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Josefina Elsler - Mit hohen Zielen und Luft nach oben

Von 11,77 Sekunden und Platz 26 in der DLV-Bestenliste auf 11,33 Sekunden und Platz vier in Deutschland: Josefina Elsler hat sich innerhalb eines Jahres in der nationalen Spitze festgesetzt. Bei den Europameisterschaften in Zürich durfte sie in der Sprintstaffel ran, und das soll keine Eintagsfliege gewesen sein. Auch Bundestrainer Ronald Stein sieht noch Luft nach oben.
Philip Häfner

Dass ihre 11,33 Sekunden aus dem Vorlauf der Junioren-Gala in Mannheim kein Ausrutscher waren, stellte Josefina Elsler (LC Paderborn) in weiteren Rennen unter Beweis. Gleich fünfmal lief die 23-Jährige in dieser Saison schneller als 11,40 Sekunden; ihre 18 (!) besten Ergebnisse stammen allesamt aus diesem Sommer. Der Lohn: die Nominierung für die EM-Staffel, wo sich Elsler als Startläuferin im Vorlauf schadlos hielt. Der verpatzte Wechsel passierte erst, als sie ihre Arbeit schon erledigt hatte.

Bundestrainer Ronald Stein sieht noch Luft nach oben. „Natürlich darf man nicht erwarten, dass sie sich jetzt jedes Jahr um mehrere Zehntel verbessert. 11,20er-Zeiten halte ich für die Zukunft aber auf jeden Fall für möglich“, sagt er.

Damit wäre Elsler eine Kandidatin auf einen Einzelstart bei den Weltmeisterschaften 2015 in Peking (China). Die Norm steht noch nicht fest, aber sie dürfte ähnlich sein wie vor einem Jahr in Moskau (Russland), als für das WM-Ticket 11,25 Sekunden gefordert wurden. „Ich greife die Norm an“, sagt die Sprinterin vom LC Paderborn. „Man muss sich hohe Ziele setzen, wenn man etwas erreichen will.“

Training mit Tatjana Pinto

Zugutekommen soll ihr dabei eine zusätzliche Einheit mit der Deutschen 100-Meter-Meisterin Tatjana Pinto (LG Brillux Münster) und Elslers Vereinskollegin Inna Weit. Von Oktober an treffen sich die drei Sprinterinnen einmal pro Woche in Dortmund, um gemeinsam zu trainieren. „Davon kann sie nur profitieren, weil sich dann alle drei gegenseitig pushen“, sagt Ronald Stein. Bislang trainierte Josefina Elsler weitestgehend allein in Köln. Ihr Trainer Thomas Prange schaut höchstens einmal pro Woche aus Paderborn vorbei.

Es ist eine Situation, wie sie Elsler bereits aus ihrer Jugend kennt. Die 23-Jährige stammt aus Flensburg – einer Stadt, in der Handball über allem steht. Auch ihre Geschwister spielten Handball, „aber ich hatte nie wirklich Lust auf eine Ballsportart und auch nicht das Talent dafür“, sagt Josefina Elsler.

Stattdessen begann sie mit Leichtathletik. Weil es in Flensburg jedoch keinen passenden Trainer gab, begab sie sich in die Obhut von Sören Kuhn, der in der Nähe von Hamburg beim SC Rönnau 74 tätig war. Mit seinen Trainingsplänen schaffte sie es bis in die U20-Nationalmannschaft.

Bahn statt Bob

Nach dem Abitur nahm sich Elsler eine Auszeit vom Sport und zog nach Köln um, wo sie erst ein Praktikum am Schauspielhaus absolvierte und dann an der Deutschen Sporthochschule ein Lehramtsstudium begann. Gleichzeitig begann sie wieder mit der Leichtathletik, allerdings eher nebenbei. Fast wäre sie sogar als Anschieberin beim Bobsport gelandet, doch Thomas Prange erkannte ihr Sprinttalent und überredete sie, es noch einmal ernsthaft mit der Leichtathletik zu versuchen.

Elslers Geheimrezept für schnelle Zeiten? „Das gibt es nicht, außer dass ich einfach trainiert habe“, sagt sie. Auf den zweiten 50 Metern zählt die kraftvolle Sportlerin schon zu den Besten im DLV-Lager. Wenn sie erst einmal ins Rollen kommt, ist sie schwer zu bezwingen. Ihr Start und die ersten 50 Meter sind hingegen noch ausbaufähig. „Daran muss ich in der Vorbereitung dringend arbeiten“, weiß die Paderbornerin.

Die Jungen fordern die Arrivierten

Die rasante Leistungsentwicklung von Josefina Elsler und auch die jüngsten Erfolge von Nadine Gonska (MTG Mannheim) und der Deutschen 200-Meter-Meisterin Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) haben Bewegung in den Sprint gebracht. Die Konkurrenz ist so groß wie schon lange nicht mehr, selbst etablierte Läuferinnen wie Yasmin Kwadwo (MTG Mannheim) oder Inna Weit bangen mittlerweile um ihren Status. „Jetzt müssen die Alteingesessenen die Konkurrenz annehmen und sich ebenso weiterentwickeln“, fordert Ronald Stein.

Die Situation erinnert an die DLV-Männer, bei denen die Leistungsdichte zuletzt ebenfalls stark zugenommen hat – mit dem deutschen Rekord durch Julian Reus (TV Wattenscheid, 10,05 sec), dem fünften Platz bei den Europameisterschaften von Lucas Jakubczyk (SCC Berlin) und der EM-Silbermedaille mit der Staffel als vorläufigen Höhepunkten. „Wir haben mittlerweile so viele gute Sprinter, dass sich niemand auf seiner Leistung ausruhen kann“, sagt Ronald Stein. „Eine ähnliche Entwicklung erhoffe ich mir jetzt auch für die Frauen.“

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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