| Interview der Woche

Miriam Dattke: "Auf den letzten zehn Kilometern ging gar nichts mehr"

© Theo Kiefner
Die Ambitionen vor dem Rennen waren groß: Mit dem Ziel, die Olympia-Norm (2:26:50 h) zu unterbieten, wollte sich Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg) beim 40. Mainova Frankfurt-Marathon in eine gute Position im Kampf um die Startplätze in Paris bringen. Nicht zuletzt widrige Wetterbedingungen machten die Jagd nach schnellen Zeiten jedoch schwer. Am Ende fehlten der 25-Jährigen knapp anderthalb Minuten.
Jane Sichting

Miriam Dattke, herzlichen Glückwunsch – Sie haben den Marathon trotz Problemen auf den letzten Kilometern gefinisht und sind als beste Deutsche in die Frankfurter Festhalle eingelaufen. Mit 2:28:12 Stunden haben Sie zugleich aber ihr Ziel, die Olympia-Norm von 2:26:50 Stunden zu unterbieten, verpasst. Neben einem Lächeln war Ihnen nach dem Rennen die Enttäuschung deutlich anzusehen. Wie lief es für Sie?

Miriam Dattke:

Es lief lange Zeit echt gut und ich hatte ein gutes Bauchgefühl. Aber am Ende, die letzten zehn Kilometer, ging gar nichts mehr. Die Beine haben gekrampft, der Bauch hat gekrampft und dann bin ich echt rückwärts gelaufen. Das war echt beschissen, das kann man nicht anders sagen. Ich habe auch mit mir gehadert, ob ich überhaupt ins Ziel laufe. Aber irgendwie ist dann doch so ein gewisser Ehrgeiz da, das man ankommen will. Und es war dann quasi auch nicht mehr so weit. Aber man kann sich gar nicht vorstellen, wie lang sich fünf Kilometer anfühlen können, wenn einfach nur noch alles weh tut. Aber das Gefühl kennen ganz, ganz viele und da muss man dann einfach durch. 

Welche Rolle haben Ihre beiden Tempomacher Simon Stützel und Adane Belete für Sie gespielt? Insbesondere in den Phasen, in denen es immer schwerer wurde und Sie sehr gekämpft haben?

Miriam Dattke:

Ich war sehr froh, dass ich die beiden dabei hatte und sie bis zum Ende versucht haben, mich zu unterstützen und an mich geglaubt haben. Das war auf jeden Fall ein riesiger Beitrag, den sie da geleistet haben. Am Anfang ging es mir auch sehr gut, weil Simon mich immer daran erinnert hat, wie gut wir unterwegs waren. Und natürlich hat er mich auch am Ende versucht, zu motivieren. Aber es ging hinten raus einfach nicht mehr.

Haben Sie schon einen Plan B und werden die Norm erneut angreifen, etwa bei einem Winter-Marathon?

Miriam Dattke:

Ehrlich gesagt weiß ich das gerade nicht. Dafür ist alles noch zu frisch.

Ihr ursprünglicher Plan war es, den Marathon in Berlin zu laufen. Entsprechend war auch Ihr Training danach ausgerichtet. Aufgrund eines Infektes mussten Sie diesen absagen und haben sich stattdessen kurzfristig für einen Start in Frankfurt entschieden. Ist es überhaupt möglich, das Training binnen eines Monats noch einmal so umzugestalten, um erneut in Höchstform zu sein?

Miriam Dattke:

Es ist schwierig, weil man dann die Vorbereitung in die Länge zieht und der Körper eigentlich schon müde ist. Irgendwann will man einfach fertig sein. Ich habe jetzt so viele Wochen trainiert, Monate! Es war auf jeden Fall nicht einfach, aber ich hatte dennoch ein gutes Gefühl, als ich an der Startlinie stand. 

Wie haben Sie dann die Strecke selbst erlebt? Kam Ihnen etwa das flache Profil zugute?

Miriam Dattke:

Es kann sein, dass das jetzt sehr subjektiv ist, aber ich fand es am Ende nicht so cool mit dem Kopfsteinpflaster. Ansonsten glaube ich, dass wenn man einen guten Tag hat, das eine schöne Strecke ist. (lacht) Aber jetzt so hinten raus war es mit dem Regen dann nicht mehr so schön. 

Sind Sie denn eher eine Schönwetter-Läuferin oder ist Ihnen das Wetter weitgehend egal und Sie laufen auch gern bei Regen?

Miriam Dattke:

Wichtiger ist eher die Temperatur und dass es windstill ist. Ich fand es am Ende auch ein wenig zu windig. Da die Beine schon nass waren, war es nicht so angenehm, als dann auch noch der Wind drauf kam.

In Frankfurt gilt der Zieleinlauf auf dem roten Teppich in der Festhalle als etwas ganz Besonderes. Haben Sie das auch so erlebt? Auch wenn Sie nicht das erreicht haben, was Sie sich vorgenommen hatten?

Miriam Dattke:

Ja, auf jeden Fall. Es ist trotzdem so, dass man froh ist, angekommen zu sein. Auch die Stimmung auf der Strecke war super. Es haben so viele so toll angefeuert und ich habe so oft meinen Namen gehört, das war auf jeden Fall Hammer. Umso ärgerlicher ist es, wenn dich am Ende immer noch alle anfeuern und du merkst, du kannst eigentlich gar nicht mehr.

Blicken wir in die Saison zurück. Zuletzt haben Sie vor allem auf den Unterdistanzen überzeugt und sind in diesem Jahr unter anderem Deutsche Meisterin im Halbmarathon sowie Zweite über zehn Kilometer Straßenlauf geworden. Noch sehen Sie sich selbst nicht als Marathon-Läuferin. Dennoch wollen Sie sich über die 42,195 Kilometer für Olympia qualifizieren. Auf welcher Strecke sehen Sie sich selbst zu Hause, wo sind Ihre größten Stärken?

Miriam Dattke:

Ich habe noch nicht so viel Marathon-Erfahrung. Deshalb würde ich mich selbst immer noch als Langstrecklerin sehen, die auch Marathon läuft. Die Norm wollte ich gern laufen, weil es mir am meisten Spaß macht. Aber da muss man jetzt einfach mal gucken, was wir da die nächsten Wochen machen.

Könnten Sie sich auch vorstellen, die Norm auf einer der kürzeren Strecken anzugreifen?

Miriam Dattke:

Ja, über die 10.000 Meter könnte ich es mir vorstellen.

Was ist bei Ihnen für die kommenden Wochen geplant? Steht erst einmal Regeneration und vielleicht sogar Urlaub an?

Miriam Dattke:

Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht. Ob ich noch einen Marathon laufen werde oder nicht. Wenn ich noch einen laufe, dann habe ich tatsächlich keine Zeit für Urlaub. Ich muss jetzt erst einmal alles verdauen und dann entscheiden, wie es weitergeht.

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