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Lea Meyer – Erfolgspuzzle zusammengesetzt, Durchbruch geschafft

Hindernisläuferin Lea Meyer erlebt 2021 bislang als Jahr der Superlative: Hallen-EM-Teilnahme, Zweite bei den Deutschen Meisterschaften, Leistungssprünge. Der Höhepunkt des bisherigen Jahres ereignete sich aber zweifellos am vergangenen Samstag, als die 23-Jährige im französischen Nizza zur Olympianorm stürmte und sich damit auf Rang drei der ewigen deutschen Bestenliste über 3.000 Meter Hindernis einreihte. Ein Erfolg, der zwar überraschend, aber keineswegs aus dem Nichts kam.
Svenja Sapper

„Ich wusste: Ich kann nur gewinnen.“ Mit dieser Einstellung, sagt Lea Meyer (VfL Löningen), sei sie am vergangenen Samstag in ihr Rennen im französischen Nizza gegangen. In jenen Wettkampf, in dem die 23 Jahre alte Hindernisspezialistin ihre persönliche Bestleistung um acht Sekunden verbessern und ihr Olympiaticket nach Tokio (Japan; 23. Juli bis 8. August) lösen sollte.

Die Chance auf ein schnelles Rennen über 3.000 Meter Hindernis war beim Meeting International de Nice auf jeden Fall gegeben: „Ich wusste, ich kann mich reinhängen und das als Chance für mich nutzen. Es ging auch darum, Erfahrungen zu sammeln. Ich kann mich mit jedem Rennen nur weiter verbessern und lernen.“

In einem international stark besetzten Rennen orientierte sich die Deutsche Vizemeisterin an der Irin Michelle Finn (Bestzeit: 9:29,25 min). „Ich dachte mir: Die hat Erfahrung, die weiß, wie es geht“, berichtet die Niedersächsin. „Ich bin einfach mit ihr mitgelaufen und habe dann vier Runden vor Schluss gemerkt, ich fühle mich noch gut. Das kann was werden.“ Dabei kam Lea Meyer sogar zugute, dass es im Stadion keine Zeitanzeige gab. „Ich spreche auch kein Französisch. Das heißt, ich stand nur am Start und bin mein Rennen gelaufen. Für mich war es total gut, dass ich mich nur auf mich konzentrieren konnte. Nur auf mein Gefühl vertraut und mich nicht von Zwischenzeiten verrückt machen lassen habe.“

Saisonziel erreicht, Druck genommen

Wie schnell sie eigentlich unterwegs war, realisierte die 23-Jährige erst zwei Runden vor Schluss: „Auf einmal tauchte links von mir das Wavelight auf. Da wusste ich: Okay, ich muss jetzt mit diesem Licht mit. Das ist die Norm.“ Und es gelang: 9:29,26 Minuten, die geforderte Marke (9:30,00 min) unterboten, Olympiatraum erfüllt. Etwas, das für Lea Meyer zu Beginn der Saison noch ganz weit weg schien.

„Hätte mich jemand im letzten Herbst gefragt, welche Zeit ich mir dieses Jahr wünsche, hätte ich wahrscheinlich nicht ‚9:30 Minuten‘ geantwortet“, sagt die Deutsche U23-Meisterin von 2019. „Sondern, dass ich hoffe, einmal unter 9:45 Minuten zu bleiben.“ Ein Wunsch, den sie sich bereits im ersten 3.000-Meter-Hindernisrennen des Jahres erfüllte: In Rehlingen kam Lea Meyer Ende Mai nach 9:37,88 Minuten ins Ziel. Und auch bei den Deutschen Meisterschaften unterbot sie als Zweite in 9:41,02 Minuten die Marke, die sie sich zu erreichen vorgenommen hatte.

Eine Ausgangsposition, die für die Läuferin auch bedeutete, dass sie in Nizza ohne viel Druck an der Startlinie stehen konnte: „Ich habe schon im ersten Rennen mein Saisonziel erreicht und bin mit Bestzeit eingestiegen.“ Die Olympianorm daher – die Kür. Aber auch der endgültige Durchbruch einer Athletin, deren Leistungen in diesem Jahr förmlich explodiert sind.

Selbstsicherheit als Schlüssel

Es begann bereits Anfang Februar. In der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle rannte Lea Meyer über die selten gelaufene 2.000-Meter-Hindernis-Strecke 6:03,39 Minuten und musste sich damit nur der WM-Dritten Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) um weniger als eine Sekunde geschlagen geben. Zwei Wochen später qualifizierte sie sich an selber Stätte über 3.000 Meter flach für die Hallen-EM in Torun (Polen), wo die junge Athletin erste internationale Erfahrungen im Erwachsenenbereich sammeln durfte.

Aus dem Winter hat Lea Meyer das mitgenommen, was sie nun auch durch die Freiluftsaison trägt: Selbstsicherheit. „Die Hallensaison hat gezeigt, dass ich im Winter gut gearbeitet habe und dass eine Grundlage auf jeden Fall da ist. Dass die Form stimmt.“ Daraus entwickelte sich die Mentalität: „Ich kann nur gewinnen.“ In die Sommersaison hatte die Athletin eine Bestzeit von 9:54 Minuten mitgebracht – einen Wert, den sie nun um 25 Sekunden unterboten hat.

Zwei Väter des Erfolges

„Ich wusste, dass ich mich steigern werde“, sagt Lea Meyer beim Blick zurück auf den Beginn der Saison. „Aber ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel schneller laufen werde.“ Leistungssprünge um 20 oder 30 Sekunden waren ihr in der Vergangenheit nicht fremd, sind auf einem derart hohen Niveau aber schwerer zu erreichen. Die Erfolge des aktuellen Jahres sind für die Hindernisspezialistin der Beweis, dass sich ihr Trainingssystem nun bezahlt gemacht hat.

Zwei Menschen nennt sie als prägende Figuren, die einen großen Teil zu ihrer Entwicklung beigetragen haben. Zum einen ihren Trainer, Henning von Papen, der sie seit Herbst 2019 in Köln betreut. „Henning ist ein Trainer mit viel Erfahrung auf nationaler und internationaler Ebene. Er hat nicht nur das richtige Fachwissen für mich, sondern strahlt auch Ruhe aus und gibt diese an mich weiter. Henning weiß genau, wie er mich für bestimmte Situationen einstellen muss“, resümiert die 23-Jährige.

Nicht unerwähnt lassen möchte Lea Meyer auch ihren Jugendtrainer Armin Beyer, der sie einst zum Hindernislauf brachte. „Armin hat mich läuferisch ausgebildet. Ich hatte viele sehr gute Trainingsjahre und konnte auch schon Erfolge mit ihm feiern. Er hat die Begeisterung für den Sport bei mir vorangetrieben“, meint sie. Auch nach der erfolgreichen Zusammenarbeit stehe ihr Beyer mit Rat und Tat zur Seite: „Bis heute ist er immer da, falls ich mal eine zweite Meinung brauche. Er steht mir immer zur Verfügung, das ist echt megaschön und hilfreich.“

Von starker Konkurrenz profitieren

Das Puzzle des Erfolges hat sich für Lea Meyer in dieser Saison vervollständigt. Viele Rädchen ineinandergegriffen. Da ist die kontinuierliche, verletzungsfreie Arbeit der vergangenen zwei Jahre mit ihrem Trainer. Eine reibungslose Vorbereitung. Das Wissen, die selbst gesetzten Ziele bereits erreicht zu haben, und die dadurch entstandene Einstellung, nur gewinnen zu können. Die Möglichkeit, sich in Nizza ausschließlich auf das eigene Rennen zu fokussieren.

Nicht zu vergessen ihre eigene Selbstsicherheit und Ruhe – diese Komponenten sind wichtige Zutaten im Erfolgsrezept der Lea Meyer. Mit ihrer Zeit aus Nizza ist sie nun auf Rang drei der ewigen deutschen Bestenliste vorgerückt. Lediglich die Europameisterinnen Gesa Krause (9:03,30 min) und Antje Möldner-Schmidt (9:18,54 min) liegen noch vor ihr. Eine Statistik, um die sich die 23-Jährige bislang keine Gedanken gemacht hat. Doch gegen die Deutsche Rekordlerin antreten zu dürfen, ist für sie ein großes Plus – und ein weiteres Puzzleteil ihres Erfolges, denn auch aus den Begegnungen mit Gesa Krause kann sie ihre Erfolgsfaktoren Ruhe und Selbstsicherheit gewinnen.  

Nächstes Ziel: Das neue Niveau bestätigen

„Gerade dieses Jahr bei den Deutschen Meisterschaften war es cool zu sehen, dass ich zumindest ein Stückchen mit Gesa mitlaufen kann“, erzählt Lea Meyer, „das zeigt mir, dass ich auch was draufhabe. Mir gibt es auch eine gewisse Ruhe, zu wissen: Auch Weltklasseathletinnen wie Gesa sind mit mir am Start, sind aber ganz normale, superliebe Leute, die genauso sind wie man selber. Und die auch ein bisschen nervös sind.“ Die zweimalige Europameisterin inspiriert die Fünfte der U23-EM von 2019: „Gesa ist eine Hindernisläuferin, bei der das Laufen einfach wunderschön aussieht. Ich sehe sie und denke: ‚So möchte ich auch mal laufen.‘ Sie ist eine Inspiration in allem, was sie zeigt.“

An die internationale Spitze ist Lea Meyer jetzt zumindest ein wenig näher herangerückt – aktuell belegt die 23-Jährige den achten Platz in der europäischen Jahresbestenliste. Mit der überraschenden Normerfüllung hat sich nun auch die weitere Saisonplanung geändert. „Es geht alles Schlag auf Schlag“, beschreibt Lea Meyer die Situation.

In St. Moritz (Schweiz) und anschließend in Köln möchte sie sich auf Olympia vorbereiten, bevor es für die Sommerspiele nach Japan geht. Wo sie sich so teuer wie möglich verkaufen möchte. Denn dabei zu sein, ist für Lea Meyer zwar ein großer Erfolg, doch nicht alles: „Ich würde gerne noch einmal in die Region von 9:30 Minuten laufen. Erfahrungen sammeln. Zeigen, dass ich auf diesem Niveau angekommen bin, und beweisen, dass ich keine Eintagsfliege bin.“

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