Knapp vier Jahre nachdem sie mit der U20-Nationalstaffel den Weltrekord in dieser Altersklasse knackte, ist Sprinterin Jennifer Montag auch bei den Aktiven in der deutschen Spitze angekommen. Der Weg ins Finale der Hallen-EM war ein Reifeprozess für die 23-Jährige. Gestärkt von Erfolgserlebnissen, arbeitet die Leverkusenerin nun darauf hin, ihren Traum von einem Olympiastart zu verwirklichen.
Ereignisreiche Wochen liegen hinter Sprinterin Jennifer Montag: Insgesamt 18 Mal ist die schnelle Athletin aus Leverkusen seit Mitte Januar über 60 Meter an den Start gegangen – Vorläufe inbegriffen. Drei der 18 Läufe absolvierte sie bei der Hallen-EM in Torun (Polen), wo sie zum ersten Mal im Einzel ein internationales Finale erreichte und in 7,29 Sekunden auf den siebten Platz sprintete.
Viel Zeit ist vergangen, seit Jennifer Montag Ende Juli 2017 im italienischen Grosseto mit dem Staffelstab über die Ziellinie lief. Als Schlussläuferin der 4x100-Meter-Staffel feierte sie damals gemeinsam mit Katrin Fehm (LG Telis Finanz Regensburg), Keshia Kwadwo (LC Paderborn) und Sophia Junk (LG Rhein-Wied) U20-EM-Gold und einen im Vorlauf aufgestellten U20-Weltrekord. Damals war Jennifer Montag als einzige der vier Athletinnen nicht mit Einzel-Edelmetall dekoriert – im Halbfinale war Endstation gewesen, wie auch zwei Jahre später bei der U23-EM in Gävle (Schweden), wo das deutsche Quartett in etwas anderer Besetzung ebenfalls Staffelgold holte.
„Ich bin erwachsen geworden“, sagt Jennifer Montag über die knapp vier Jahre seit dem 4x100-Meter-Triumph in Grosseto. Sie habe seither gelernt, auf ihren Entwicklungsprozess zu achten, an Verbesserungen zu glauben. Der Erfolg gibt ihr recht: In jedem der 18 60-Meter-Rennen des vergangenen Winters unterbot die 23 Jahre alte Athletin die Bestzeit von 7,36 Sekunden, die sie in die Hallensaison mitgebracht hatte. Am schnellsten sprintete sie bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund: 7,19 Sekunden brachten ihr Rang zwei und die erste DM-Podestplatzierung im Erwachsenenbereich ein.
Professionelleres Umfeld und kontinuierliches Training
Als Schlüssel zum Erfolg sieht Jennifer Montag eine verletzungsfrei verlaufene Freiluftsaison 2020 – in der „Late Season“ hatte sie bereits mit einer Bestleistung von 11,23 Sekunden und Platz vier bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig auf sich aufmerksam gemacht. Zudem hat die Sprinterin ihr Umfeld weiter professionalisiert: Ein Management unterstützt sie mittlerweile, seit vergangenem Sommer arbeitet die 23-Jährige überdies mit einer Sportpsychologin zusammen. „Dadurch bin ich mental stärker geworden“, berichtet sie.
Zudem kann die Deutsche U23-Meisterin von 2018 auch der Corona-Krise etwas Positives abgewinnen. Das Jahr 2020 brachte ihr ein wenig mehr Ruhe und den Fokus auf kontinuierliches Training: "Wir haben im Training gar nichts umgestellt, sondern konnten einfach ohne Beschwerden unseren Weg gehen.“
Trainerwahl als Familientradition
Wir – das beschreibt in erster Linie die Zusammenarbeit mit Trainer Hans-Jörg Thomaskamp. Bereits 2014 war Jennifer Montag, damals noch als Weitspringerin, in die Trainingsgruppe des heutigen Hochsprung-Bundestrainers der Männer gewechselt. Er war für sie kein Unbekannter: „Meine beiden Eltern haben unter ihm trainiert, meine Mutter als Sprinterin, mein Vater als Sprinter und Weitspringer. Mein Trainer hat schon ganz früh gesagt: Wenn ich mal Richtung Leistungssport gehe, möchte er mich auch trainieren“, erzählt die Athletin.
Seither gehen Jennifer Montag und Hans-Jörg Thomaskamp den Weg in Richtung deutsche Spitze gemeinsam. Aufgrund von Verletzungen wechselte die U23-EM-Halbfinalistin vom Weitsprung zum Sprint. In der Leverkusener Trainingsgruppe, der hauptsächlich Springer angehören, führt sie allerdings weiterhin auch Sprungtraining durch. „Wir trainieren ein bisschen anders als andere Gruppen, weil wir eigentlich eine Sprunggruppe sind“, sagt Jennifer Montag. Das Trainingsprogramm variiert zwischen Sprinteinheiten, Kraft- und Sprungtraining sowie Tempoläufen.
Aktuell ist Montag die einzige Sprinterin in der Gruppe, in der Vergangenheit zählten aber Aleixo-Platini Menga (TSV Bayer 04 Leverkusen) und einige Para-Sprinter zu ihren Trainingskollegen. Ebenfalls mit von der Partie: Jennifer Montags Freund Mateusz Przybylko, amtierender Hochsprung-Europameister. Das Paar unterstützt sich gegenseitig, Erfolge ihres Freundes spornen Jennifer Montag an – und umgekehrt. „Matze hat seine größten Erfolge gefeiert, als ich noch nicht in der deutschen Spitze war. Da habe ich mir schon gedacht: ‚Ob ich auch mal so sein werde?‘ Mich hat das sehr gepusht“, verrät sie.
Erfolgserlebnisse machen Mut für Olympiatraum
Nach ihrem Finalerfolg in Torun hofft Jennifer Montag nun darauf, sich im Sommer in Tokio (Japan) den Traum von einer Olympiateilnahme erfüllen zu können. Bereits in den vergangenen Jahren hat sie sich an internationale Meisterschaften herangetastet: 2018 beim World Cup in London (Großbritannien) und 2019 bei der Team-EM hat sie, jeweils mit der Staffel, erste Erfahrungen im Erwachsenenbereich gesammelt, dazu kommen ihre Erfolge bei Nachwuchsmeisterschaften. Bei der WM 2019 in Doha (Katar) noch als Ersatzläuferin mit von der Partie, träumt sie nun davon, in Tokio zum Einsatz zu kommen. Auch einen Einzelstart hält die Leverkusenerin für möglich. 11,15 Sekunden wären dafür gefordert – nicht weit weg von ihrer aktuellen Bestzeit.
Ihre Erfolge bringen auch höhere Ansprüche an ihre Leistung mit sich. Für Jennifer Montag kein Problem: „Ich merke, dass ich besser geworden bin, das empfinde ich als positiv. Ich achte darauf, mich zurückzunehmen. Natürlich habe ich unterbewusst höhere Erwartungen an mich als früher, aber der Druck soll nicht zu hoch werden.“ Ohne Druck, dafür aber mit der Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein, arbeitet sie auf ihre Ziele hin. Und möchte sich für die harte Arbeit mit Erfolgen belohnen.