Mit dem 20 Kilometer Gehen beginnen am 1. August die Leichtathletik-Wettbewerbe der Olympischen Spiele 2024 in Paris (Frankreich). Insgesamt 48 Goldmedaillen werden in der olympischen Kernsportart Nummer eins vergeben, darunter zwei in Mixed-Wettbewerben. Wir blicken voraus auf alle Entscheidungen. Heute im Fokus: Die Sprint-, Lauf- und Geh-Wettbewerbe der Männer.
100 Meter
Sprintet Noah Lyles zum ersten Olympia-Gold?
2021 in Tokio schnappte sich sensationell Lamont Marcell Jacobs (Italien) Olympia-Gold über die prestigeträchtigen 100 Meter. In Paris wollen sich die Sprint-Nationen USA und Jamaika die Sprint-Krone zurückholen. Die Weltjahresbestenliste führt ein Aufsteiger an: Kishane Thompson verbesserte sich in diesem Jahr auf 9,77 Sekunden. Der 23-jährige Jamaikaner wird damit als Medaillenkandidat bei seiner ersten großen internationalen Meisterschaft starten.
Ob er auf der ganz großen internationalen Bühne der erste Gold-Anwärter ist, wird man sehen. Denn die Konkurrenz ist hochklassig und schnell. So will Dreifach-Weltmeister Noah Lyles (USA; SB: 9,81 sec) an der Seine seinen ersten Olympiasieg einfahren. Noch schneller als der US-Star war in diesem Sommer Ferdinand Omanyala (Kenia; 9,79 sec), der Jamaikaner Oblique Seville (9,82 sec) nur knapp langsamer. Die USA schicken neben Noah Lyles Kenny Bednarek (9,87 sec) und Fred Kerley (9,88 sec) ins Medaillenrennen.
Mit seinem deutschen Rekord von 9,99 Sekunden bei der DM in Braunschweig hat Owen Ansah (Hamburger SV) die direkte Olympia-Norm und als erster Deutscher die „Sprint-Schallmauer“ unterboten. Erwischt er im Vorlauf ein gutes Rennen, ist er ein klarer Kandidat fürs Halbfinale. Das gilt auch für Joshua Hartmann. Der Kölner sicherte sich mit einer Saisonbestzeit von 10,06 Sekunden den Olympia-Startplatz über das World Ranking. 2021 in Tokio (Japan) mussten glatte 10,00 Sekunden für den Finaleinzug gelaufen werden. Bei der aktuellen globalen Leistungsdichte dürfte es in Paris sogar noch ein wenig schneller werden.
Titelverteidiger: Lamont Marcell Jacobs (Italien; 9,80 sec)
Weltjahresbester: Kishane Thompson (Jamaika; 9,77 sec)
DLV-Teilnehmer: Owen Ansah (Hamburger SV; 9,99 sec), Joshua Hartmann (ASV Köln; 10,06 sec)
200 Meter
US-Trio favorisiert, Joshua Hartmann mit Chancen
Die schnellsten 200-Meter-Zeiten des Jahres vor dem Saisonhöhepunkt werden regelmäßig bei den US-Trials erzielt. So auch in diesem Sommer. Ende Juni in Eugene sicherten sich Noah Lyles (19,53 sec), Kenny Bednarek (19,59 sec) und Youngster Erriyon Knighton (19,77 sec) mit Weltklassezeiten die Tickets für Paris. Der Top-Favorit ist natürlich Noah Lyles. Der dreimalige Weltmeister ist über die halbe Stadionrunde seit dem Olympia-Finale 2021 ungeschlagen. In Tokio wurde er mit 19,74 Sekunden Dritter. Seitdem war er nicht mehr zu bezwingen.
Gelingt dem 27-Jährigen in Paris ein perfektes Rennen, könnte sogar der Weltrekord in Reichweite kommen. Die Top-Marke von Usain Bolt steht seit der WM 2009 in Berlin bei 19,19 Sekunden. Bei seinem WM-Triumph 2022 in Eugene hat sich Noah Lyles dem Rekord schon bis auf zwölf Hundertstelsekunden genähert. Den „US-Sweep“ wollen allen voran Letsile Tebogo (Botswana; 19,71 sec) und Tarsis Orogot (Uganda; 19,75 sec) sowie der auf 19,90 Sekunden verbesserte Ryan Zeze (Frankreich) verhindern.
Im selben Rennen steigerte Joshua Hartmann (ASV Köln) hinter dem Franzosen seine Saisonbestzeit auf 20,15 Sekunden. Für den 25-Jährigen war es die drittbeste seiner Karriere. Kann er in Paris noch ein Schippchen draufpacken und sich seinem deutschen Rekord von 20,02 Sekunden nähern, kann für Joshua Hartmann sogar der ganz große Coup möglich sein: das olympische Finale in Paris. Doch dafür muss natürlich alles passen. 2021 in Tokio waren dafür 20,10 Sekunden nötig.
Titelverteidiger: Lamont Marcell Jacobs (Kanada; 19,62 sec)
Weltjahresbester: Noah Lyles (USA; 19,53 sec)
DLV-Teilnehmer: Joshua Hartmann (ASV Köln; 20,15 sec)
400 Meter
Europäische Langsprinter mit Ambitionen
Je länger die Saison, desto schneller die 400-Meter-Sprinter. Vor zwei Wochen in Monaco blieb Quincy Hall (USA) mit 43,80 Sekunden als erster Langsprinter in diesem Jahr unter der 44-Sekunden-Marke. Damit ist der WM-Dritte Anwärter auf Olympia-Gold in Paris. Schließlich ist der 25-Jährige in der Form seines Lebens. Das war in der frühen Saisonphase auch Christopher Morales Williams. Der 19-jährige Kanadier steigerte im Mai den Landesrekord auf 44,05 Sekunden. Doch in den vergangenen Wochen zeigte die Formkurve des Teenagers nach unten. So machen sich viele 400-Meter-Sprinter Hoffnungen, in Paris zu Edelmetall zu rennen.
Dazu zählen auch zwei Europäer. Matthew Hudson-Smith (Großbritannien) steigerte am 20. Juli seinen Europarekord in London auf 43,74 Sekunden. Damit blieb er als erster Europäer überhaupt unter der 44-Sekunden-Marke und ist aktuell der Gejagte. Den letzten europäischen Olympiasieger über die Stadionrunde gab’s übrigens vor 44 Jahren in Moskau. Damals setzte sich – der Westen hatte die Spiele boykottiert – Lokalmatador Viktor Markin mit 44,60 Sekunden durch. Auch Staffel-Gold ging an die damalige Sowjetunion.
Zurück in die Gegenwart: Hallen-Weltmeister Alexander Doom (Belgien) zeigte bei seinem EM-Triumph in Rom (Italien) mit 44,15 Sekunden seine Klasse und kann in Paris um die Medaillen mitlaufen. Der erst 16-jährige Quincy Wilson (USA) war vor einer Woche mit 44,20 Sekunden nur einen Wimpernschlag langsamer. Auf einen erneuten Gold-Coup hofft Steven Gardiner. Der 28-Jährige von den Bahamas gewann 2021 in Tokio mit 43,85 Sekunden und reist mit einer Saisonbestzeit vom 44,39 Sekunden nach Paris.
Auf der Stadionrunde vertritt Jean Paul Bredau die deutschen Farben im Olympiastadion. Der Potsdamer hat in dieser Saison acht seiner zehn schnellsten Zeiten der Karriere erzielt. Vielleicht gelingt ihm ja in Paris eine neue Bestzeit. Die steht seit dem ISTAF 2023 bei 44,96 Sekunden. Kommt er in diesem Bereich, ist für Jean Paul Bredau auf der olympischen Bühne einiges möglich.
Titelverteidiger: Steven Gardiner (Bahamas; 43,85 sec)
Weltjahresbester: Matthew Hudson-Smith (Großbritannien; 43,74 sec)
DLV-Teilnehmer: Jean Paul Bredau (SC Potsdam; 45,03 sec)
800 Meter
Mittelstrecken-Asse in Top-Form vor Olympia
Drei Läufer unter 1:42 Minuten, acht weitere unter 1:43 Minuten: Die 800-Meter sind in der Breite der Spitzezeiten so schnell unterwegs wie noch nie in der Geschichte der traditionsreichen Strecke. Dabei erzielten fünf von ihnen ihre Top-Zeit 2024 beim Diamond-League-Meeting in Paris – gute Aussichten also für schnelle Rennen bei den Olympischen Spielen.
Die Weltjahresbestenliste wird angeführt von Djamel Sedjati (Algerien; 1,41,46 min), Emmanuel Wanyonyi (Kenia; 1:41,58 min) und dem Franzosen Gabriel Tual (1:41,61 min). Obwohl die Spitze so eng zusammenliegt, ist Djamel Sedjati den Konkurrenten bisher einen Schritt voraus. Der Algerier gewann bisher alle seine Saisonrennen und war bisher nie langsamer als 1:43,51 Minuten. Dabei steigerte er sich von Rennen zu Rennen bis auf Platz drei der ewigen Weltbestenliste.
In der Form seines Lebens ist auch Mohamed Attaoui. Der in Marokko geborene Spanier steigerte seine Bestzeit vor zwei Wochen in Monaco (Monte Carlo) gleich um knapp zweieinhalb Sekunden auf 1:42,04 Minuten. Noch nie war ein Spanier schneller über die beiden Stadionrunden. Manchen deutschen Leichtathletik-Fan dürfte der 22-Jährige bekannt vorkommen. Denn beim Pfingstsportfest in Rehlingen war er Mitte Mai über 800 und 1.500 Meter dabei.
Immer besser in Fahrt kommt auch Marco Arop. Der amtierende Weltmeister aus Kanada lief in Monaco mit 1:42,93 Minuten bis auf acht Hundertstelsekunden an seinen Landesrekord heran. Doch die Top-Zeit reichte im Fürstentum nur zu Platz sechs. Doch hat Marco Arop in der entscheidenden Rennphase die passende Position, wird es schwer, den 1,94-Meter-Hünen zu überholen. Es ist also alles angerichtet für ein schnelles, taktisches und spannendes 800-Meter-Finale in Paris.
Titelverteidiger: Emmanuel Korir (Kenia; 1:45,06 min)
Weltjahresbester: Djamel Sedjati (Algerien; 1:41,43 min)
DLV-Teilnehmer: keine
1.500 Meter
Robert Farken und Marius Probst treffen auf Top-Konkurrenz
Die schnellsten 1.500-Meter-Zeiten wurden wie so oft vor dem Saisonhöhepunkt in Monaco erzielt. Dort enteilte Jakob Ingebrigtsen seinen Konkurrenten und steigerte seinen Europarekord auf 3:26,73 Minuten – nur 73 Hundertstel fehlten dem Norweger zum Weltrekord von Hicham El Guerrouj (Marokko). Dank dieser Visitenkarte ist der immer noch erst 23 Jahre junge Mittelstreckler erneut Kandidat auf Olympia-Gold. Schon vor drei Jahren in Tokio hatte Jakob Ingebrigtsen über diese Distanz triumphiert.
Hinter dem Norweger folgte in Monaco Timothy Cheruiyot (Kenia) mit fast zwei Sekunden Respektsabstand. Doch ein Mittelstreckler fehlte im Fürstentum, der Jakob Ingebrigtsen zuletzt in zwei wichtigen Rennen bezwingen konnte: Josh Kerr. Der Brite lief nicht nur 2023 in Budapest zum WM-Titel, sondern gewann Ende Mai auch das Meilen-Rennen in Eugene in britischer Rekordzeit von 3:45,34 Minuten vor Jakob Ingebrigtsen (3:45,60 min). Die letzten 109 Meter (die 1.500-m-Zwischenzeiten wurde genommen) spurtete er dabei in 14,4 Sekunden. Das zeigt klar, dass mit dem Weltmeister auch in Paris zu rechnen ist.
Mit Robert Farken (SC DHfK Leipzig) und Marius Probst (TV Wattenscheid 01) sind an der Seine auch zwei DLV-Mittelstreckler mit von der Partie. Robert Farken lief Ende Mai in Oslo (Norwegen) starke 3:32,20 Minuten. Damit belegt der Leipziger in der bereinigten Weltbestenliste Platz 17. Der Deutsche Doppelmeister möchte in Paris natürlich seine Finalchance nutzen. Doch die Spitze über 1.500 Meter ist 2024 äußerst schnell unterwegs. Wichtig wird es für ihn sein, bei der entscheidenden Tempoverschärfung im Halbfinale die richtige Position zu haben.
Marius Probst steigerte in diesem Sommer zweimal seine Bestzeit und reist mit 3:34,54 Minuten nach Paris. Der 28-Jährige qualifizierte sich über das World Ranking für seine ersten Olympischen Spiele. Der Wattenscheider kann sich traditionell auf einen guten Schlussspurt verlassen. Dieses hohe Tempo in der finalen Rennphase ermöglicht ihm im Olympia-Vorlauf, oder beim direkten Verpassen des Halbfinals im neu eingeführten Hoffnungslauf, viele Chancen.
Titelverteidiger: Jakob Ingebrigtsen (Norwegen; 3:28,32 min)
Weltjahresbester: Jakob Ingebrigtsen (3:26,73 min)
DLV-Teilnehmer: Robert Farken (SC DHfK Leipzig; 3:32,20 min), Marius Probst (TV Wattenscheid; 3:34,54 min)
5.000 Meter
Äthiopiens Asse gegen Jakob Ingebrigtsen
Bei der Diamond League Ende Mai in Oslo erlebten die Fans das wohl hochklassigste 5.000-Meter-Rennen der Geschichte. Angeführt von den beiden Äthiopiern Hagos Gebrhiwet, der den Landesrekord von Lauf-Legende Kenenisa Bekele auf 12:36,73 Minuten steigerte, und Yomif Kejelchaa (12:38,95 min) blieben gleich elf Läufer unter 12:55 Minuten.
So dürfte der Olympiasieg nur über das Trio aus Äthiopien gehen. Yomif Kejelchaa startet in Paris allerdings über 10.000 Meter. Neben Hagos Gebrhiwet sind Addisu Yihune (12:49,65 min) und 10.000-Meter-Olympiasieger Selemon Barega (12:51,60 min) für Äthiopien dabei. Ganz anders die aktuelle Situation in Kenia. Kein 5.000-Meter-Läufer rangiert in der Weltbestenliste unter den Top 20.
Das gilt auch für Jakob Ingebrigtsen. Der Norweger lief in diesem Jahr zwei „ruhige“ 5.000-Meter-Rennen. Neben dem Sieg bei der EM in Rom (13:20,11 min) gewann der Weltmeister von 2022 und 2023 auch bei den norwegischen Meisterschaften (13:14,36 min). Nun will der 23-Jährige in Paris erstmals Olympia-Gold über die 5.000 Meter gewinnen. Seine Bestzeit steht seit 2021 bei 12:48,25 Minuten. Nur knapp zwei Sekunden langsamer war Dominic Lobalu (12:50,90 min) in Oslo. Der Schweizer, der aus dem Südsudan stammt, ist nach seiner Einbürgerung noch nicht bei den Olympischen Spielen für die Schweiz startberechtigt, wird aber für das Flüchtlingsteam antreten.
Titelverteidiger: Joshua Cheptegei (Uganda; 12:58,15 min)
Weltjahresbester: Hagos Gebrhiwet (Äthiopien; 12:36,73 min)
DLV-Teilnehmer: keine
10.000 Meter
Vorteil Äthiopien, Fragezeichen hinter Joshua Cheptegei
Ein halbes Dutzend äthiopische Läufer führt die Weltjahresbestenliste an. Yomif Kejelcha gewann Mitte Juni die Olympia-Trials in Nerja (Spanien) mit 26:31,01 Minuten vor Berihu Aregawi (26:31,13 min) und Selemon Barega (26:34,93 min). Damit machte das Trio seine Olympia-Fahrkarte perfekt und ist in Paris in der Favoritenrolle.
Hinter dem Sextett folgen in der Weltjahresbestenliste wiederum vier Kenianer, die ihre Top-Zeiten bei den nationalen Ausscheidungen in Eugene (USA) erzielten. Allerdings liefen Daniel Mateiko (26:50,81 min), Nicholas Kipkorir (26:50,94 min) und Benard Kibet (26:51,09 min) ein gutes Stück langsamer als die äthiopische Konkurrenz. Damit gehört den Kenianern in Paris nur die Außenseiterrolle. So wie dem Weltrekordler: Joshua Cheptegei, schnellster Läufer aller Zeiten über 5.000 Meter (12:35,36 min) und 10.000 Meter (26:11,00 min), ist für beide Langstrecken für Paris gemeldet.
Doch in diesem Jahr konnte der 27-Jährige aus Uganda noch keinen Sieg einfahren. Sein letztes Rennen bestritt Joshua Cheptegei Ende Mai bei der Diamond League in Oslo. Dort wurde er mit 12:51,94 Minuten Neunter über 5.000 Meter. Man darf gespannt sein, in welcher Form der 5.000-Meter-Olympiasieger von Tokio sich in Paris präsentiert, ob er beide Langstrecken in Angriff nimmt und ob er sich von seinem missglückten Marathon-Debüt Ende Dezember in Valencia (2:08:59 h) vollständig erholt hat. Zu beachten ist auch sein Landsmann Jacob Kiplimo.
Titelverteidiger: Selemon Barega (Äthiopien; 27:43,22 min)
Weltjahresbester: Yomif Kejelcha (Äthiopien; 26:31,01 min)
DLV-Teilnehmer: keine
Marathon
DLV-Trio im geschichtsträchtigen Rennen mit Eliud Kipchoge
Ein anspruchsvoller Kurs und ein taktisches Rennen ohne Tempomacher. Der olympische Marathon von Paris verspricht jede Menge Spannung. Denn anders als bei den großen City-Marathons müssen die Favoriten viel stärker und früher die Initiative übernehmen. Und das auf einem Kurs, der es mit ca. 480 Höhenmetern bergauf und bergab in sich hat. Zum Vergleich: Flache City-Strecken weisen nur etwa ein Zehntel dieser Werte auf. Die „knackigsten“ Anstiege gibt’s rund um die Halbmarathonmarke am Schloss Versailles.
Zu diesem Renn-Zeitpunkt werden die Läufer wohl kaum mehr ein Auge für die prächtigen Bauten und die üppigen Gärten der Schlossanlage haben. Speziell ein Läufer will in diesem Rennen Geschichte schreiben: Eliud Kipchoge. Der Kenianer peilt nach Rio de Janeiro (Brasilien; 2016) und Sapporo (Japan; 2021) seinen dritten Olympiasieg im Marathon an. Und das 21 Jahre nach seinem ersten WM-Titel 2003 in Paris über 5.000 Meter. Es wäre die Krönung einer ohnehin schon einzigartigen Karriere.
Doch die Form des mittlerweile 39-Jährigen ist längst nicht mehr so gut wie zu seinen Glanzzeiten. Mit 2:06:50 Stunden wurde Eliud Kipchoge im Frühjahr in Tokio nur Zehnter. Deutlich schneller waren in diesem Jahr seine Landsleute Benson Kipruto (2:02:16 h) und Timothy Kiplagat (2:02:55 h) unterwegs, die damit die Meldeliste anführen. Äthiopien schickt den nimmermüden 41-jährigen Kenenisa Bekele (SB: 2:04:15 h), Sevilla-Sieger Deresa Geleta (2:03:27 h) und den Weltmeister von 2022, Tamirat Tola, ins Rennen.
Auch drei deutsche Läufer sind in Paris dabei. Angeführt wird das Trio von Amanal Petros (SCC Berlin). Der Deutsche Rekordhalter fühlt sich stärker in Form als bei seinem Rekordrennen von 2:04:58 Stunden vergangenes Jahr in Berlin. Der EM-Dritte im Halbmarathon möchte so lange wie möglich in oder am Ende der Spitzengruppe mitlaufen. Nicht ganz so offensiv werden wohl Europameister Richard Ringer (LC Rehlingen) und Samuel Fitwi (Silvesterlauf Trier) das Rennen angehen. Doch eins lehrt die Geschichte: Ein olympischer Marathon hat seine eigenen Gesetze. Darauf hoffen auch die französischen Starter um den stark verbesserten Morhad Amdouni (2:03:47 h).
Titelverteidiger: Eliud Kipchoge (Kenia; 2:08,38 h)
Weltjahresbester: Benson Kipruto (Kenia; 2:02,16 h)
DLV-Teilnehmer: Samuel Fitwi (Silvesterlauf Trier), Amanal Petros (SCC Berlin), Richard Ringer (LC Rehlingen)
110 Meter Hürden
Grant Holloway vor der Krönung
Dreimal war er schon Weltmeister über 110 Meter Hürden. In diesem Jahr ist er in der Halle wie im Freien noch ungeschlagen. Damit ist Grant Holloway der klare Favorit auf olympisches Gold. Der 26 Jahre alte US-Sprinter dominiert die Disziplin und führt mit 12,86 Sekunden die Weltjahresbestenliste an. Selbst bei Gegenwind wie zuletzt in Monaco kann der 26 Jahre alte Ausnahmeathlet (Weitsprung-Bestleistung: 8,17 m, Hochsprung-Bestleistung: 2,16 m) Zeiten um 13 Sekunden laufen. Alles andere als der Sieg von Grant Holloway in Paris wäre eine kleine Sensation.
Doch eine der zehn 107 Zentimeter hohen Hürden kann selbst für absolute Ausnahmekönner schnell zum Stolperstein werden. So muss die Konkurrenz wohl auf einen Ausrutscher des Top-Favoriten hoffen. Seine Landsleute Freddie Crittenden und Daniel Roberts liefen bei den US-Trials mit 12,93 bzw. 12,96 Sekunden jedenfalls Weltklassezeiten.
Immer schneller wird auch Lorenzo Simonelli. Der Europameister aus Italien sprintete bei seinem EM-Sieg in Rom (Italien) 13,05 Sekunden. Daneben ist speziell das japanische Duo Rachid Muratake (13,07 sec) und Shunsuke Izumiya (13,10 sec) zu beachten. Die Franzosen hoffen, dass ihr Ausnahmetalent Sasha Zhoya (13,15 sec) einen weiteren Leistungssprung hinlegt und die lange Tradition der „Grande Nation“ im Hürdensprint fortsetzt.
Als Nachrücker schaffte Manuel Mordi (Hamburger SV) die Olympia-Qualifikation. Mit einer Bestzeit von 13,36 Sekunden gehört er nicht zur schnelleren Hälfte der Paris-Starter. Für ihn wird bereits der Vorlauf am 4. August sein persönliches Finale. Egal wie das Rennen ausgeht: Mit gerade einmal 20 Jahren kann Paris eine Signalwirkung für die weitere Karriere Manuel Mordis haben.
Titelverteidiger: Hansle Parchment (Jamaika; 13,04 sec)
Weltjahresbester: Grant Holloway (USA; 12,86 sec)
DLV-Teilnehmer: Manuel Mordi (Hamburger SV; 13,36 sec)
400 Meter Hürden
Drei unter 47 und drei DLV-Starter
Blickt man in die aktuelle Weltbestenliste 2024, reibt man sich verwundert die Augen. Denn Weltrekordler Karsten Warholm rangiert mit 46,70 Sekunden „nur“ auf Platz drei. Vor dem Norweger, der seine Rennen stets extrem schnell angeht, sind der Olympia-Zweite Rai Benjamin (USA; 46,46 sec) und der Weltmeister von 2022, Alison dos Santos (Brasilien; 46,63 sec) gelistet. Auch Mitte Juli, beim Duell in Monaco, lag Rai Benjamin dank einer starken Zielgeraden vor Karsten Warholm.
Doch man darf nicht vergessen: Karsten Warholm ist bei seinem Olympiasieg 2021 in Tokio mit 45,94 Sekunden in neue Leistungssphären vorgestoßen. Kann er dieses Niveau in Paris erneut abrufen, dürfte der 28-Jährige nur schwer zu schlagen sein. Allerdings liegen der Weltrekordler und Rai Benjamin im Schnitt ihrer zehn schnellsten Zeiten fast gleichauf. Die Statistiker haben 46,62 Sekunden zu 46,67 Sekunden zugunsten des Norwegers ermittelt.
Auch die drei deutschen Starter haben sich in den vergangenen Jahren sukzessive gesteigert und sich der 48-Sekunden-Marke genähert. Den stärksten Eindruck hat in dieser Saison Emil Agyekum (SCC Berlin) hinterlassen. Der steigerte seine Bestzeit im EM-Halbfinale in Rom auf 48,36 Sekunden, Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt) war vergangenes Jahr sogar noch 24 Hundertstelsekunden schneller. Constantin Preis (VfL Sindelfingen) lief 2023 seine Bestzeit von 48,45 Sekunden. Für alle drei wird es darum gehen, sich fürs olympische Halbfinale zu qualifizieren und sich dort so teuer wie möglich zu verkaufen.
Titelverteidiger: Karsten Warholm (Norwegen; 45,94 sec)
Weltjahresbester: Rai Benjamin (USA; 46,46 sec)
DLV-Teilnehmer: Emil Agyekum (SCC Berlin; 48,36 sec), Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt; 48,90 sec), Constantin Preis (VfL Sindelfingen; 49,42 sec)
3.000 Meter Hindernis
Weltrekordler gegen Olympiasieger und drei schnelle Deutsche
Geht es bei großen Meisterschaften um die Titel, ist Soufiane El Bakkali zuletzt nicht zu schlagen gewesen. Nach dem Olympiasieg 2021 folgten für den Marokkaner die WM-Titel 2022 und 2023. Doch in diesem Jahr hat sich der 28-Jährige bisher rargemacht. Ein „Heim-Rennen“ in der Diamond League in Marrakech Mitte Mai, das er in 8:09,40 Minuten gewann, und ein Crosslauf Anfang Januar in Spanien sind in den Statistiken verzeichnet.
Auch sein wohl stärkster Konkurrent, Weltrekordler Lamecha Girma, hat in diesem Jahr erst ein Hindernisrennen bestritten. Der Äthiopier führt mit der dort erzielten Zeit von 8:01,63 Minuten allerdings die Weltjahresbestenliste an. Daneben testete der 23-Jährige erfolgreich seine Form auf Unter- und Überdistanzen. An Paris hat Lamecha Girma ohnehin beste Erinnerungen. Denn mit 7:52,11 Minuten stellte er in Frankreichs Metropole 2023 den Hindernis-Weltrekord auf. Mit Abraham Seme (Äthiopien) und Amos Serem (Kenia; beide 8:02,36 min) war ein Duo in diesem Jahr nur wenig langsamer als der Weltrekordler und schielt in Paris auf die Medaillen.
Ein Auge aufs olympische Finale haben auch der EM-Dritte Karl Bebendorf (Dresdner SC; 8:14;41 min) und der Deutsche Meister Frederik Ruppert (LAV Stadtwerke Tübingen; 8:15,08 min) geworfen. In der bereinigten Weltjahresbestenliste liegt das Duo damit auf den Plätzen 21 und 22. Dank seiner enormen Steigerung auf 8:20,94 Minuten und genügend Punkten für das World Ranking qualifizierte sich Velten Schneider (VfL Sindelfingen) für Paris. Für ihn ist der erste Start auf ganz großer internationaler Bühne bereits ein riesiger Erfolg.
Titelverteidiger: Soufiane El Bakkali (Marokko; 8:08,90 min)
Weltjahresbester: Lamecha Girma (Äthiopien; 8:01,63 min
DLV-Teilnehmer: Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898; 8:14,41 min), Frederik Ruppert (LAV Stadtwerke Tübingen; 8:15,08 min), Velten Schneider (VfL Sindelfingen; 8:20,94 min)
20 Kilometer Gehen
Weltspitze eng beisammen, DLV-Duo mit dabei
Die asiatischen Geher geben in diesem Jahr das Tempo vor. Beim National Grand Prix im heimischen Taicang gingen gleich sechs Chinesen die 20 Kilometer in 1:18:15 Stunden oder schneller. Schon im Februar unterboten drei Japaner bei ihren nationalen Meisterschaften die Marke von 1:18 Stunden. Das Meeting in Taicang nutzten auch Olympiasieger Massimo Stano (Italien; 1:17:26 h) und Caio Bonfim (Brasilien; 1:17:44 h), um mit neuen Landesrekorden Ausrufezeichen in Hinblick auf Paris zu setzen.
Beim Rennen um Edelmetall sollte man zwei weitere europäische Geher nicht vergessen. So ging Doppel-Weltmeister Alvaro Martin (Spanien) Mitte Mai in La Coruna mit 1:17:49 Stunden ebenfalls eine Weltklassezeit. Ganz so schnell war Perseus Karlström mit 1:18:22 Stunden nicht unterwegs. Doch der Schwede war zuletzt immer zur Stelle, wenn um wichtige Siege ging. So lag er 2024 bei der EM in Rom, der Team-EM in Antalya (Türkei) und beim prestigeträchtigen Meeting in Podebrady (Tschechien) vorn.
Die deutschen Farben vertreten am ersten Tag der Leichtathletik-Entscheidungen in Paris Christopher Linke (SC Potsdam) und Leo Köpp (LG Nord Berlin). Christopher Linke zählt seit vielen Jahren zur Weltspitze und verpasste als WM-Fünfter 2023 in Budapest (Ungarn) mit seinem deutschen Rekord von 1:18:12 Stunden nur knapp seine erste Medaille bei globalen Meisterschaften. Der 35-Jährige wird mit Sicherheit so lange wie möglich Tuchfühlung zur Spitze behalten wollen. Leo Köpp überzeugte bei der EM in Rom als Achter mit 1:21:19 Stunden. Für den 26-Jährigen sind es die zweiten Olympischen Spiele nach 2021. Vor drei Jahren belegte er Platz 22. Sicherlich würde er in Paris gern den einen oder anderen Platz weiter vorn landen.
Titelverteidiger: Massimo Stano (Italien; 1:21:05 h)
Weltjahresbester: Koki Ikeda (Japan; 1:16:51 h)
DLV-Teilnehmer: Christopher Linke (SC Potsdam; 1:19:55 h), Leo Köpp (LG Nord Berlin; 1:21:16 h)