| Weltmeisterschaften 2017

Johannes Vetter: "Ich bin stolz wie Bolle"

Johannes Vetter hat sich am Samstag in London zum dritten deutschen Weltmeister im Speerwurf gekrönt. Gleich der erste Wurf auf 89,98 Meter war Gold wert. Wie er den Wettbewerb bewertet, wem er diesen Erfolg zu verdanken hat und wie die Speerwerfer mit dem Erwartungsdruck umgegangen sind, hat er den Journalisten im Anschluss in der Mixed Zone verraten.
Silke Bernhart

Johannes Vetter, zum sechsten Versuch sind Sie mit Tränen in den Augen angelaufen. Schon da standen Sie als Weltmeister fest. Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen?

Johannes Vetter:

Ich war stolz wie Bolle! Ich glaube, was ich in den letzten drei Jahren mit Boris auf die Beine gestellt habe, ist einfach unbeschreiblich. Gleich siebter Platz 2015 bei der WM. 85,40 Meter geworfen. 2016 in Rio ganz knapp an Bronze vorbei. 89,57 Meter geworfen. Dieses Jahr deutschen Rekord mit 94,44 Meter. Und jetzt Weltmeister. Das spricht für unsere Arbeit. Das spricht für meinen Wechsel von Dresden nach Offenburg. Ich glaube, die in Dresden werden sich jetzt gewaltig in den Arsch beißen. Ich bin einfach froh über die Unterstützung, die mir in Offenburg entgegengebracht wird.

Wer hat Sie denn auf dem Weg zu diesem Erfolg unterstützt?

Johannes Vetter:

Die Freunde, die ich dort kennengelernt habe, mein Physiotherapeut, meine Ärzte, mein Osteopath. Christina Obergföll als mentale Stütze. Und Boris als super Trainer! Das ist ein Team, mit dem es einfach Spaß macht. Das bin nicht nur ich, der hier Gold gewonnen hat. Das ist ein ganzes Team. Auch meine Familie. Die stehen alle hinter mir.

Sie haben gleich im ersten Versuch vorgelegt. Glauben Sie, dass das die anderen beeindruckt hat?

Johannes Vetter:

Ja klar, das war auch das Ziel. Ich hatte sogar noch ein paar technische Probleme in den ersten Versuchen, sonst wären die glaube ich auf 91 oder 92 marschiert. Das war eigentlich unser Plan heute. Im ersten oder zweiten Versuch den Sack zuzumachen. Es war ein bisschen schade, dass es heute nicht mit den 90 Metern geklappt hat. Aber das ist mir jetzt auch – auf gut Deutsch gesagt – scheißegal. Wenn ich mit 85 Metern Gold geholt hätte, wäre es auch in Ordnung gewesen.

Es mussten aber tatsächlich mehr als 89,73 Meter für Gold her und 88,32 Meter für Bronze. Wie bewerten Sie das Niveau des Wettbewerbs?

Johannes Vetter:

Man hat gesehen, wie hoch das Niveau zurzeit in der Welt ist. Dass man zum Beispiel wie Thomas mit einem Wahnsinns-Wettkampf und 88,26 Metern Vierter wird. Er war schon ein bisschen enttäuscht, das tut mir auch sehr leid. Ich hätte gerne mit ihm auf dem Podium gestanden. 

Wie wird das Duell zwischen Ihnen jetzt fortgeführt? Wird das jetzt auf Jahre so weiter gehen?

Johannes Vetter:

Ich denke, es wurde heute deutlich, welche Kräfte beim Speerwurf wirken. Mir wird morgen alles weh tun, das weiß ich jetzt schon. Das ist Leistungssport, so ist das halt. Als allererstes müssen wir beide gesund bleiben. Aber ich denke schon, dass wir das Zeug dazu haben, die Leichtathletik-Welt in den nächsten Jahren zumindest im Speerwurf zu begeistern. Wir verstehen uns gut. Man darf auch Andreas Hofmann nicht außer Acht lassen, er hat heute einen guten achten Platz gemacht, auch wenn er mit seiner Leistung vielleicht nicht zufrieden war.

Alle haben von den deutschen Speerwerfern hier mindestens eine Medaille erwartet. Wie war das für Sie?

Johannes Vetter:

Auf unseren Schultern lag ein immenser Druck. Nachdem Thomas mit deutschem Rekord eingestiegen ist und ich dann Deutscher Meister geworden bin und den nächsten deutschen Rekord rausgeballert habe, dann 91,20 Meter in der WM-Quali – da war ja eigentlich jedem klar, wer hier Gold holt. Und damit umzugehen, in meinem Alter... Ich bin 24, ich bin einer der Jüngsten, die hier gestartet sind, das kann sich, glaube ich, sehen lassen. Da habe ich heute das Beste draus gemacht.

Sie sind der erste deutsche Weltmeister von London. Was bedeutet Ihnen das, nachdem das deutsche Team in den vergangenen Tagen nur einmal auf dem Podium vertreten war?

Johannes Vetter:

Hier stehen gerade zwei Zehnkämpfer, die zwei Medaillen geholt haben. Pamela hat Bronze geholt. Heute gab es vier Medaillen. Das ist geil, das wünscht man sich für eine Sportnation wie Deutschland eigentlich jeden Tag. Aber wir sind nicht in der Lage, das jeden Tag abzurufen. Wir sind auch nur Menschen. Es lag auch noch auf anderen ein großer Druck. Es kommen ja auch noch ein paar Disziplinen, ich hoffe, dass es da auch noch voran geht. Trotzdem sind wir ein starkes Team, wir müssen ja auch berücksichtigen, dass ein paar Leistungsträger wie Christina Schwanitz oder Cindy Roleder, Christoph Harting und Daniel Jasinski zuhause bleiben mussten, die auch alle Medaillenkandidaten gewesen wären. Aber es ist schon speziell und ein geiles Gefühl, die einzige deutsche Goldmedaille zu haben. Das rückt mich natürlich noch ein bisschen mehr in den Fokus. Das werde ich auch genießen.

Sehen Sie damit auch eine Verantwortung verbunden?

Johannes Vetter:

Es ist wichtig, dass die Leute, die Medaillen gewinnen, die jeden Tag kämpfen, das hier auch den Kameras zeigen, und dass zuhause in Deutschland der Nachwuchs motiviert wird, sich ranzukämpfen. Das ist eine der größten Aufgaben, die die Leistungsträger in den nächsten Jahren vor sich haben. Die Nachwuchs-Leichtathletik voranzubringen.

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