Er ist amtierender Hallen-Welt- und -Europameister über 400 Meter. Kein Wunder also, dass der Tscheche Pavel Maslak das Gesicht der Titelkämpfe am Wochenende in Prag ist. Am Samstag greift der große Favorit nach Gold. Im Interview sprach der 24-Jährige zuvor über sein Training, seine Ziele für die Hallen-EM und die Europarekorde von Thomas Schönlebe.
Pavel Maslak, was denken Sie: Wann ist letztmals ein Deutscher die 400 Meter unter 45 Sekunden gelaufen?
Pavel Maslak:
In der Halle noch niemals. Im Freien kann ich mich ehrlich gesagt nicht daran erinnern.
Ich kann es Ihnen sagen: Es war Ingo Schultz am 20. September 2002 beim Weltcup in Madrid mit 44,86 Sekunden. Damals waren sie elf Jahre alt.
Pavel Maslak:
So lange ist das ja auch noch nicht her.
Für ein Land wie Deutschland mit einer großen 400-Meter-Tradition sind mehr als zwölf Jahre schon ein beängstigend langer Zeitraum. Können Sie Ihren deutschen Kollegen nicht ein paar Tipps geben, wie man als Europäer auf den 400 Metern international konkurrenzfähig wird?
Pavel Maslak:
Soweit ich es aus der Ferne beurteilen kann, sind die Trainer und die ganze Leichtathletik in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau. Aber speziell auf den 400 Metern muss man auch das harte Training ertragen können.
Wie oft trainieren Sie denn in der Woche und wie sieht bei Ihnen ein richtig hartes Trainingsprogramm aus?
Pavel Maslak:
Wenn ich im Trainingslager bin, komme ich auf neun Einheiten pro Woche. Ein hartes Tempoausdauerprogramm, das ich regelmäßig absolviere, sind 3x3x300 Meter. Meine Bestleistung – bezogen auf die Durchschnittszeit für die neun Läufe – steht bei 39,73 Sekunden.
Sie haben Ihre Karriere als 100- und 200-Meter-Sprinter begonnen. Warum haben Sie sich schon mit 21 Jahren zum Umstieg auf die Stadionrunde entschieden?
Pavel Maslak:
Das war mit meinem Trainer Dalibor Kupka langfristig so geplant. Uns war klar, dass ich auf den 400 Metern größere internationale Chancen haben würde. Darum haben wir im Olympiajahr 2012 den Umstieg gewagt.
Können Europäer bei großen Meisterschaften die Viertelmeiler aus den USA und der Karibik schlagen?
Pavel Maslak:
Ja, jeder ist besiegbar. Auch die starken Läufer aus Übersee.
Sie sind amtierender Hallen-Welt- und -Europameister und ganz nebenbei das Gesicht der Hallen-Europameisterschaften in Prag. Ist das eine besondere Belastung?
Pavel Maslak:
Das denken vielleicht Außenstehende über meine Situation. Ich bin aber eher der stoische Typ und fühle diese Belastung gar nicht.
Gehen Sie eher voller Vorfreude oder nervös in die EM-Rennen?
Pavel Maslak:
Ganz klar voller Vorfreude. Ich will die Läufe genießen und die bestmögliche Zeit erzielen.
Aber am Wochenende werden wahrscheinlich 10.000 Menschen Ihren Namen brüllen …
Pavel Maslak:
... das wird ein super Gefühl, es wird mich zusätzlich pushen. Ich freue mich!
Tschechien hat nur rund 10,5 Millionen Einwohner, bringt aber immer wieder Ausnahmeathleten hervor. Beispielsweise Jan Zelezny, Barbora Spotakova, Roman Sebrle, Tomas Dvorak, Zuzana Hejnova oder die junge Geherin Anezka Drahotova. Spielt die Leichtathletik in Tschechien noch eine große Rolle in der Gesellschaft?
Pavel Maslak:
Die Menschen in Tschechien verfolgen die Leichtathletik und zollen den erfolgreichen Athleten Respekt. Die Rolle der Sportart könnte aber größer sein. So wie in vielen anderen Ländern auch.
Sie sind vor zehn Tagen bei den Tschechischen Meisterschaften 45,27 Sekunden gelaufen, nur 22 Hundertstel fehlten zum Europarekord von Thomas Schönelebe. Werden Sie sich den Rekord bei der Hallen-EM schnappen?
Pavel Maslak:
Ich werde es probieren. Es ist mein Ziel, in Prag diesen Rekord zu brechen. Leicht wird es aber nicht, da es eine Klassezeit ist. Nicht umsonst hat die Marke schon seit mehr als 25 Jahren Bestand.
Sie sind Anfang Februar beim Meeting in Chemnitz gestartet, dort ist Thomas Schönlebe Meetingdirektor. Hat er Ihnen etwas mit auf den Weg gegeben?
Pavel Maslak:
Er hat mir alles Gute gewünscht, aber nichts Konkretes mit auf den Weg gegeben.
Ihre Freiluftbestzeit steht bei 44,79 Sekunden, Schönlebes Europarekord bei 44,33 Sekunden. Wann sind Sie so weit, diese Zeit zu unterbieten?
Pavel Maslak:
Wenn ich gesund bleibe, will ich in diesem Sommer um 44,50 Sekunden oder knapp darunter laufen. Im Olympiajahr 2016 soll es noch ein bisschen schneller werden, sodass ich mir dann realistische Hoffnungen machen kann, den Rekord zu brechen. Aber es gilt dasselbe wie für den Hallen-Europarekord: Es ist eine sehr starke Zeit. Vielleicht ist es auch gar nicht mir vorbehalten, den Rekord zu brechen.
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