Welch ein starkes Solo über 21,1 Kilometer! Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid 01) hat am Sonntag beim Köln-Marathon den 21 Jahre alten deutschen U23-Rekord im Halbmarathon um 26 Sekunden auf 63:40 Minuten verbessert - und das ohne Tempomacher. Gleichzeitig blieb er wie Simret Restle-Apel (PSV GW Kassel; 72:26 min) unter der Einzelnorm für die EM 2016 in Amsterdam (Niederlande).
Bedeckter Himmel, 13 Grad, kaum Wind: Die äußeren Bedingungen für schnelle Zeiten waren am Sonntagmorgen beim 19. Köln-Marathon ideal. Und das nutzte Hendrik Pfeiffer. Der Wattenscheider setzte sich direkt nach dem Startschuss um 8:30 Uhr an die Spitze des Halbmarathon-Feldes und schlug ohne Tempomacher eine schnelle Pace an. Die 10-Kilometer-Marke passierte er etwa in 30:03 Minuten, was auf eine Endzeit um 63:25 Minuten hindeutete.
Das rasche Tempo konnte der 22-Jährige auf dem zweiten Abschnitt halten. Nach einer Energieleistung spurtete er als Solist vor dem Kölner Dom nach 63:40 Minuten Minuten ins Ziel und damit zum neuen deutschen U23-Rekord. Pfeiffer steigerte die 21 Jahre alte Bestmarke von Salvatore di Dio um 26 Sekunden. Rang zwei ging an Marcel Bräutigam (GuthsMuths-Rennsteiglaufverein; 65:34 min), Rang drei an den Russen Iskander Iadgarov (65:37 min).
Kurze Schwächephase überstanden
Als Krönung blieb Hendrik Pfeiffer zudem fünf Sekunden unter der EM-Norm für Amsterdam (6. bis 10. Juli 2016; Niederlande). Dort stehen zum ersten Mal die 21,1 Kilometer auf dem Programm. Auf den klassischen Marathon wird zwei Monate vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) bei der EM verzichtet. „Mit der EM-Norm hatte ich absolut nicht mehr gerechnet, da es zwischen Kilometer 12 und 18 richtig hart wurde. Da habe nur noch an den Rekord gedacht“, sagte der Sieger. Doch der U23-Athlet beschleunigte auf den finalen zwei Kilometern noch einmal und schlug so den Weg nach Amsterdam ein: „Die Stimmung vor dem Dom hat mich unheimlich gepusht.“
Die Steigerung seiner Bestzeit um 47 Sekunden ist umso überraschender, da er im Sommer keine Wettkämpfe bestreiten und nur unregelmäßig trainieren konnte. Ein vereiterter Weisheitszahn strahlte in den ganzen Körper aus. „Die Ursache wurde aber erst spät gefunden. Nach der Entfernung des Zahns waren die Probleme zum Glück sofort weg“, sagte Hendrik Pfeiffer. Was folgte waren elf Wochen konzentrierte Vorbereitung auf das Rennen in Köln, die der Straßenspezialist mit seiner Rekord-Leistung in der Domstadt krönte.
Marathon-Premiere 2017 geplant
Den anderthalb Stunden nach dem Halbmarathon gestarteten Marathon verfolgte Hendrik Pfeiffer als Zuschauer. Seine Pläne Richtung 42,195 Kilometer sind allerdings schon sehr konkret: „2017 würde ich gern das erste Mal Marathon laufen.“ Bis dahin will der 22-Jährige seine Bestzeiten auf den Unterdistanzen steigern. Einen großen Schritt Richtung erfolgreicher Straßenkarriere hat der Wattenscheider am Sonntag in Köln auf jeden Fall gemacht.
Die Marathon-Distanz wird Simret Restle-Apel (PSV GW Kassel) schon in drei Wochen in Frankfurt (25. Oktober) in Angriff nehmen. Den Kölner Halbmarathon nutzte sie in 72:26 Minuten zum finalen Tempotest und blieb mit ihrer neuen Bestzeit 34 Sekunden unter der EM-Norm. „Ich bin heute nur nach Gefühl gelaufen, hatte keine Uhr dabei. Darum bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis“, sagte die 31-Jährige. Ihren fünf Jahre alten Hausrekord – ebenfalls in Köln aufgestellt - steigerte Simret Restle-Apel um 30 Sekunden.
Anja Schneider immer schneller
Gleich um 1:18 Minuten schneller als bei ihrem bisher besten Halbmarathon war Anja Schneider (LG Telis Finanz Regensburg) unterwegs. In 73:40 Minuten belegte die voll berufstätige Informatikerin Rang zwei und blieb unter der Team-Norm für die EM in Amsterdam. „Das war wieder ein deutlicher Schritt nach vorn“, jubelte die zierliche Läuferin. Nach ihrem starken Marathon im April in Hamburg (2:36:31 h) will die 29-Jährige bei den Deutschen Meisterschaften in Frankfurt noch ein Schippchen drauflegen: „Wenn der letzte Trainingsblock gut läuft, soll es schon eine klare neue Bestzeit werden.“
Beim Marathon hatten die Veranstalter auf die Verpflichtung ganz schneller Afrikaner bewusst verzichtet. Der drei Jahre alte Streckenrekord von Alfred Kering (Kenia; 2:07:37 h) sollte nicht ins Visier genommen werden. Die Entscheidung fiel kurz nach der 40-Kilometer-Marke. Der Beschleunigung des Kenianers Benson Waweru konnte der als Tempomacher verpflichtete Äthiopier Wubishet Zewde nicht folgen. Waweru setzte sich in 2:16:01 Stunden mit 19 Sekunden Vorsprung vor Zewde durch. Rang drei ging an Khalid Lablaq (Marokko; 2:16:36 h).
Sebastian Reinwand testet für Frankfurt
Bester Deutscher wurde der als Frauen-Tempomacher verpflichtete Sebastian Reinwand (TSG 08 Roth; 2:31:30 h) als Fünfter. Da er in der Vorbereitung auf den Frankfurt-Marathon (Ziel: Richtung 2:16 Stunden) ohne Zeitmesschip lief, tauchte er zunächst nicht in der Ergebnisliste auf. Fauzi Kouba, der ältere Bruder von Hindernisläuferin Sanaa Koubaa (TSV Bayer 04 Leverkusen), belegte in 2:34:51 Stunden Rang sieben.
Bei den Frauen fiel die Entscheidung deutlich früher als bei den Männern. Schon nach etwas mehr als der Rennhälfte setzte sich Gelane Sembete (Äthiopien) von der Konkurrenz ab und lief mit neuer Bestzeit von 2:37:31 Stunden souverän zum Sieg. Auch ein falsches Abbiegen kurz vor dem Ziel brachte sie nicht von der Siegerstraße ab. Sembete hatte fast acht Minuten Vorsprung auf Fatiha Asmid (Marokko; 2:45:17 h). Beste Deutsche auf Rang drei wurde die Kölner Lokalmatadorin Anja Lamberty (2:53:21 h).
Der Köln-Marathon hatte in diesem Jahr wieder einen Oktober-Termin gewählt. Im Vergleich zum Vorjahr, als das Rennen am 14. September ausgetragen wurde, stiegen die Meldezahlen im Marathon (6.001) und Halbmarathon (14.096) um mehr als zehn Prozent. Insgesamt 24.583 Meldungen gingen ein. Lediglich der Schulmarathon verzeichnete aufgrund der in NRW gerade begonnenen Herbstferien einen Rückgang von rund 370 Läufern. Auf weiter steigende Meldezahlen hofft Marathon-Chef Markus Frisch zum 20. Jubiläum im kommenden Jahr. Dann soll auch wieder im Marathon ein starkes Elitefeld präsentiert werden. „20 Jahre sind eine stolze Zahl. Dann wollen wir den Streckenrekord angehen“, sagte Markus Frisch.
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