Bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom läuft der Äthiopier Abebe Bikila zu Marathon-Gold – ohne Schuhe. Auch 60 Jahre später ist diese Leistung ein beachtlicher Erfolg und Barfußlaufen zum Trend geworden. Doch wie gesund ist es wirklich?
Es ist schon dunkel in Rom (Italien), als der frühere Schafhirte Abebe Bikila am 10. September 1960 bei den Olympischen Spielen barfuß zu Marathon-Gold läuft. Mit seinem Triumph vor 60 Jahren auf dem Kopfsteinpflaster der Via Appia Antica in der Ewigen Stadt beschert der Äthiopier seinem Land die erste Olympia-Medaille und schreibt damit Sportgeschichte. Auch heutzutage ist diese Leistung ein beachtlicher Erfolg – und Barfußlaufen zum Trend geworden.
Abebe Bikila blieb nicht der einzige Sportler, der ohne Schuhe für sportliches Aufsehen sorgte. Auch die südafrikanische Langstreckenläuferin Zola Budd wurde weltberühmt, als sie 1984 mit 17 Jahren barfuß einen Weltrekord über 5.000 Meter aufstellte. Doch nicht nur Profisportler haben das Laufen auf der blanken Sohle für sich entdeckt und damit große Erfolge gefeiert. Seit einigen Jahren erfreut sich das Barfußlaufen steigender Beliebtheit.
Schuhe als Störmechanismus
Evolutionsgeschichtlich sind menschliche Füße für das Barfußgehen konstruiert. Allerdings haben sie durch den permanenten Mangel an Belastungsvielfalt einiges ihrer ursprünglichen Kompetenz verloren. Ihre Belastbarkeit ist beim modernen, schuhtragenden Menschen nicht mehr dieselbe wie früher.
Der Schuh sei prinzipiell ein „Störmechanismus“ zwischen Mensch und Umwelt, sagt Björn Braunstein vom Institut für Biomechanik und Orthopädie der Deutschen Sporthochschule Köln: „Er stört einerseits das Bewegungsempfinden und hat das Potenzial, die Körperhaltung zu verändern. Andererseits hat der Schuh natürlich eine wichtige protektive und gesellschaftliche Wirkweise.“
Barfußlaufen stärkt die Fußmuskeln und steuert Fehlstellungen entgegen. Der bewusste Bodenkontakt verbessert zudem die sinnliche Wahrnehmung. Eine starke Fußmuskulatur lässt Sportler nicht nur länger und schneller laufen, sondern nutzt dem ganzen Körper und damit dem Wohlbefinden.
Abebe Bikila auch mit Schuhen erfolgreich
Aus biomechanischer Sicht sei der barfüßige Marathon-Triumph von Abebe Bikila heute nicht mehr denkbar, sagt Björn Braunstein. Denn das Tragen von modernen Laufschuhen bietet aufgrund der erhöhten Steifigkeit im Vorfußbereich in der Abdruckphase einen mechanischen Vorteil.
Seinen überraschenden Erfolg von Rom konnte Abebe Bikila vier Jahre später wiederholen – diesmal mit Schuhen. Bei den Sommerspielen 1964 in Tokio (Japan) lief er in der damaligen Rekordzeit von 2:12:11 Stunden erneut zum Sieg und feierte als erster Langstreckenläufer der Welt das olympische Gold-Double über die klassischen 42,195 Kilometer. Das gelang nach ihm nur noch Waldemar Cierpinski aus Halle/Saale, der 1976 und 1980 triumphierte.
Seinen sportlichen Ruhm konnte Abebe Bikila nicht lange genießen. 1969 erlitt er einen schweren Autounfall, in dessen Folge er querschnittsgelähmt war. Am 25. Oktober 1973 starb der wohl berühmteste Barfußläufer der Welt im Alter von nur 41 Jahren an einer Hirnblutung.