Deutschlands Leichtathleten sprinten, laufen, gehen, springen, werfen und stoßen wieder! Leider 2021 aufgrund der fortwährenden Corona-Pandemie oft noch ohne Zuschauer. Aber auf der Ebene des Kader- und Leistungssports schon wieder mit fast allen hochkarätigen Wettkämpfen. Und schließlich auch mit den Olympischen Spielen in Tokio, die unter ganz besonderen Bedingungen stattfanden. Wir blicken zurück und ordnen, jeweils eingeleitet durch Interviews mit den Leitenden Bundestrainer:innen der Disziplingruppen, die Leistungen ein. Heute: Hochsprung der Frauen.
Interview mit dem Leitenden Bundestrainer Sprung Uwe Florczak
Das ist passiert in 2021
In der Hallensaison überraschte zunächst die eigentlich schon zurückgetretene Alexandra Plaza (LT DSHS Köln) neun Jahre nach Platz vier bei der U20-WM mit ihrem ersten deutschen Meistertitel. Der 27-Jährigen reichten dafür 1,86 Meter, denn die U23-Vize-Europameisterin von 2019 Christina Honsel (TV Wattenscheid 01) hatte mit Fußproblemen zu kämpfen, die sich auch durch die Sommersaison ziehen sollten und schließlich einen vorzeitigen Saison-Abbruch zur Folge hatten. Und zwei weitere Olympia-Kandidatinnen verzichteten auf die Hallensaison.
Die Rede ist von Marie-Laurence Jungfleisch (VfB Stuttgart) und Imke Onnen (Hannover 96). Beide hatten im langen Nominierungszeitraum schon frühzeitig die Olympia-Norm von 1,96 Metern überboten, jedoch in der Folge aufgrund unterschiedlicher Beschwerden einige Hindernisse in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele zu meistern. Imke Onnen war die Erste, die unterstreichen konnte, dass sie rechtzeitig für Tokio auf einem guten Weg ist – und zwar mit Platz vier bei der Team-EM in Chorzów (Polen; 1,88 m) sowie dem Titelgewinn bei der DM in Braunschweig (1,87 m).
Der Jubel von Braunschweig setzte sich für die Niedersächsin in Tokio jedoch nicht fort. Unter anderem, weil die Folgen der Corona-Zweitimpfung die abschließenden Trainingswochen deutlich erschwert hatten. Für Imke Onnen war nach 1,86 Metern in der Qualifikation Schluss. Dafür konnte Marie-Laurence Jungfleisch im Olympiastadion ihre Klasse endlich wieder aufblitzen lassen und die Achillessehnen-Verletzung, die sie seit 2019 ausgebremst hatte, hinter sich lassen: Die deutsche Jahresbestleistung von 1,95 Meter mit insgesamt nur einem Fehlversuch bescherte der Olympia-Siebten von 2016 das Ticket in ihr zweites Olympia-Finale. Dort gab's dieses Mal für 1,93 Meter Platz zehn.
Die einzige weitere DLV-Athletin, die in diesem Jahr die 1,90 Meter-Marke überwinden konnte, war eine 16-Jährige: Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim) verblüffte mit Bestleistungen in Serie und einer gewaltigen Steigerung auf 1,92 Meter. Ein Zentimeter fehlte zur deutschen U18-Bestleistung, weltweit kam keine U18-Athletin 2021 höher hinaus. Bei der U20-EM schrammte sie mit 1,86 Metern als Vierte höhengleich mit den Zweit- und Drittplatzierten nur hauchdünn an einer Medaille vorbei. Blessing Enatoh (TSV Spandau 1860), 2021 auf 1,84 Meter verbessert, hatte sie ins U20-EM-Finale begleitet, musste sich dort aber mit Rang zehn und 1,75 Metern begnügen.
Auch U23-Athletin Lea Halmans (SV GO! Saar 05) legte eine gute Entwicklung hin. Acht ihrer zehn besten Wettkämpfe gelangen ihr in den vergangenen Monaten, darunter der Sprung zum deutschen Meistertitel der U23 mit Bestleistung von 1,86 Meter und Platz sieben bei der U23-EM mit 1,85 Meter. Einen Platz dahinter landete die ein Jahr jüngere Bianca Stichling (TSV Bayer 04 Leverkusen), die mit 1,84 Metern ebenfalls eine neue Freiluft-Bestmarke aus der Saison 2021 mitnimmt.
Unser "Ass des Jahres"
Marie-Laurence Jungfleisch (VfB Stuttgart)
Olympia-Zehnte
Deutschlands Jahresbeste mit 1,95 Metern
Unser "Talent des Jahres"
Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim)
Führende U18-Weltbestenliste 2021
Vierte U20-EM
Deutschlands beste Jugendliche mit 1,92 Metern
Internationale Erfolge
Medaille | Finalplatzierung | |
---|---|---|
Hallen-EM | – | – |
U20-EM | – | 4. Platz Johanna Göring 12. Platz Blessing Enatoh |
U23-EM | – | 7. Platz Lea Halmans 8. Platz Bianca Stichling |
Olympische Spiele | – | 10. Platz Marie-Laurence Jungfleisch |
Die deutschen Top Ten (+1) 2020
Höhe | Name | Jahrgang | Verein |
---|---|---|---|
1,95 m | Marie-Laurence Jungfleisch | 1990 | VfB Stuttgart |
1,92 m | Johanna Göring | 2005 | SV Salamander Kornwestheim |
1,88 m | Imke Onnen | 1994 | Hannover 96 |
1,86 m | Lea Halmans | 1999 | SV GO! Saar 05 |
1,84 m | Alexandra Plaza | 1994 | LT DSHS Köln |
1,84 m | Bianca Stichling | 2000 | TSV Bayer 04 Leverkusen |
1,84 m | Blessing Enatoh | 2002 | TSV Spandau 1860 |
1,83 m | Lale Eden | 1998 | Hannover 96 |
1,82 m | Sophie Hamann | 1996 | TuS Metzingen |
1,82 m | Meike Haiduk | 2004 | LG Neumünster |
1,82 m | Helena Börner | 2002 | SG Adelsberg |
Statistik – Das sagen die Zahlen
Das deutsche Top-Niveau
Jahr | ≥ 1,94** | Schnitt Top 3 | Schnitt Top 5 | Schnitt Top 10 |
---|---|---|---|---|
2005 | – | 1,90 | 1,89 | 1,86 |
2006 | – | 1,91 | 1,90 | 1,87 |
2007 | – | 1,91 | 1,89 | 1,86 |
2008 | 1 | 1,95 | 1,92 | 1,89 |
2009 | 1 | 1,97 | 1,94 | 1,90 |
2010 | 1 | 1,93 | 1,91 | 1,87 |
2011 | – | 1,89 | 1,87 | 1,86 |
2012 | 1 | 1,92 | 1,90 | 1,87 |
2013 | 1 | 1,91 | 1,90 | 1,86 |
2014 | 1 | 1,90 | 1,87 | 1,85* |
2015 | 1 | 1,93 | 1,90 | 1,87* |
2016 | 1 | 1,92 | 1,90 | 1,87* |
2017 | 1 | 1,93 | 1,90 | 1,86* |
2018 | 1 | 1,93 | 1,90 | 1,87* |
2019 | 2 | 1,94 | 1,89 | 1,84 |
2020 | – | 1,87 | 1,85 | 1,84 |
2021 | 1 | 1,92 | 1,89 | 1,86 |
*nur international für Deutschland startende Athletinnen
Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
---|---|---|---|---|---|
2005 | 1,90 (D. Rath; A. Friedrich; B. Kähler) | 2,03 (Bergqvist/SWE) | 0,13 | 2,03 (Bergqvist/SWE) | 0,13 |
2006 | 1,91 (M. Skotnik; J. Hartmann; A. Friedrich) | 2,06 (Bergqvist/SWE) | 0,15 | 2,06 (Bergqvist/SWE) | 0,15 |
2007 | 1,94 (A. Friedrich) | 2,07 (Vlasic/CRO) | 0,13 | 2,07 (Vlasic/CRO) | 0,13 |
2008 | 2,03 (A. Friedrich) | 2,06 (Vlasic/CRO) | 0,03 | 2,06 (Vlasic/CRO) | 0,03 |
2009 | 2,06 (A. Friedrich) | 2,08 (Vlasic/CRO) | 0,02 | 2,08 (Vlasic/CRO) | 0,02 |
2010 | 2,02 (A. Friedrich) | 2,05 (Vlasic/CRO) | 0,03 | 2,05 (Vlasic/CRO; Howard Lowe/USA) | 0,03 |
2011 | 1,93 (M.- L. Jungfleisch) | 2,07 (Chicherova/RUS) | 0,14 | 2,07 (Chicherova/RUS) | 0,14 |
2012 | 1,95 (M.- L. Jungfleisch) | 2,05 (Chicherova/RUS) | 0,10 | 2,05 (Chicherova/RUS) | 0,10 |
2013 | 1,95 (M.- L. Jungfleisch) | 2,03 (Shkolina/RUS) | 0,09 | 2,04 (Barrett/USA) | 0,10 |
2014 | 1,97 (M.- L. Jungfleisch) | 2,01 (Chicherova/RUS; Beitia/ESP) | 0,04 | 2,01 (Chicherova/RUS; Beitia/ESP) | 0,04 |
2015 | 1,99 (M.- L. Jungfleisch) | 2,03 (Chicherova/RUS) | 0,04 | 2,03 (Chicherova/RUS) | 0,04 |
2016 | 2,00 (M.- L. Jungfleisch) | 2,00 (M.-L. Jungfleisch) | 0,00 | 2,01 (Lowe/USA) | 0,01 |
2017 | 2,00 (M.- L. Jungfleisch) | 2,06 (Lasitskene/ANA) | 0,06 | 2,06 (Lasitskene/ANA) | 0,06 |
2018 | 1,96 (M.- L. Jungfleisch) | 2,04 (Lasitskene/ANA) | 0,08 | 2,04 (Lasitskene/ANA) | 0,08 |
2019 | 1,96 (M.- L. Jungfleisch) | 2,06 (Lasitskene/ANA) | 0,10 | 2,06 (Lasitskene/ANA) | 0,10 |
2020 | 1,90 (Honsel) | 2,00 (Levchenko/UKR; Mahuchikh/UKR) | 0,10 | 2,00 (Levchenko/UKR; Mahuchikh/UKR) | 0,10 |
2021 | 1,95 (M.-L. Jungfleisch) | 2,05 (Lasitskene/ANA) | 0,10 | 2,05 (Lasitskene/ANA) | 0,10 |
Das fällt auf:
- Die Qualität der Leistungen im deutschen Hochsprung der Frauen steht und fällt seit mehreren Jahren mit der Form und der Gesundheit weniger Protagonistinnen.
- 2021 schürten einige Talente sowohl mit konstanten Leistungen auf gutem Niveau als auch mit vereinzelt herausragenden Ergebnissen Hoffnung darauf, dass die deutsche Spitze in Zukunft auf einem breiteren Fundament stehen könnte.
- Marie-Laurence Jungfleisch ist seit nunmehr zehn Jahren die Athletin, die national die Akzente setzt. 2021 hat sie die deutsche Spitze zurückerobert, nachdem sie verletzungsbedingt 2020 keine Wettkämpfe bestreiten konnte.
- Nach der Rückkehr von Marie-Laurence Jungfleisch und Imke Onnen (die 2020 nur Hallen-Wettkämpfe bestreiten konnte) sowie dem Höhenflug von Johanna Göring sind die Durchschnittswerte der deutschen Top Drei, Fünf und Zehn in etwa wieder auf dem Niveau der Vorjahre.
- International spitzte sich das Interesse auf das Olympia-Duell zwischen Weltmeisterin Mariya Lasitskene (ANA) und Vize-Weltmeisterin Yaroslava Mahuchikh (Ukraine) zu – mit einem emotionalen Olympiasieg der Russin, fünf Jahre nachdem ihr aufgrund der Sperre Russlands der Start in Rio verwehrt worden war.
- Die Australierin Nicola McDermott gesellte sich in diesem Jahr als 67. Hochspringerin der Welt zum 2,00 Meter-Club hinzu und setzte ihrer herausragenden Saison in Tokio mit 2,02 Metern und Olympia-Bronze die Krone auf.
leichtathletik.TV-Clips zum Hochsprung
Die Disziplin-Analysen im Überblick:
Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen
Langstrecke Frauen
Langstrecke Männer
Hindernis Frauen
Hindernis Männer
Gehen Frauen
Gehen Männer
Marathon/Straße folgt im Dezember
** als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017