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Kenenisa Bekele zurück in Berlin: Weltrekord im vierten Anlauf?

Die Spannung ist vorprogrammiert. Auch wenn es Kenenisa Bekele nicht direkt ausspricht, scheint es jedem klar zu sein: Der Äthiopier möchte am Sonntag beim Berlin-Marathon den Weltrekord brechen. Auch Philipp Pflieger und Rabea Schöneborn peilen starke Leistungen an.
Jörg Wenig / dpa / nw

Der Berlin-Marathon wird am Sonntag (26. September) live in der ARD von 9 bis 12 Uhr übertragen. Der rbb überträgt von 9 bis 14 Uhr.

Kann Kenenisa Bekele am Sonntag (26. September) im vierten Anlauf den Weltrekord brechen? Bereits zum vierten Mal wird der 39-jährige Äthiopier beim BMW Berlin-Marathon an den Start gehen. Vor zwei Jahren triumphierte er am Brandenburger Tor mit einer äthiopischen Rekordzeit von 2:01:41 Stunden und verfehlte dabei den Weltrekord des Kenianers Eliud Kipchoge um die Winzigkeit von zwei Sekunden. Damit ist er nach wie vor der zweitschnellste Marathonläufer aller Zeiten und führt das Berliner Elitefeld an. Auch wenn er bei der Pressekonferenz am Freitag nicht von einer Weltrekordjagd sprach, zeichnet sich ab, dass Kenenisa Bekele am Sonntag diese Marke angreifen wird.

Nicht nur in der absoluten Spitze mit Kenenisa Bekele, sondern auch in der Breite der Spitze ist der Berlin-Marathon sehr gut besetzt. Zehn Läufer gehen mit Bestzeiten von unter 2:10 Stunden an den Start. „Wir schließen praktisch nahtlos dort an, wo wir 2019 aufgehört haben. Natürlich freuen wir uns sehr, dass wir ein derart starkes Feld mit Kenenisa Bekele an der Spitze verpflichten konnten“, sagte Berlins Renndirektor Mark Milde.

Mit Guye Adola und Olika Adugna sind zwei Landsleute von Kenenisa Bekele im Rennen, die ebenfalls für sehr gute Leistungen sorgen können. Guye Adola lief 2017 in Berlin das damals schnellste Debüt aller Zeiten mit 2:03:36 Stunden. Mit dieser nach wie vor aktuellen persönlichen Bestzeit wurde er damals Zweiter. „Ich möchte am Sonntag mit der ersten Gruppe mitlaufen“, kündigte Guye Adola an. Ein exzellentes Marathon-Debüt lief 2020 Olika Adugna. Nachdem er damals das hochkarätige Rennen in Dubai (VAE) in 2:06:15 Stunden gewonnen hatte, wird er auch am Sonntag in Berlin zu beachten sein.

Zieht Kenenisa Bekele mit Haile Gebrselassie gleich?

Elfmal wurde in der Geschichte des Berlin-Marathons ein Weltrekord gebrochen – so oft wie bei keinem anderen Marathon weltweit. Macht Kenenisa Bekele am Sonntag das Dutzend voll? „Ich habe mich gut vorbereitet, aber es war aufgrund der Pandemie nicht leicht in den letzten zwei Jahren“, erzählte er im Vorfeld.

Befragt nach dem Unterschied zu seinem Berliner Rennen 2019, als er den Weltrekord um Haaresbreite verpasst hatte, sagte der dreifache Langstrecken-Olympiasieger: „Damals war es vorher nicht klar, ob ich so schnell würde laufen können. Jetzt gehe ich mit mehr Zuversicht an den Start und werde mein Bestes geben. Aber es wird am Sonntag noch nicht meine letzte Chance auf den Weltrekord sein, ich möchte noch ein paar Jahre laufen“, sagte der 39-Jährige, der bei seinem ersten Berlin-Sieg 2016 mit 2:03:03 Stunden den damaligen Weltrekord auch nur um sechs Sekunden verpasst hatte. 2017 war er in Berlin dagegen nicht ins Ziel gekommen.

Gelingt es Kenenisa Bekele am Sonntag, den Weltrekord zu brechen, den Kenias Superstar Eliud Kipchoge vor drei Jahren in Berlin aufgestellt hatte, wäre dies auch eine zusätzliche sporthistorische Leistung. Denn nur einem Läufer ist es in der Geschichte der Leichtathletik bisher gelungen, in seiner Karriere Weltrekorde über 5.000 Meter, 10.000 Meter und über die 42,195-km-Distanz aufzustellen. Sein Landsmann Haile Gebrselassie schaffte dies mit seinem Marathon-Weltrekord in Berlin 2007.

Philipp Pflieger und Rabea Schöneborn peilen schnelle Zeiten an

Aus deutscher Sicht möchte Philipp Pflieger (LT Haspa Marathon Hamburg) am Sonntag trotz eines leichten Trainingsrückstandes seine Bestzeit von 2:12:15 Stunden attackieren. Der 34-Jährige musste in der Vorbereitung einige Tage aussetzen, da er sich im Höhentrainingslager in Sestriere (Italien) einen Infekt eingefangen hatte. „Ich bin trotzdem guter Dinge, dass das gute Training die Wochen und Monate zuvor nicht umsonst war und die Form bis zum Renntag wieder zurück ist“, sagte er bei der Pressekonferenz zum Rennen.

Bei den Frauen wird Rabea Schöneborn (LG Nord Berlin) an den Start gehen. Für die 27-Jährige ist der Berlin-Marathon so etwas wie ein perfektes „Trostpflaster“. Die Qualifikation für den olympischen Marathon in Japan hatte sie um Haaresbreite verpasst. Lediglich neun Sekunden fehlten der Berlinerin im April im niederländischen Enschede, wo sie sich auf 2:27:03 Stunden verbesserte. Verdrängt hätte sie im Kampf um die Olympia-Tickets allerdings ihre Zwillingsschwester Deborah Schöneborn, die zuvor 2:26:55 Stunden gelaufen war. So hielt sich die Enttäuschung über die knapp verpasste Olympia-Premiere in familiären Grenzen.

In Berlin wird sie am Sonntag auf hochkarätige Konkurrenz treffen. Als Favoritin geht dabei die Äthiopierin Hiwot Gebrekidan ins Rennen, die im Frühjahr den Mailand-Marathon (Italien) mit der nach wie vor aktuellen Jahresweltbestzeit von 2:19:35 Stunden gewonnen hatte. Die 26-Jährige kündigte bei der Pressekonferenz am Donnerstag sogar eine Jagd auf den Streckenrekord der Kenianerin Gladys Cherono an (2:18:11 h). Und sie dürfte mit einem solchen Tempo wohl auch den äthiopischen Rekord im Blick haben. Diese Bestzeit von 2:17:41 Stunden lief Worknesh Degefa 2019 in Dubai.

Nur sechs Läuferinnen schneller als Rabea Schöneborn gemeldet

Da aber insgesamt nur sechs Läuferinnen schnellere Bestzeiten als Rabea Schöneborn aufweisen, ist für die Berlinerin durchaus eine sehr gute Platzierung möglich. „Ich freue mich sehr, dass ich jetzt in Berlin starten kann. Bisher bin ich ja nur bei reinen Elite-Marathonrennen an den Start gegangen, nun kann ich das erste Mal das Flair eines großen City-Marathons erleben. Ich versuche immer, etwas vorsichtiger anzugehen, um dann möglichst die zweite Hälfte schneller zu laufen. Das ist auch am Sonntag der Plan“, sagte Rabea Schöneborn, die aber trotzdem eine flotte Halbmarathon-Durchgangszeit anstrebt: „Eine Zwischenzeit zwischen 73:10 und 73:20 ist geplant“, sagte Schöneborn, die zusammen mit ihrer Schwester von Detlef Müller trainiert wird.

Da sie für die Olympischen Spiele zunächst als Ersatzläuferin nominiert war und sich auf einen möglichen, kurzfristigen Einsatz vorbereitet hatte, hat Rabea Schöneborn nun ein umfangreiches Training für den Berlin-Marathon in den Beinen. „Ich habe dabei auch das erste Mal ein Höhentraining absolviert. Vier Wochen war ich in St. Moritz und habe die Höhe gut verkraftet.“

Rabea Schöneborn: Von Leistung ihrer Schwester beflügelt

Dass ihre Zwillingsschwester bei den Spielen mit Rang 18 eine Platzierung unter den Top-20 erreichte, beflügelt sie. „Das ist eine große Motivation. Wenn eine von uns das schafft, eine so starke Leistung zu bringen, dann kann die andere das auch“, sagt Rabea Schöneborn. „Es war vorher schwer einzuschätzen, was möglich sein würde. Aber ich war nicht überrascht, dass Debbie so gut lief. Es ist eine Stärke von uns, dass wir uns gut auf schwierige Bedingungen einstellen können. Man muss in solch einem Rennen auch Geduld haben.“

Rabea Schöneborn hat parallel zu ihrer Zwillingsschwester in den letzten zwei Jahren eine starke Entwicklung gemacht und sich in die deutsche Langstrecken-Spitze geschoben. Beide bewegen sich auf einem fast identischen Leistungsniveau. Je länger die Strecken, desto besser sind die Leistungen der Zwillinge.

Im Halbmarathon verbesserte sich Rabea Schöneborn im Februar 2020 in Barcelona (Spanien) überraschend auf 71:40 Minuten. Danach belegte sie bei der hochkarätig besetzten Halbmarathon-WM Rang 54 und gewann mit dem deutschen Team, zu dem auch ihre Schwester zählte, die Bronzemedaille. Darauf folgte im Dezember ein gutes Marathon-Debüt in Valencia (Spanien) mit 2:28:42 Stunden. In diesem Frühjahr zeigte die Berlinerin dann beim Enschede-Marathon die bisher beste Leistung ihrer Karriere: Sie belegte Rang drei in 2:27:03 Stunden. Nach einer weiteren Bestzeit beim Halbmarathon in Berlin vor rund einem Monat (70:35 min) folgt nun der Start beim Berlin-Marathon.

Der Berlin-Marathon wird am Sonntag (26. September) live in der ARD von 9 bis 12 Uhr übertragen. Der rbb überträgt von 9 bis 14 Uhr.

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