| Deutsche Meisterschaften

Experten sind sich einig: Auch vor leeren Rängen sind Top-Leistungen möglich

Die Deutschen Meisterschaften in Braunschweig werden in diesem Jahr aufgrund der Corona-bedingten Maßnahmen erstmals ohne Zuschauer stattfinden. In einer Gesprächsrunde zeigten sich am Montag verschiedene Experten um DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska davon überzeugt, dass die sportlichen Leistungen auch unter den veränderten Rahmenbedingungen hochklassig sein werden.
Nicolas Walter

Es wird für Athleten und Zuschauer ein ungewohntes Bild sein. Die Deutschen Meisterschaften am 8./9. August in Braunschweig müssen wegen der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Hygiene-Maßnahmen erstmals ohne Zuschauer stattfinden. Doch dass dies nicht automatisch zu schlechteren sportlichen Leistungen führt, zeigten am Montag Experten aus den Bereichen Leichtathletik und Fußball in einer Gesprächsrunde auf.

Im Rahmen des Online-Kurses "Spitzensport in außergewöhnlichen Zeiten" diskutierten Professor Dr. Hans-Dieter Herrmann, Psychologe der deutschen Fußballnationalmannschaft, Professor Dr. Jan Mayer, Psychologe des Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim, DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska, DLV-Chef-Bundestrainerin Annett Stein, Prof. Dr. Rainer Knöller, Head Of Science des DLV sowie DLV-Psychologin Tanja Damaske über das Thema "Wettkämpfe ohne Zuschauer".

Zur Vorbereitung an Jugend-Jahre zurückerinnern

Dass hochklassige sportliche Leistungen auch vor leeren Rängen möglich sind, haben jüngst die Geister-Spiele der Fußball-Bundesliga in den vergangenen Wochen gezeigt. „Es wurde teilweise sehr guter Fußball gespielt, es waren viele tolle Spiele dabei“, sagte Professor Dr. Hans-Dieter Herrmann.

Für den ein oder anderen Sportler könnten sich Wettkämpfe ohne Publikum gar befreiend anfühlen, wie der DFB-Psychologe weiter erklärte: „Ich habe auch mit einigen Sportlern zusammengearbeitet, die mir gesagt haben, dass sie Wettkämpfe ohne Zuschauer als weniger stressend empfinden. Diese Situation ist also nicht für jeden negativ.“

DLV-Psychologin Tanja Damaske rief die Athleten dazu auf, sich für die optimale DM-Vorbereitung gedanklich wieder an die eigenen Jugend-Jahre zurückzuerinnern. „In der Jugend wächst man damit auf. Man kennt das nicht mit den vollen Stadien und ist es gewohnt, auch im leeren Stadion Leistung zu erbringen. Vielleicht ist das eine Möglichkeit damit umzugehen – quasi „back to the roots“ – so wie man das auch als Jugendlicher gemacht hat.“

Annett Stein: „Die Athleten werden sich gegenseitig anfeuern und unterstützen“

DLV-Chef-Bundestrainerin Annett Stein kann sich gut vorstellen, dass die Leichtathleten in diesem Jahr noch familiärer miteinander umgehen werden: „Die Deutschen Meisterschaften ohne Zuschauer werden besondere Meisterschaften sein. Aber ich glaube, dass es uns gelingen wird, die Zuschauer zumindest ein bisschen durch die Teilnehmer zu ersetzen. Besonders in den technischen Disziplinen werden sich die Athleten gegenseitig anfeuern und unterstützen“, sagte sie.

Prof. Dr. Jan Mayer sieht in dieser familiären Umgebung ebenfalls Vorteile. „Vielleicht werden jetzt sogar individuelle, persönliche und motivierende Botschaften wahrgenommen – das kann eine ganze neuen Qualität haben“, sagte er. Generell ist der Psychologe der TSG Hoffenheim davon überzeugt, dass sehr gute sportliche Leistungen auch vor leeren Rängen abgerufen werden können. „Top-Leistungen sind auch in solch außergewöhnlichen Zeiten möglich.“

Idriss Gonschinska: „Gute Ausgangsposition für spannende Duelle“

DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska zeigte sich mit den bisherigen Leistungen der deutschen Leichtathleten vor leerem Zuschauerrängen zufrieden: „Wir hatten in den letzten Wochen die ersten Wettkämpfe, Leistungsdiagnostiken und virtuellen Duelle und haben dabei bereits wirklich gute Leistungen gesehen.“

Der DLV-Generaldirektor verweist im Hinblick auf die DM zudem auf weitere Aspekte: „Die Athleten und Trainer sind froh, dass sie sich jetzt wieder in Wettkämpfen herausfordern und entwickeln können. Konkrete Ziele und Orientierung sind für die Motivation extrem wichtig. Wir haben derzeit zudem deutlich weniger verletzte Athleten als zu vergleichbaren Zeiträumen in den letzten Jahren, was Ausdruck eines gelungenen Umgangs mit der schwierigen Situation der vergangenen Monate ist und vermutlich auch mit einer gewissen mentalen Entschleunigung zu tun hat. Das ist eine gute Ausgangsposition für spannende Duelle bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig.“

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