Robert Harting ließ sich zum Auftakt seiner Abschiedstournee von einer neuen Leichtigkeit tragen. Am Freitag konnte ihm auch der knapp entgangene Sieg nicht die Laune verderben, der Diskuswerfer genoss beim ISTAF Indoor in Berlin noch einmal das Bad in der Menge.
Irgendwann musste Robert Harting (SCC Berlin) die Interviews im Innenraum der Mercedes-Benz Arena abbrechen. Das lautstarke Gekreische der Zahnspangen-Fraktion einige Meter weiter war zu laut. In Fünferreihen drängelten die Kids gegen die Absperrung und streckten Harting ihre Klatschpappen für Autogramme entgegen.
"Ich gehe mal rüber", entschuldigte sich Robert Harting bei den Journalisten und erlöste den Fan-Nachwuchs. Geduldig schrieb der populäre Diskus-Riese Autogramme und machte klar: Dieses Event, das er vor fünf Jahren mit aus der Taufe gehoben hatte, ist sein Event und müsste eigentlich Robert-Harting-Festspiele heißen.
Weißhaidinger bezwingt "einen ganz Großen des Sports"
Zu seinem Abschied vor mehr als 12.000 Zuschauern hätte der Lokalmatador um ein Haar das passende Happy-End geliefert. Mit seinem letzten Wurf auf 62,32 Meter übernahm der 33-Jährige nach mäßigem Start die Führung. Doch dann kam der Österreicher Lukas Weißhaidinger und übertraf mit 63,91 Metern den Wurf des deutschen Diskus-Helden.
Weißhaidinger schaute etwas unglücklich aus, so, als wolle er sich für seinen Sieg entschuldigen. "Na ja", erklärte er, "als Robert Harting 2009 Weltmeister wurde, saß ich daheim auf der Couch und war so beeindruckt, dass ich beschloss, Diskuswerfer zu werden. Er war immer mein Vorbild, ist ein ganz Großer des Sports."
Sichtlich gerührt von so viel Lob trauerte Robert Harting dem verpassten Sieg nicht lange nach. "Ich bin nicht ganz unzufrieden. Ich weiß jetzt, woran ich arbeiten muss", meinte der Berliner, der sich bei der EM vom 7. bis 12. August ebenfalls in Berlin noch einmal in die Medaillenränge werfen will. Nach dem Stadion-ISTAF am 2. September ist dann definitiv Schluss.
Entspannt in Richtung Karriere-Ende
Mit dem Ende vor Augen geht der dreimalige Weltmeister und Olympiasieger von 2012 die letzten Aufgaben entspannt an. "Das Selbstvertrauen ist wieder da, der Körper ist wieder da. Er gibt mir Energie. Ich bin der Sache zugeneigt", verkündete Robert Harting, der in den letzten Jahren oft einen Kampf mit seiner Physis geführt hatte.
Die letzten Auftritte auf großer Bühne will der 2,01-Meter-Mann genießen. "Es geht nicht ums Bruder-Duell, es geht nicht um Erster oder Zweiter, es geht auch nicht um 68 Meter", machte er klar. Es gehe nur noch um das Ende seiner Karriere. Alles sei jetzt "druckfrei" und "euphorisch", so dass er diese besondere Kraft verspüre.
Pläne ab 2019 noch offen
Robert Harting lässt es im Training ein wenig lockerer angehen, quält sich nicht mehr wie zu Topzeiten. "Der Körper steigt früher aus. Früher hast du acht, neun Tage am Stück durchtrainiert, jetzt sind es vier oder fünf", meinte der scheidende Diskus-Star.
Seine Entscheidung über das Ende hat er bis heute nicht bereut. "Meine Idole Lars Riedel und Jürgen Schult haben bis 38 weitergemacht, das möchte ich nicht", meinte der gebürtige Lausitzer, der noch nicht ganz sicher weiß, was er danach macht. Derzeit ist er Hauptdarsteller des Filmprojekts "Sechsviertel", in dem er Auskunft über das Innenleben eines scheidenden Leistungssportlers gibt.
Beim Blick durch die Halle wurde Robert Harting am Ende doch noch etwas wehmütig. "Indoor ist schon geil", meinte der Diskus-Riese, der hofft, dass seine Sportart noch lange im Programm bleibt. Meeting-Direktor wolle er deshalb aber nicht werden. "Nein", meinte Harting ehrlich: "Dann hätte ich es ja immer mit solchen Sportlern wie mit mir zu tun."
Quelle: Sport-Informations-Dienst (SID)
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