| München 2022

EM Tag 1 und 2 | Emotionen pur in München: Niklas Kaul krönt sich zum Europameister

Europameister! Niklas Kaul hat im fast ausverkauften Olympiastadion in München den EM-Titel im Zehnkampf gewonnen. Mit einer energischen Leistung über 1.500 Meter und den Zuschauern im Rücken sprang der Mainzer in der letzten Disziplin auf den Gold-Rang. Auch Arthur Abele wurde frenetisch zum Abschluss seiner Karriere von den Fans gefeiert. Hier lesen Sie, wie sich der EM-Zehnkampf von München von Disziplin zu Disziplin entwickelt hat.
Nicolas Walter

Tag 2


110 Meter Hürden


Es war ein Ende, wie es ihm keiner gewünscht hatte. Seinen Kopf vergrub Arthur Abele in den Händen – kurz zuvor war der Ulmer von den Kampfrichtern wegen eines Fehlstarts disqualifiziert worden. Nachdem sich auch das Publikum enttäuscht über die Entscheidung des Kampfgerichts zeigte, wandelte sich die Stimmung in einen tosenden Abschieds-Applaus für Arthur Abele. "Ich habe keinen Fehlstart gemacht, ich habe das Gewicht ein bisschen verlagert, aber das kann eigentlich nicht als Fehlstart gewertet werden. Ich mache definitiv weiter", sagte Arthur Abele kurz darauf am Stadionmikrofon. Der Deutsche Leichtathletik-Verband legte Einspruch gegen die Disqualifikation ein – und das mit Erfolg.

Rund eine Stunde später sollte etwas geschehen, was Arthur Abele vermutlich für immer in Erinnerung bleiben wird. Nachdem dem Protest stattgegeben wurde, durfte er alleine noch einmal die Hürden-Distanz absolvieren. Und das mit der frenetischen Unterstützung der Zuschauer im Olympiastadion. In 14,50 Sekunden sprintete er über die Hürden. "Ich bin fix und fertig. Publikum, ihr seid der Wahnsinn. Danke!", zeigte er im Anschluss seine Emotionen.

Niklas Kaul, der mit einer Bestzeit von 14,27 Sekunden angereist war, beendete die 110 Meter Hürden in 14,45 Sekunden und startete damit mit 917 Punkten in den Tag. Vorne war ein Mann erneut nicht zu stoppen: Simon Ehammer trommelte die Bahn in 13,75 Sekunden herunter und machte dort weiter, wo er am Vortag aufgehört hatte.

Bereits zuvor hatte Kai Kazmirek seinen Lauf mit deutlichem Vorsprung in 14,42 Sekunden gewonnen. Nur drei Athleten des gesamten Feldes sollten letztlich schneller sein. Bei Tim Nowak, der am Vortag nach Kreislauf-Problemen aus dem Wettkampf ausgestiegen war, konnte unterdessen Entwarnung gegeben werden. Dem 27-Jährigen geht es wieder besser.
 


Diskuswurf


Bei 45,83 Metern steht seine Bestleistung, mit 45,18 Metern warf sich Kai Kazmirek nah daran und erzielte so die drittbeste Weite aller Athleten im Feld. Niklas Kaul kam im Diskuswurf dagegen nicht zum erhofften Ausreißer nach oben. Zwar konnte sich der Mainzer von Versuch zu Versuch steigern, doch mit seinen 41,80 Metern im dritten Versuch blieb er doch deutlich hinter seiner Bestleistung (49,20 m) zurück.

Arthur Abele wusste zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht, dass sein Einspruch erfolgreich sein würde, doch davon ließ sich der Routinier nicht beeindrucken. Mit 42,38 Metern sammelte er weitere 713 Punkte für seinen Zehnkampf.

Seinen ersten schwächeren Auftritt musste Simon Ehammer verkraften. Der Schweizer konnte sein Arbeitsgerät lediglich auf 34,92 Meter fliegen lassen und vergrub seinen Kopf nach dem Wettkampf entsprechend in seinem Trikot. Dennoch ist der Überflieger weiterhin auf Gold-Kurs. Mit 6.230 Punkten führt er vor dem Italiener Dario Dester (5.972 Pkt.) und einem Deutschen: Kai Kazmirek schiebt sich nach seinem starken Diskus-Auftritt auf Rang drei mit 5.847 Punkten nach vorne. Niklas Kaul rangiert mit nunmehr 5.802 Punkten auf Platz sechs, Arthur Abele liegt mit 5.475 Punkten auf Rang 16.


Stabhochsprung


Bester Deutscher und damit weiterhin stark unterwegs war im Stabhochsprung Kai Kazmirek. Der Athlet der LG Rhein-Wied stellte seine Saisonbestleistung von 5,00 Metern ein und fügte seinem Punktekonto weitere 910 Zähler hinzu. Auch Niklas Kaul konnte seine Saisonbestleistung einstellen, sprang zunächst 4,80 Meter und schließlich auch 4,90 Meter im ersten Versuch. Damit blieb er lediglich zehn Zentimeter unter seiner Bestleistung. Erst die 5-Meter-Marke sollte an diesem Tag zu hoch für ihn sein.

Arthur Abele konnte den Rückenwind aus seinem kuriosen 110-Meter-Einzel-Hürdenlauf nicht mit in den Stabhochsprung nehmen. 4,50 Meter schaffte er noch im dritten Versuch, doch zehn Zentimeter höher wollte die Latte bereits nicht mehr liegen bleiben. Dennoch konnte er immerhin weitere 760 Punkte sammeln.

Stärkster Athlet im Feld war der Franzose Baptiste Thiery, der sich bis auf 5,40 Meter schwingen konnte. Dahinter platzierten sich der Este Maicel Uibo (5,30 m) und Simon Ehammer (5,20 m). Der Schweizer liegt damit weiterhin nicht nur auf Gold-Kurs, sondern auch auf Kurs Schweizer Rekord. Mit 7.202 Punkten liegt er zu diesem Zeitpunkt 15 Punkte über seinem bisher besten Zehnkampf in Götzis (Österreich) in diesem Jahr. Dario Dester (6.852 Pkt.) und Maicel Uibo (6.788 Pkt.) folgen auf den Plätzen. Kai Kazmirek liegt mit 6.757 Punkten auf Rang fünf. Niklas Kaul (6.682 Pkt.) rangiert auf Platz sieben, Arthur Abele (6.235 Pkt.) auf dem 16. Rang.
 


Speerwurf


Die Jubelschreie tönten durchs Stadion – so laut wurde es bei einer Leichtathletik-Veranstaltung in Deutschland mindestens seit 2018 nicht mehr. Niklas Kaul riss die Arme nach oben und ließ sich feiern. Soeben hatte der Mainzer starke 76,05 Meter in den Rasen gesetzt. Mehr als 982 Punkte konnte kein Athlet am Abend im Speerwurf erzielen.

Auch Kai Kazmirek präsentierte sich unter Anfeuerung der Zuschauer in starker Speerwurf-Form. Mit 61,23 Metern warf er sich nah an seine Bestleistung (64,60 m) heran. Auch er erzielte diese Weite im letzten Versuch. Das sollten alle deutschen Zehnkämpfer gemeinsam haben, denn auch Arthur Abele steigerte sich mit dem dritten Wurf. Er kam auf 61,23 Meter.

Simon Ehammer kam unterdessen auf 53,46 Meter und verlor somit deutlich an Vorsprung auf die Konkurrenz. Niklas Kaul schob sich auf Rang drei der Gesamtergebnisliste vor und hat nun nur noch 178 Punkte Rückstand auf seinen Schweizer Konkurrenten (7.842 Pkt.). Die Goldmedaille ist damit in greifbarer Nähe!

Auf Rang zwei liegt derzeit Janek Oiglane (7.683 Pkt.). Kai Kazmirek rangiert auf Platz sechs mit 7.513 Punkten, Arthur Abele platziert sich derzeit mit 6.988 Punkten auf Rang 15.
 


1.500 Meter


Er hat es tatsächlich geschafft, Niklas Kaul ist Europameister!! Von Beginn des 1.500-Meter-Rennens war der Mainzer eine eigene Liga für sich, drehte einsam seine Runden an der Spitze und vergrößerte nach und nach den Abstand auf Simon Ehammer. In Bestzeit von 4:10,04 Minuten beendete er den Zehnkampf von München. Simon Ehammer kam am Ende des Feldes in 4:48,72 Minuten ins Ziel. Als das Endergebnis auf der Videoleinwand eingeblendet wurde, hob das Stadion endgültig ab.

Mit 8.545 Punkten krönt sich Niklas Kaul damit zum besten Athleten des Kontinents. Simon Ehammer folgt auf Rang zwei mit 8.468 Punkten vor Janek Oiglane (8.346 Pkt.) aus Estland. Kai Kazmirek beendete seinen Wettkampf mit 4:46,82 Minuten und reiht sich damit im Gesamtklassement mit 8.151 Punkten auf Platz acht ein. Arthur Abele beendete seine Karriere mit 7.662 Punkten auf dem 15. Platz. Doch das Ergebnis des Ulmers interessierte im weiten Rund am Ende niemanden mehr.

Auf seiner Abschiedsrunde wurde Arthur Abele neben Niklas Kaul frenetisch gefeiert. Auf der Stadion-Leinwand wurde ein Video mit den schönsten Karriere-Highlights des 36-Jährigen eingespielt. Die anderen Zehnkämpfer bildeten zu Ehren des Europameisters von 2018 einen Tunnel, durch den er durchlaufen durfte.

Stimmen zum Wettbewerb

Niklas Kaul (USC Mainz)
"Nach dem Zieleinlauf habe ich erstmal nur gedacht 'Ich habe fertig für heute' und war beeindruckt von der Zeit. Ich habe aber überhaupt nicht mitbekommen, wann Simon ins Ziel gekommen ist. Bis ich verstanden habe, dass es gereicht hat, hat es ein bisschen gedauert. Nach dem Speerwurf dachte ich mir, dass, wenn es nicht für Gold reicht, kriegen wir wenigstens eine gute Show für das Publikum hin. Es war einfach Wahnsinn, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Nach dem dritten Speerwurf dachte ich, sie reißen mir gerade die Tribüne ab. Als es klar war, dass ich gewonnen habe, hat mir Simon gratuliert und ich habe ihm dann gesagt, dass er noch genug von diesen Titeln bekommen wird und er mir den lassen soll (lacht). Mal schauen, was heute noch so passiert, ich muss erstmal noch was essen und irgendwo wird sich bestimmt ein Bier auftreiben lassen.

Durch den Abschied von Arthur war es für uns alle ein ganz emotionaler Zehnkampf. Für mich auch, weil ich bei seinem Titelgewinn in Berlin dabei war. Ich glaube, was Comeback-Qualität und Siegeswille angeht, können wir uns alle von ihm eine Scheibe abschneiden."

Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied):
"Es waren viele Höhen und Tiefen. Ich hätte mir natürlich ein paar mehr Punkte gewünscht, aber im Großen und Ganzen bin ich zufrieden und es war ein Traum, hier zu starten. Drei Wochen nach der WM, das war nicht einfach. Ich glaube, wir haben das Beste daraus gemacht. Der zweite Tag heute war sehr gut, die Hürden waren sehr gut, der Diskus war herausragend, Stab war sehr gut und auch der Speer war sehr gut. Bei den 1.500 Metern war die Luft raus, wir haben vier Stunden geschlafen zwischendrin. Wir waren alle platt. Niklas hat die Atmosphäre dann noch ein bisschen besser aufsaugen können. Das heute war, glaube ich, das Größte, was ich je erlebt habe. London war von der Stimmung her schon super 2017, aber das hier hat noch einmal alles übertroffen."

Arthur Abele (SSV Ulm 1846):
"Ich glaube, schöner hätte ich es mir nicht vorstellen können. Es war ein toller Abschluss. Dass ich die Krone an Niklas weiterreichen darf, ist genial. Das ist das i-Tüpfelchen. Auch die Ehrenrunde und der Trailer, das hat mich innerlich komplett zerlegt.

Die Disqualifikation heute Morgen hat mich zerstört. Es ist mein letzter Zehnkampf hier, da willst du keine Disqualifikation haben und dann im Hintergrund zu wissen, dass du es eigentlich gar nicht warst, ist hart. Das macht viel kaputt, ich habe dann ja auch geweint, weil ich nicht wusste, was los ist. Und dann durfte ich nochmal ran, das war der Wahnsinn. Aber leider hat das alles mein Diskus ein bisschen kaputt gemacht.

Ich habe mich riesig darüber gefreut, hier den Zehnkampf beenden zu dürfen. Die Stimmung war abartig, die werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Davon zehrst du dein Leben lang, weil es so unglaubliche Emotionen sind. Ich werde heute feiern – wahrscheinlich im Sitzen. Mein Dank geht an das gesamte Trainer- und Betreuerteam, was mich hier zwei Tage durchgebastelt hat. Wir werden heute ein bis zehn Bierchen trinken (lacht)."
 

Tag 1


100 Meter


Niklas Kaul (USC Mainz) erwischte in der ersten Disziplin einen Start nach Maß. In 11,16 Sekunden blieb der Weltmeister von 2019 über 100 Meter eine Hundertstel unter seiner Bestzeit und musste sich damit in seinem Lauf lediglich dem Norweger Martin Roe (10,94 sec) und dem Tschechen Sebastian Helcelet (11,13 sec) geschlagen geben.

Die zweitbeste deutsche Zeit lieferte Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied). In 11,15 Sekunden wurde der 31-Jährige Vierter seines Laufs. Arthur Abele (SSV Ulm 1846), der bereits vorab angekündigt hatte, dass die zwei Tage in München die letzten seiner aktiven Karriere sein werden, durfte mit seinem Auftakt zufrieden sein. In 11,24 Sekunden trug er sich in die Ergebnisliste ein.

Tim Nowak (SSV Ulm 1846) hatte dagegen mit Problemen zu kämpfen, er beendete sein Rennen in 11,51 Sekunden. Bereits nach der ersten Disziplin war für Weltmeister Kevin Mayer (Frankreich) der Zehnkampf beendet. Mit Muskelbeschwerden trudelte der Franzose aus und stieg aus dem Wettkampf aus. „Wir sehen uns nächstes Jahr“, kündigte er am Stadionmikrofon an. Die schnellste 100-Meter-Zeit erzielte Simon Ehammer (Schweiz) in 10,56 Sekunden.
 


Weitsprung


Wenig überraschend zeigte Simon Ehammer auch im Weitsprung die stärkste Leistung. Der Schweizer, der bei der WM in Eugene bei den Spezialisten Bronze gewann, segelte bis auf 8,31 Meter und konnte damit als einziger Athlet die Acht-Meter-Marke knacken. Bester Deutscher wurde mit 7,25 Metern Kai Kazmirek vor Niklas Kaul, der 15 Zentimeter weniger hinlegte, damit aber weiterhin auf Verbesserungskurs im Vergleich zu seinem sechsten Platz bei der WM liegt.

Für Tim Nowak wollte es auch im Weitsprung nicht so recht klappen. Er blieb unter der Sieben-Meter-Marke und erzielte 6,97 Meter. Arthur Abele blieb mit 7,01 Metern knapp über dieser Marke.
 


Kugelstoßen


Im Kugelstoßen hieß der Sieger erstmals an diesem Tag nicht Simon Ehammer. Marcus Nilsson aus Schweden erzielte mit 15,69 Metern die Tagesbestweite vor dem Tschechen Sebastian Helcelet (15,30 m). Nach zwei ungültigen Versuchen und einem letzten vermeintlichen Sicherheitsstoß, blieb auch Arthur Abele mit 15,06 Metern über der 15-Meter-Marke und präsentierte sich somit stark.

Ebenfalls im letzten Versuch und dabei sogar mit Bestleistung dürfte auch Niklas Kaul mit seinem Auftritt zufrieden gewesen sein. 14,90 Meter standen für ihn zu Buche, der Mainzer sammelte weitere 784 Zähler für sein Punktekonto. Bereits bei den ersten beiden Versuchen war er mit 14,13 Metern und 14,26 Metern über der 14-Meter-Marke geblieben. Simon Ehammer gelangen 14,24 Meter. Tim Nowak konnte sein Arbeitsgerät auf 14,27 Meter stoßen. Kai Kazmirek platzierte sich mit 14,09 Metern auf Rang sieben seiner Gruppe.

Nach dem Ende der Vormittags-Session darf Simon Ehammer als Führender in die Mittagspause gehen. Er führt mit 2.845 Punkten vor Dario Desto (Italien; 2.591 Pkt) und Pawal Wiesiolek (Polen; 2.563 Pkt.). Niklas Kaul liegt als bester Deutscher auf Rang elf mit 2.447 Punkten. Direkt dahinter rangiert Kai Kazmirek mit 2.435 Punkten. Arthur Abele nimmt Platz 16 ein (2.417 Pkt), Tim Nowak muss sich derzeit mit dem vorletzten Rang zufriedengeben (2.302 Pkt).

Stimmen zum Wettbewerb nach der Vormittags-Session

Niklas Kaul (USC Mainz)
„Ich bin zufrieden, es ist schon mal alles besser gelaufen als in Eugene. Beim zweiten Sprung bin ich viel zu weit weg gewesen. Beim letzten war ich dann viel zu dicht dran, der Wind hat ständig gewechselt, das hat es echt schwierig gemacht. Ansonsten kann ich mit allen Disziplinen zufrieden sein. Vielleicht erwische ich nächstes Jahr auch mal einen Lauf mit ein bisschen Rückenwind und nicht immer nur Gegenwind."

Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied)
„Die 100 Meter waren bei dem Gegenwind in Ordnung, mit der Zeit kann ich gut leben. Der Weitsprung war echt schade, da habe ich definitiv mehr drauf, aber das ist jetzt eben passiert. Kugel war gut, alles was in dem Bereich von 14 Metern ist, ist zufriedenstellend. Die Stimmung im Olympiastadion ist definitiv besser als in Eugene – das macht schon sehr viel Spaß."

Arthur Abele (SSV Ulm 1846)
„Die 100 Meter waren schwierig mit zwei Fehlstarts und dem starken Gegenwind. Mir ist hintenraus leider die Power ausgegangen. Der Weitsprung war dann echt schade. Der Erste war sicher, die anderen etwas weiter, aber eben ungültig. Auch das Kugelstoßen mit zwei Ungültigen am Anfang war nicht einfach. Jetzt einfach mal schauen, was nach der Pause noch so geht."


Hochsprung


Getragen vom Publikum kam Tim Nowak erstarkt aus der Mittagspause zurück. Nachdem der Vormittag für ihn nicht wirklich laufen wollte, sprang der Ulmer mit 2,08 Metern neue Bestleistung und sorgte für laute Jubelschreie nach dem Überspringen dieser Höhe im zweiten Versuch. Bereits bei den Höhen zuvor konnten die Athleten auf tatkräftige Unterstützung der Zuschauer bauen. Davon konnte auch Niklas Kaul profitieren, der sich mit 2,02 Meter ebenfalls über die Zwei-Meter-Marke schwingen konnte.

Alle Höhen zuvor hatte Niklas Kaul im ersten Versuch gemeistert – genauso wie Kai Kazmirek. Für den 31-Jährigen war ebenfalls erst bei 2,05 Meter Endstation, sodass er sich über eben jene 2,02 Meter freuen durfte.

Höher als Sander Skotheim konnte sich kein Athlet schwingen. Der Norweger übersprang 2,11 Meter und konnte sich damit auf den zweiten Rang in der Gesamtwertung (3.428 Pkt.) verbessern. Simon Ehammer (3.723 Pkt.) festigte seine Führung mit starken 2,08 Metern im Hochsprung. Niklas Kaul platzierte sich erstmals in den Top Ten. Mit 3.269 Punkten liegt er nun auf Platz acht. Auch Kai Kazmirek (3.257 Pkt.) liegt auf Rang zehn in aussichtsreicher Position. Tim Nowak (3.180 Pkt.) machte vier Plätze gut und liegt nun auf Rang 19. Arthur Abele (1,81 m) rutschte dagegen ab: Mit 3.053 Punkten rangiert er auf Platz 19.
 


400 Meter


„Er ist der Mann des ersten Tages“, fasste auch Niklas Kaul anerkennend den Montag von Simon Ehammer zusammen. Der Schweizer glänzte auch beim 400-Meter-Lauf und lief in 47,40 Sekunden die schnellste Zeit. Auf dem Boden liegend reckte er die Hände im Anschluss daran gen Himmel. Denn mit 4.661 Punkten wird der 22-Jährige die Nacht an der Spitze der Ergebnisliste verbringen.

Doch auch aus deutscher Sicht darf weiterhin auf die Medaillenränge geschielt werden. Allen voran darf das Niklas Kaul tun, der die 400 Meter in Bestzeit von 47,87 Sekunden absolvierte und nun vor seinem in der Regel zweiten starken Wettkampf-Tag steht. Mit 4.184 Punkten liegt er im Gesamtranking auf Platz sieben.

Direkt dahinter rangiert Kai Kazmirek (4.155 Pkt.), der die Stadionrunde in 48,24 Sekunden abschloss. Arthur Abele belegt nach seinen 50,37 Sekunden mit 3.851 Punkten den 19. Rang. Tim Nowak trat dagegen nach Kreislaufproblemen nicht über 400 Meter an und beendete seinen Zehnkampf vorzeitig. Neben Simon Ehammer nächtigen der Italiener Dario Dester (4.327 Pkt.) und Sander Skotheim (4.324 Pkt.) auf den Podiums-Rängen.

Stimmen zum Wettbewerb

Niklas Kaul (USC Mainz):
„Simon ist wahnsinnig gut gesprungen heute. Generell ist er der Mann des ersten Tages. Jetzt schauen wir mal, was morgen passiert. Ich hatte ja bekanntlich bei meinem bisher besten Zehnkampf in diesem Jahr am zweiten Tag nicht so geglänzt. Ich darf morgen beim Speerwerfen auf keinen Fall weit werfen wollen, das habe ich in Eugene probiert. Das hat dann gar nicht geklappt. Mit dem Diskus hatte ich oft genug in diesem Jahr Pech, jetzt kann ich auch mal etwas Glück haben. Was mir hier hilft, ist, dass ich das Publikum dabei habe. Das war in Eugene auch anders. Das wird mich am zweiten Tag hoffentlich etwas tragen, es ist schön der Jäger zu sein."

Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied):
„Der Hochsprung war eigentlich sehr gut, aber leider ging es nicht höher hinaus. Generell macht es viel Spaß, es ist ein super Publikum und es ist wirklich eine tolle Heim-EM. Deswegen freue ich mich schon sehr auf den zweiten Tag."

Arthur Abele (SSV Ulm 1846):
„Ich habe drei Wochen nicht richtig trainieren können, da fehlt einem die Spritzigkeit, das merkt man. Ich musste Alternativtraining machen, aber vom Aquajogging wird man nicht schnell (lacht). Hochsprung war bitter, die 400 Meter waren hart, aber alles andere hat super viel Spaß gemacht. Jetzt kann der zweite Tag kommen. Ich will schauen, dass ich vielleicht nochmal in Richtung 8.000 Punkte maschiere, aber das wird knackig. Ich möchte einfach nochmal einen schönen zweiten Tag erleben und alles aufsagen. Es ist sehr emotional alles. Ich hatte viele Situationen heute, wo ich kurz den Tränen nah war. Es ist wahnsinnig, wenn das Publikum einen so feiert, damit kann ich sicher einen schönen Abschluss finden."

Tim Nowak (SSV Ulm 1846):
„Ich hatte einen kompletten Kreislauf-Kollaps. Nach dem Hochsprung war ich komplett überlastet, mit Erschöpfung, Emotionen, irgendwie hat es sich wie ein Hitzeschlag angefühlt, aber es war keiner. Als ich danach einmal lag, bei den Physios, konnte ich nicht mehr aufstehen, schon bei jedem Versuch, mich hinzusetzen, wurde ich ohnmächtig. Das medizinische Team hat alles versucht, was möglich war, um mich an den 400-Meter-Start zu schicken, aber es wurde nicht besser, sondern schlechter, ich war zittrig, hatte kein Blut mehr in den Armen und in den Beinen, sodass wir auch noch ins Krankenhaus fahren mussten. Ich wurde durchgecheckt, viele Werte waren sehr schlecht, aber eine wirklich Erklärung dafür haben wir bisher nicht.

Jetzt geht es mir körperlich wieder ok, aber ich bin enorm enttäuscht. Der Hochsprung hätte der Wendepunkt sein können, ich glaube, es wäre mir gelungen, den Schwung mit in die 400 Meter und den zweiten Tag zu nehmen und noch einen guten Wettkampf zu machen."
 

EM 2022 München

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