In diesem Sommer sind so viele DLV-Sprinterinnen pfeilschnell unterwegs wie lange nicht mehr. Die schnellste von ihnen war am Wochenende bei der DM in Kassel auf den 100 Metern Tatjana Pinto (LC Paderborn). In 11,22 Sekunden löste die 23-Jährige das Olympia-Ticket. Im Interview mit leichtathletik.de spricht die Staffel-Europameisterin von 2012 über die ungünstige Vorbereitung auf die Meisterschaften, ihr großes Vertrauen in Trainer Thomas Prange und die weiteren Saisonziele.
Tatjana Pinto, herzlichen Glückwunsch zum Sieg über 100 Meter. Sind Sie mit dem Titel als Ziel nach Kassel gereist?
Tatjana Pinto:
Ganz ehrlich: Ich bin erwartungslos an den Wettkampf rangegangen. Ich hatte im Vorfeld einen grippalen Infekt und lag mit Gliederschmerzen im Bett. Bis Mittwoch wusste ich nicht, ob ich starten kann. Ich habe mich noch schlapp gefühlt. Mein Trainer Thomas Prange hat dann aber gesagt: Es sieht gut aus. Ich habe ihm vertraut und dann ging es auch gut. Dass es so gut läuft, hätte ich nicht erwartet. Früher in meiner Karriere bin ich zum Beispiel mit dem Wind nicht klar gekommen. Heute hat es geklappt. Vor- und Zwischenlauf habe ich laufen lassen, denn drei Läufe an einem Tag schlauchen natürlich. Im Finale habe ich alles gegeben.
Dass eine solche Leistung trotz der Krankheit möglich ist, beweist, dass Sie eine starke Grundlage haben, oder?
Tatjana Pinto:
Genau. Davor die Wochen konnte ich ganz gut trainieren. Es gab das ein oder andere Wehwehchen. Die haben aber nicht groß gestört. Deswegen war es offensichtlich auch nicht so schlimm, dass ich dann krank war. Darüber bin ich sehr erleichtert.
Ist mit dieser Vorstellung auch Ihr Vertrauen in sich selbst als Leistungssportlerin gewachsen? Sie "funktionieren", wenn es darauf ankommt...
Tatjana Pinto:
Ich konnte mich im Vergleich zu den Wettkämpfen in den letzten Wochen gut fokussieren und konzentrieren. Ich habe einfach mein Rennen gemacht. Ich konnte abschalten und einfach machen.
Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften haben Sie schon eine Leistungs-Explosion hingelegt. Konnten Sie davon Richtung Sommer profitieren?
Tatjana Pinto:
Was bei der Hallen-DM passiert ist, werde ich erst nach der Saison so richtig verarbeiten können. Es war grandios. Allerdings ist die Halle etwas anderes als Freiluft. 100 Meter ist noch einmal ein Stückchen länger. Deshalb ging es nach der Hallensaison gleich nahtlos weiter und ich habe eher versucht, alles auszublenden und mich auf die 100 Meter zu konzentrieren.
Was steckt hinter Ihrer guten Form in diesem Jahr?
Tatjana Pinto:
Sehr viel Thomas Prange. Er ist der beste Mann. Er schenkt mir so viel Vertrauen. Auch wenn es mal nicht läuft im Training, gibt er mir das Gefühl, dass es trotzdem gut gehen kann. Er gibt mir sehr viel Ruhe, kennt mich gut und hat das Auge. Ich vertraue ihm zu tausend Prozent.
Das führt dann auch zu einer erfolgreichen Trainingsarbeit...
Tatjana Pinto:
Natürlich bin ich im Winter auch verletzungsfrei geblieben. Ich habe auch die Uni weggelassen. Im Winter und auch jetzt mache ich Urlaubssemester. Diese Kombination macht es aus. Für mich ist es ein riesen Erfolg, dass es bisher so gekommen ist. Das hätte ich mir nicht erträumt.
In Paderborn haben Sie auch eine starke Trainingsgruppe. Welchen Einfluss hat das?
Tatjana Pinto:
Wir sind eine gute Truppe, manchmal auch ein bisschen verrückt. Alle Leistungssportler sind ein wenig verrückt (lacht). Und wir sind vom Leistungsniveau her eine starke Gruppe. Wir sind zu viert im Finale gewesen über 100 Meter. Das spricht für sich und auch für unseren Trainer. Es macht großen Spaß und ich genieße das, seit mittlerweile zwei Jahren zu dieser Gruppe zu gehören.
Auch im DLV ist die Konkurrenz im Sprint groß. Macht das diesen Titel besonders wertvoll?
Tatjana Pinto:
Definitiv. Das ist dieses Jahr eine große Bandbreite. Dann ist es schon viel wert, bei einer Deutschen Meisterschaft vorne mitzulaufen. Dann auch noch zu gewinnen, freut mich riesig.
Wie geht es Richtung EM und Olympia weiter und welche Ziele haben Sie für Amsterdam und Rio?
Tatjana Pinto:
Ich gucke Schritt für Schritt. Erst einmal kommen die Europameisterschaften. Ich werde mein bestes geben, um ein gutes Rennen abzuliefern und schauen, wie weit es damit geht. Dann kommt erst Rio, alles geht Step by Step.
Video: <link video:14241>Tatjana Pinto trotzt starkem Gegenwind