Die Wettkampfsaison 2019 ist Geschichte. Ein langes Jahr, ein spannendes Jahr Leichtathletik liegt hinter uns. Der Höhepunkt? Zweifelsohne die WM in Doha. Doch auch in der Halle und bei den internationalen Nachwuchs-Meisterschaften machten die deutschen Athleten von sich reden. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück und ziehen Bilanz. Heute: der Weitsprung der Frauen.
Fazit des Bundestrainers
Uli Knapp, wie fällt Ihre Bilanz für das WM-Jahr 2019 aus?
Uli Knapp:
Es war ein in allen Belangen extremes Jahr, das ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachte. Natürlich strahlt ganz oben die perfekte Freiluftsaison von Malaika Mihambo. Sie blieb ungeschlagen und krönte die Saison mit dem WM-Titel in Doha.
Auf der anderen Seite hatten wir im Weitsprung-Kader ein extremes Verletzungspech. Zwischenzeitlich war Malaika die einzige Kaderathletin, die Wettkämpfe bestreiten konnte. Anna Bühler und Maryse Luzolo mussten Kreuzbandrisse verkraften, Julia Gerter riss sich die Achillessehne, Sosthene Moguenara kämpfte mit Rückenproblemen und Alexandra Wester konnte nur mit ihrem schwächeren Fuß springen. Das sind natürlich viele und heftige Rückschläge.
Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?
Uli Knapp:
Da möchte ich zwei Highlights nennen. Allen voran natürlich die WM in Doha. Der WM-Titel war die Krönung einer langen und trotzdem perfekten Saison für Malaika. Dabei hat sie bei der WM erneut ihre Nervenstärke unter Beweis gestellt. Nach einem Sprung weit vor dem Brett und einem ungültigen Sprung musste sie sich im dritten Finaldurchgang steigern. Das hat sie geschafft – und wie! Mit 7,30 Metern hat sie sich einen Riesenvorsprung auf die zweitbeste Springerin der Welt erarbeitet. Malaika hätte auch – wie so oft in dieser Saison – sogar mit ihrem zweit- und drittbesten Sprung gewonnen. Das zeigt ihre Ausnahmeklasse. Wenn sie gesund bleibt, kann sie den Weitsprung in der Welt über viele Jahre prägen.
Mein zweites Highlight war die Militär-WM im Oktober in China. In einem extrem spannenden Wettkampf hat sich Maryse Luzolo nach ihrer schweren Knieverletzung mit 6,49 Metern und Silber zurückgemeldet. Ich habe zusammen mit ihrem Freund am Livestream mitgefiebert und mich riesig gefreut, dass sie wieder auf hohem Niveau springen kann.
Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die Saison 2020 mit den Olympischen Spielen in Tokio und der EM in Paris?
Uli Knapp:
Wir wollen trotz der hohen Norm von 6,82 Metern mit (hoffentlich) drei Springerinnen bei den Olympischen Spielen am Start sein und auch bei der EM in Paris mit der vollen Besetzung antreten. Natürlich ist Malaika in ihrer Form aus dieser Saison eine Anwärterin auf eine Olympiamedaille. Ihre Geschwindigkeit gepaart mit der deutlich verbesserten Maximalkraft hat gezeigt, was möglich ist. Vor dem Absprung hat sie schon vor der WM ein Tempo von bis zu 9,8 Meter pro Sekunde erreicht. In Doha war sie sehr wahrscheinlich noch ein wenig schneller.
Des Weiteren geht es für uns darum, junge Springerinnen in den Bereich von 6,60 Metern und mehr zu entwickeln. Dafür werden wir unsere Talente in den Kader integrieren, damit diese möglichst schnell Anschluss finden.
Besonderer Schwerpunkt wird außerdem das Gesundheitsmanagement sein. Zum einen müssen die angeschlagenen Top-Athletinnen wieder an ihr internationales Spitzenniveau zurückgeführt werden, zum anderen wird die Verletzungsprophylaxe noch stärker im Mittelpunkt stehen. Wir führen in den kommenden Wochen für alle Kader-Athletinnen das „Athleten-Monitoring“ ein. Ich verspreche mir davon sehr viel und hoffe, dass es mit dazu beiträgt, dass 2020 alle Kader-Athletinnen wieder gesund an den Start gehen.
Internationale Erfolge 2019
Medaillen | (Weitere) Final-Platzierungen | |
---|---|---|
WM | Gold: Malaika Mihambo | – |
Hallen-EM | Platz 4: Malaika Mihambo | |
U23-EM | – | Platz 4: Merle Homeier |
U20-EM | – | Platz 6: Ayele Gerken Platz 8: Lea-Sophie Klik |
EYOF | – | – |
Die deutschen Top Ten 2019
Weitsprung Frauen
Weite | Name | Jahrgang | Verein |
---|---|---|---|
7,30 m | Malaika Mihambo | 1994 | LG Kurpfalz |
6,62 m | Julia Gerter | 1994 | LG Eintracht Frankfurt |
6,49 m | Maryse Luzolo | 1995 | Königsteiner LV |
6,45 m | Merle Homeier | 1999 | VfL Bückeburg |
6,44m | Xenia Stolz | 1989 | Wiesbadener LV |
6,43 m | Lea-Jasmin Riecke | 2000 | Mitteldeutscher SC |
6,42 m | Caroline Klein | 1996 | TSV Bayer 04 Leverkusen |
6,39 m | Lucie Kienast | 2001 | SV Halle |
6,39 m | Nathalie Buschung | 1996 | LG Eintracht Frankfurt |
6,38 m | Lisa Maihöfer | 1998 | LC Rehlingen |
6,38 m | Sophie Weißenberg | 1997 | SC Neubrandenburg |
6,38 m | Anna Bühler | 1997 | VfB Stuttgart |
Statistik – Das sagen die Zahlen
Das deutsche Top-Niveau: Weitsprung Frauen
Jahr | < 6,75 | Schnitt Top 3 | Schnitt Top 5 | Schnitt Top 10 |
---|---|---|---|---|
2005 | – | 6,63 | 6,58 | 6,47 |
2006 | 1 | 6,63 | 6,52 | 6,40 |
2007 | 1 | 6,66 | 6,56 | 6,45 |
2008 | 1 | 6,67 | 6,61 | 6,51 |
2009 | 2 | 6,79 | 6,76 | 6,66 |
2010 | – | 6,68 | 6,64 | 6,58 |
2011 | 2 | 6,78 | 6,73 | 6,61 |
2012 | 1 | 6,76 | 6,70 | 6,61 |
2013 | 2 | 6,83 | 6,77 | 6,66 |
2014 | 3 | 6,87 | 6,80 | 6,63 |
2015 | 3 | 6,91 | 6,84 | 6,69 |
2016 | 3 | 6,97 | 6,85 | 6,70 |
2017 | 2 | 6,76 | 6,70 | 6,60 |
2018 | 2 | 6,84 | 6,78 | 6,61 |
2019 | 1 | 6,80 | 6,66 | 6,53 |
Entwicklung der internationalen Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
---|---|---|---|---|---|
2005 | 6,66 (Kapler) | 7,04 (Meleshina/RUS) | 0,38 | 7,04 (Meleshina/RUS) | 0,38 |
2006 | 6,75 (Tonn) | 7,12 (Kotova/RUS) | 0,37 | 7,12 (Kotova/RUS) | 0,37 |
2007 | 6,90 (Kappler) | 7,21 (Kolchanova/RUS) | 0,31 | 7,21 (Kolchanova/RUS) | 0,31 |
2008 | 6,77 (Kappler) | 7,12 (Gomes/POR) | 0,16 | 7,12 (Gomes/POR) | 0,16 |
2009 | 6,83 (Bauschke) | 6,99 (Gomes/POR) | 0,16 | 7,10 (Reese/USA) | 0,27 |
2010 | 6,70 (Kappler) | 7,13 (Kucherenko/RUS) | 0,43 | 7,13 (Kucherenko/RUS) | 0,43 |
2011 | 6,83 (Moguenara) | 7,05 (Klishina/RUS) | 0,22 | 7,19 (Reese/USA) | 0,36 |
2012 | 6,88 (Moguenara) | 7,11 (Nazarova/RUS) | 0,23 | 7,15 (Reese/USA) | 0,27 |
2013 | 7,04 (Moguenara) | 7,04 (Moguenara) | 0,00 | 7,25 (Reese/USA) | 0,21 |
2014 | 6,90 (Mihambo) | 6,93 (Klyashtornaya/RUS) | 0,03 | 7,02 (Bartoletta/USA) | 0,12 |
2015 | 6,94 (Moguenara/Malkus) | 7,07 (Proctor/GBR) | 0,13 | 7,14 (Bartoletta/USA) | 0,20 |
2016 | 7,16 (Moguenara) | 7,16 (Moguenara) | 0,00 | 7,31 (Reese/USA) | 0,15 |
2017 | 6,86 (Salman-Rath) | 7,00 (Klishina/RUS/ANA) | 0,14 | 7,13 (Reese/USA) | 0,27 |
2018 | 6,99 (Mihambo) | 7,05 (Ugen/GBR) | 0,06 | 7,05 (Ugen/GBR) | 0,06 |
2019 | 7,30 (Mihambo) | 7,30 (Mihambo) | 0,00 | 7,30 (Mihambo) | 0,00 |
Das fällt auf:
- Nach 24 Jahren stellt Deutschland wieder zum Saisonabschluss die beste Weitspringerin der Welt. Zuletzt war Heike Drechsler 1995 mit 7,07 Meter zum Saisonende die Top-Athletin der Welt.
- Die vier besten Wettkämpfe des Jahres erzielte im weltweiten Vergleich Malaika Mihambo. Mit ihrem goldenen WM-Sprung auf 7,30 Meter katapultierte sie sich außerdem auf Platz zwölf der ewigen Weltbestenliste.
- Seit 2005 ist nur eine Athletin weiter gesprungen als Malaika Mihambo. Die vielfache Weltmeisterin Brittney Reese landete 2016 erst bei 7,31 Metern.
- Trotz der außergewöhnlichen Leistung von Malaika Mihmbo sanken die Durchschnittswerte der deutschen Weitspringerinnen im Jahresvergleich zum Teil deutlich. Der Grund: das enorme Verletzungspech von zahlreichen deutschen Top-Athletinnen. Der Vorsprung von Malaika Mihambo auf die zweitbeste deutsche Weitspringerin beträgt zum Saisonende extreme 68 Zentimeter.
Die Disziplin-Analysen im Überblick:
Sprint – Männer
Sprint – Frauen
Langsprint – Männer
Langsprint – Frauen
Mittelstrecke – Männer
Mittelstrecke – Frauen
Langstrecke – Männer
Langstrecke – Frauen
Hürdensprint – Männer
Hürdensprint – Frauen
Langhürden –- Männer
Langhürden – Frauen
Hindernislauf – Männer
Hindernislauf – Frauen
Gehen – Männer
Gehen – Frauen
Hochsprung – Männer
Hochsprung – Frauen
Stabhochsprung – Männer
Stabhochsprung – Frauen
Weitsprung – Männer