen. Dazu steht ein Weltrekordler und Weltmeister im Feld: Niko Kappel (VfB Stuttgart) gewann erst vor wenigen Tagen bei der Para-WM in Kobe die Goldmedaille.
Max Dehning kehrt mit guten Erinnerungen zurück
Die deutschen Speerwerferinnen warten in diesem Sommer noch auf den ersten 60-Meter-Wurf. Es wäre zugleich auch die EM-Norm. Jana Marie Lowka (Eintracht Frankfurt) kam dieser Marke zuletzt mit 58,68 Metern schon recht nah. Bei den Speerwerfern hat bisher nur Max Dehning (TSV Bayer 04 Leverkusen) den Richtwert (83,00 m) in diesem Jahr übertroffen. Er kehrt zurück an die Stätte, wo ihm im Februar sein Wahnsinnswurf auf 90,20 Meter gelang.
Dem Nachwuchs gehört bei den Werfertagen traditionell der zweite Tag. Dann stehen die Entscheidungen in der Jugend U23 und U18 auf dem Programm. Die Athletinnen und Athleten der U20 greifen dagegen bereits am Samstag vor den Aktiven zu Kugel, Diskus, Hammer und Speer. Mit im Feld sind jede Menge Talente, die bereits die Normen für U18-EM und U20-WM erfüllt haben. Gut möglich, dass sich bei den Halleschen Werfertagen am Wochenende weitere Athletinnen und Athleten für die internationalen Startplätze empfehlen werden.