| Interview der Woche

Laura Dahlmeier: "Bei der Berglauf-WM gebe ich 100 Prozent"

Die Doppel-Olympiasiegerin im Biathlon Laura Dahlmeier geht in einem Monat bei den Berglauf-Weltmeisterschaften in Villa la Angostura (Argentinien; 15./16. November) an den Start. Für die 26-Jährige ist es ein spannendes Abenteuer in die Anden zurückzukehren: Die leidenschaftliche Kletterin war im Sommer 2017 schon zur Olympia-Vorbereitung auf Berg-Tour in Südamerika. Im Interview verrät die ehemalige Profi-Wintersportlerin, wie sie bei der WM von ihrer Biathlon-Karriere profitieren kann, mit welcher Motivation sie ins Rennen geht und ob sich Berglauf-Meisterschaften auch in Zukunft mit ihrer neuen Freiheit verbinden lassen.
Pamela Lechner

Laura Dahlmeier, der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) freut sich sehr, dass Sie bei der Berglauf-WM in Argentinien antreten. Als Garmisch-Partenkirchenerin haben Sie die Berge als vertrautes Gelände quasi vor der Haustüre. Sind die Berge Ihre große Leidenschaft?

Laura Dahlmeier:

Auf jeden Fall. Ich komme aus Garmisch-Partenkirchen und bin dort aufgewachsen. Beim Blick aus dem Fenster sehe ich die Berge. Wenn ich gefragt werde, wann ich mit dem Trail-Running angefangen habe, dann gibt es dafür keinen bestimmten Zeitpunkt, weil ich schon immer in den Bergen unterwegs war. Es ist für mich eine ganz natürliche Fortbewegungsart. In meiner Freizeit gehe ich im Sommer unheimlich gerne zum Klettern in die Berge und im Winter auf Ski-Touren. Die Berge sind meine Spielwiese.

Haben Sie während Ihrer Biathlon-Karriere auch regelmäßig Bergläufe gemacht, gehörte das zum Trainingsprogramm?

Laura Dahlmeier:

Das Sommer-Training im Biathlon war relativ allgemein gestaltet. Bis August standen Lauf-Einheiten regelmäßig auf dem Trainingsplan – teilweise als längere Touren mit Bergläufen und Trail-Runs bergauf und bergab. Manchmal dienten die Trail-Läufe auch als regenerative Einheit, eine Stunde locker ausjoggen.

Bei den Bergläufen werden bis zu 50 Kilometer zurückgelegt und man ist vier bis fünf Stunden im Gelände unterwegs, also eine extreme Anstrengung. Läuft man die Strecke kontinuierlich durch oder gibt es auch Abschnitte auf denen man nur geht?

Laura Dahlmeier:

Ein Berglauf über so lange Distanzen ist für mich auch noch Neuland. Unsere Wettkampf-Zeiten beim Biathlon haben sich immer zwischen 15 und 45 Minuten bewegt. Man kann bei einem Berglauf über vier Stunden natürlich nicht mit der gleichen Intensität laufen. Wenn es viele Anstiege und Downhills gibt, bin ich eine Athletin, die bergauf immer wieder geht. Bei den letzten Rennen hatte ich auch meine Stöcke dabei, so dass ich meine Armmuskulatur einsetzen konnte. Das ist eine Bewegung, die dem Langlaufen nahe kommt. Es ist über die lange Strecke wichtig, einen Belastungs- und Rhythmuswechsel reinzubringen. Wenn die Anstiege sehr steil sind, ist es deutlich ökonomischer zu wandern oder zu Fuß zu gehen und nicht auf Teufel komm raus durchzulaufen.

Die Berglauf-WM findet in den Anden statt. Sie haben in Südamerika bereits Berg-Touren gemacht...

Laura Dahlmeier:

Ich war vor den Olympischen Spielen, sprich im Sommer 2017, in Peru in der Cordillera Blanca zum Bergsteigen, unter anderem am Alpamayo. Das war eine richtig coole Zeit. Wir waren knapp vier Wochen da. Es war mehr richtiges Bergsteigen mit alpinen Zielen und weniger Wandern und Laufen. Dabei war ich auch auf einem 6.000er. Ich habe Erfahrung mit der Höhe, dem Kontinent und den Menschen vor Ort. Das war eine superspannende Zeit mit sehr interessanten Erfahrungen. Die ganzen bunten Farben, die aufgeschlossenen Menschen und die Kultur haben mich fasziniert. Ich hatte immer Bock, mal wieder nach Südamerika zurückzukommen. Gerade Patagonien ist zum Klettern sehr bekannt. Als ich hörte, dass die WM in Patagonien in den Anden stattfindet, war das für mich eine doppelte Motivation.

Wie unterscheidet sich das Terrain im Vergleich zu den Alpen?

Laura Dahlmeier:

Das wird spannend. Das kann ich auch noch nicht so genau beantworten. Von der Höhenlage ist es relativ identisch mit Garmisch. Bei der Berglauf-WM ist die Ausgangshöhe 800 Meter, Garmisch liegt auf 700 Meter. Von daher ist die Umstellung nicht allzu groß. Ob es besonders schroff oder felsig oder schneereich ist, davon muss ich mich selbst überraschen lassen. Ich war selbst noch nicht vor Ort. In Argentinien ist es Frühjahr und es hat dort einen sehr schneereichen Winter gegeben, wie ich mitbekommen habe. Ich habe mich natürlich bei meinen Kollegen aus dem Alpin-Bereich schon etwas informiert (lacht). Es kann sein, dass wir noch auf das ein oder andere Schneefeld treffen. Aber mit Schnee habe ich ja bekanntermaßen keine Probleme.

Jetzt waren Sie immer im Renn-Anzug des Deutschen Ski-Verbandes unterwegs, wie aufregend ist es nun bald das Nationaltrikot einer Sommersportart zu tragen?

Laura Dahlmeier:

Deutschland international vertreten zu dürfen, ist immer etwas sehr Besonderes. Mit Sommersportarten habe ich, bis auf das, was ich aus dem Fernsehen kenne, noch keine Erfahrung. Ich gehe es locker an und nehme es, wie es kommt. Ich bin schon gespannt auf die Einkleidung.

In den Lauf-Disziplinen der Leichtathletik legen sich die Läufer immer eine Taktik zurecht. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Laura Dahlmeier:

Die genaue Taktik habe ich noch nicht festgelegt. Bei so einem langen Rennen kommt es darauf an, vom Kopf her cool zu bleiben und seinen eigenen Rhythmus zu finden. Ich war schon immer die Sportlerin, die nicht zu schnell angeht. Im Berglauf bin ich noch nie gegen internationale Top-Konkurrenz gelaufen. Die WM kann man mit dem Niveau meiner letzten Läufe in Bayern nicht vergleichen. Deshalb muss ich schauen, ob ich das Tempo der Konkurrenz mitgehen kann. Ich glaube, es ist wichtig, am Anfang noch nicht zu viele Körner zu verschießen und bis zum Schluss mit genügend Reserven unterwegs zu sein.

In den vergangenen Jahren waren Sie erfolgreiche Profi-Sportlerin, haben jahrelang täglich sehr hart trainiert. Wie war das in diesem Sommer nach ihrem Karriereende und in den letzten Monaten? Wie intensiv haben Sie trainiert und Sport gemacht im Vergleich zu Ihrer Zeit als Biathletin?

Laura Dahlmeier:

Ich war unheimlich glücklich im Frühjahr, als ich mein Karriereende bekannt gegeben habe. Ich muss nicht mehr täglich trainieren und habe deutlich mehr Freiheit. Ich kann selbstbestimmt entscheiden, was ich wann wo mache. Das habe ich sehr genossen, ich war viel beim Klettern, mit dem Rad unterwegs und in den Bergen. Das ging alles nach Gefühl, Lust und Laune und Wetter. Ich habe mir auch keine großen Pläne gemacht. Und trotzdem: Wenn ich jetzt zurückblicke auf das, was ich trainiert habe, war es vom Umfang her doch gar nicht so wenig. Und es waren auch Intensitäten dabei. Man denkt immer, wenn man die Freiheit hat, dann macht man alles ganz anders. Aber in der Realität weicht es dann doch nicht so viel von dem ab, wie es vorher war. Aber ich habe schon weniger trainiert und vor allem nicht ausgerichtet auf ein bestimmtes Ziel.

Für die Berglauf-WM wollen Sie sich auch kein bestimmtes Ziel setzen und nicht wie beim Biathlon immer auf Sieg laufen. Was ist stattdessen Ihre Motivation?

Laura Dahlmeier:

Ich kann überhaupt nicht sagen, wo ich im internationalen Vergleich stehe. Ich habe auch nicht jahrelang auf dieses Ziel hingearbeitet, das kam sozusagen über Nacht zu mir. Meine Motivation ist, mein Bestes zu geben. Es ist etwas ganz Besonderes, ich habe an so einer Meisterschaft noch nie teilgenommen. Ich werde mich zu 100 Prozent reinhängen. Ich glaube, das Terrain liegt mir nicht schlecht. Ich bin als Sportlerin relativ fit für so etwas. Und ich profitiere natürlich noch sehr von dem Training und den Wettkämpfen der letzten Jahre. Davon habe ich eine sehr breite Basis. Für mich ist es super aufregend und spannend in eine neue Sportart reinzuschnuppern. Mich auf einem anderen Kontinent mit den Besten der Welt des Trail-Runs messen zu dürfen, ist eine große Motivation.

Können Sie sich vorstellen, auch in den nächsten Jahren an internationalen Berglauf-Meisterschaften teilzunehmen?

Laura Dahlmeier:

Prinzipiell bin ich dafür relativ offen. Wie es mir tatsächlich gefällt, bleibt abzuwarten. Ich habe mit dem Biathlon aufgehört, weil ich aus dem Leistungssport rauswollte, raus aus dem harten Trainingsalltag und dem Druck, tagtäglich Leistung abliefern zu müssen. Ich kann es mir daher nicht vorstellen, sofort in den nächsten Leistungssport einzusteigen. Wobei ich gemerkt habe, dass sich der Berglauf auf ein paar wichtige Rennen pro Saison konzentriert. Das ist ein Riesen-Unterschied zum Biathlon-Bereich, wo wir rund 40 Rennen pro Winter in vier Monaten hatten. Das war schon ein brutal hohes Pensum. Das wäre für mich in der Zukunft so nicht mehr realisierbar. Ich habe beruflich noch einige Projekte vor. Den einen oder anderen Lauf mitzumachen, kann ich mir gut vorstellen. Ob ich nochmal für eine WM oder EM nominiert werde, wird sich jetzt durch meine Leistungen zeigen.

Mehr:

DLV nominiert Laura Dahlmeier für Berglauf-WM in Argentinien

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