Die DLV-Sprinttalente Sophia Junk (LG Rhein-Wied), Corinna Schwab (TV 1861 Amberg), Viktoria Dönicke (LV 90 Erzgebirge) und Denise Uphoff (Sprintteam Wetzlar) wurden am Samstag in Düsseldorf für ihren Staffel-Titel bei der U20-WM in Tampere als Deutschlands "Juniorsportler des Jahres" 2018 (Kategorie Mannschaft) ausgezeichnet. Nach der Sporthilfe-Ehrung sprach das Quartett im Interview über den unfassbaren Erfolg, emotionale Momente und Teamspirit.
Sophia Junk, für dich ist es bereits das zweite Mal, dass du die Auszeichnung gewinnst. Was ist das für ein Gefühl?
Sophia Junk:
Für mich persönlich ist das ein super Gefühl. Ich bin total dankbar dafür. Aber es ist auch für den Deutschen Leichtathletik-Verband eine große Ehre, weil wir den DLV repräsentieren. Letztes Jahr sind wir Weltrekord gelaufen und Europameister geworden. Und 2018 haben wir das fast Unmögliche geschafft, die Amerikanerinnen und Jamaikanerinnen zu schlagen und Weltmeister zu werden. So ein Weltmeister-Titel ist nochmal eine andere Dimension als ein EM-Titel. Es ist unglaublich, bei einer WM ganz oben auf dem Podest zu stehen. Das dauert wie schon beim U20-Weltrekord Monate, bis man das realisiert. Es zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und mit uns auch in Zukunft zu rechnen ist. Zusammen mit den etablierten Sprinterinnen können wir auch bei den Aktiven Großes erreichen.
Das Finale der U20-WM musstet ihr in anderer Besetzung als im Vorlauf bestreiten. Die U20-WM-Vierte über 100 Meter Keshia Kwadwo musste aus muskulären Gründen passen. Wie seid ihr mit der Situation umgegangen?
Sophia Junk:
Wir haben ungefähr drei Stunden vor dem Finale erfahren, dass Keshia nicht starten kann. Corinna und ich sind am selben Tag auch noch das 200-Meter-Finale gelaufen. Das war ohnehin Emotion und Adrenalin pur bei uns. Natürlich war das erstmal ein Schock, dass die schnellste Läuferin ausfällt. Aber Denise hat uns in dem Moment so eine Sicherheit gegeben und gesagt, 'wir rocken das jetzt zusammen und machen es einfach so, wie wir es trainiert haben'. Die neuen Wechsel haben wir vorher nur ein-, zweimal trainiert, haben uns aber gegenseitig vertraut. Als ich gesehen habe, dass Denise das Staffelholz als Schlussläuferin als Erste bekommen hat, habe ich ihr nur noch hinterhergebrüllt. Da wusste ich, dass wir gewinnen. Das war unbeschreiblich. Natürlich wurden uns auf dem Weg zum WM-Titel Steine in den Weg gelegt, aber darauf haben wir uns das ganze Jahr vorbereitet. Unser Dank geht auch an den Verband, die Bundes- und Heimtrainer, die das alles möglich gemacht haben. Wir konnten auch in so einem Moment beweisen, was wir für ein starkes Team sind.
Auch Nadine Hildebrand hat bei der Ehrung in ihrer Laudatio diesen besonderen Team-Spirit in der Staffel angesprochen. Hat Keshia auch als Zuschauerin unterstützend gewirkt?
Sophia Junk:
Auf jeden Fall. Keshia hat sich auch für uns total gefreut und kam nach dem Zieleinlauf direkt auf uns zu. Wir wissen bis heute nicht, wie sie in diese Zone gekommen ist. Wir haben den Sieg zu fünft gefeiert und auch gesagt, dass wir den Titel zu fünft gewonnen haben. Sie hat einen großen Teil dazu beigetragen, weil sie uns durch den Vorlauf gebracht hat. Die Amerikanerinnen haben im gleichen Vorlauf das Staffelholz verloren, die Jamaikanerinnen wurden disqualifiziert.
Denise, du bist als Ersatzläuferin kurzfristig in die Staffel gerückt. Bist du bei der Ehrung gedanklich nochmal bei dem Final-Rennen gewesen?
Denise Uphoff:
Natürlich. Aber vor allem in der Nacht nach dem Rennen habe ich das gedanklich nochmal durchgespielt. Ich finde es so krass und faszinierend, dass wir Weltmeister geworden sind. Man kann das immer noch nicht so richtig glauben. Die Ehrung hat mich nochmal an den Zeitpunkt erinnert, als wir zusammen im Ziel standen und vor Freude geheult haben. Das war so ein besonderer Moment als Mannschaft, den uns niemand mehr nehmen kann. Wirklich toll.
Im Vergleich zu deinen ein Jahr älteren Staffel-Kolleginnen hast du noch ein Jahr in der Jugend vor dir. Was sind deine Pläne?
Denise Uphoff:
Ich will wieder in der Deutschland-Staffel laufen. Ich will mich auf einer Einzelstrecke für die U20-Europameisterschaften in Schweden qualifizieren und mich für die Staffel empfehlen und mein Bestes geben. Die 100 Meter sind meine Favoritenstrecke, aber ich werde es darauf ankommen lassen, wie es in der nächsten Saison über die 100 und 200 Meter läuft.
Viktoria, nach deiner Teilnahme an der U18-EM in Tiflis 2016 hattest du immer wieder mit Verletzungen zu tun. In Tampere hat es endlich wieder mit einem internationalen Einsatz geklappt. Deine Stärke im Sprint ist ein guter Start. Ist es anders mit einem Staffelholz in der Hand zu starten?
Viktoria Dönicke:
Eigentlich nicht. Im Prinzip habe ich die gleiche Aufgaben, ich muss einfach gut und sicher starten. Ich habe das Vertrauen der Mädels bekommen, dafür bin ich sehr dankbar. Ich wusste, was ich kann. Ich war sehr froh, dass es am Ende so gut ausgegangen ist. Die Auszeichnung macht mich extrem stolz. Das letzte Jahr war gar nichts. Dass ich so zurückkomme bin habe ich mir gewünscht und erträumt, aber dass es dann so wahr wird, ist nochmal etwas ganz Besonderes. Ich kann das noch gar nicht fassen, der WM-Titel ist bei mir noch nicht angekommen. Wenn ich daran denke, kommen mir immer wieder die Tränen. Ich bin so vielen Menschen dankbar dafür, dass sie mich unterstützt haben. Ich war schon kurz davor aufzuhören. Umso schöner, dass ich nun so viel zurückbekomme.
Jetzt hast du mit Corinna, die aus Bayern nach Chemnitz gezogen ist, eine neue Trainingspartnerin bekommen. Welche Athleten sind noch in der Trainingsgruppe von Männer-Sprint-Bundestrainer Jörg Möckel? Und wie könnt ihr voneinander profitieren?
Viktoria Dönicke:
In unserer Trainingsgruppe sind noch Rebekka Haase, Marvin Schlegel, Franziska Hofmann, Patrick Elger und Maximilian Grupen. Corinna und ich ergänzen uns eigentlich perfekt. Sie hat ihre Stärke in den Tempoläufen. Dafür habe ich ihr im Kraftraum etwas voraus (lacht). Von daher können wir gut voneinander lernen. Dazu verbindet uns eine Freundschaft.
Corinna, was hat dich zu dem Trainer- und Ortswechsel bewogen?
Corinna Schwab:
Ich habe viel überlegt, weil mir klar war, dass eine Veränderung anstehen muss. Ich wollte mein Training noch mehr professionalisieren. Es gab viele Möglichkeiten. Letztendlich hat mich Jörg Möckel bei einem Gespräch während der EM in Berlin überzeugt. Das Gesamtpaket stimmt in Chemnitz einfach. Viktoria und ich verstehen uns gut und wir freuen uns auf das gemeinsame Training.
Du warst diesen Sommer ja auf ganz vielen Strecken aktiv: Bei der U20-WM bist du in der Staffel die 100 Meter gerannt und warst Sechste im 200-Meter-Finale. Bei der EM in Berlin warst du im Vorlauf für die 4x400 Meter-Staffel im Einsatz. Was ist deine Favoriten-Strecke und wo soll es in Zukunft hingehen?
Corinna Schwab:
Definitiv auf die 400 Meter. Dass ich die 400 Meter in Tampere nicht gelaufen bin hatte seine Gründe. Es war der Situation geschuldet, dass ich bei der DM in Nürnberg die 400 Meter laufen musste, um mich für die EM-Staffel zu qualifizieren. Die DM war schon eine Woche nach der U20-WM in Tampere, wo ich deshalb nur die 200 Meter gelaufen bin. Ein Start über 400 Meter wäre zu viel gewesen. Im Nachhinein war das schon eine riesige Belastung.
Mit dem Staffel-Gold bei der U20-WM und deinem ersten internationalen Start bei den Großen in Berlin muss das ein tolles Jahr für dich gewesen sein...
Corinna Schwab:
Die EM in Berlin war sehr beeindruckend. Das ist eine ganz andere Welt, die man erlebt, man stößt in ganz neue Bereiche vor. Natürlich war es schade, dass ich im Staffel-Finale nicht laufen konnte, aber das hatte mehrere Gründe. Diese Erfahrungen als Jugendliche mitnehmen zu dürfen, ist schon sehr viel wert. Es war zum Beispiel eine ganz andere und viel größere Medienpräsenz als bei Nachwuchsmeisterschaften. Auf diese Erfahrungen kann ich in den nächsten Jahren auf jeden Fall aufbauen.