| WM 2017

London Tag 9 – DLV-Staffeln in den Vorrunden

Im Finale dabei sein. Das ist bei der WM in London das Ziel für die DLV-Staffeln. Lesen Sie hier, wie sich die deutschen Teams in den Vorläufen am Samstag geschlagen haben.
Jan-Henner Reitze

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4x100 Meter Vorläufe Männer

38,66 Sekunden nach Vollbremsung: Finale ohne DLV-Staffel

Sie waren ganz vorne mit dabei. Auf Augenhöhe mit den Jamaikanern (37,95 sec), Franzosen (38,03 sec) und China (38,20 sec). Doch dann musste Schlussläufer Robin Erewa (TV Wattenscheid 01) fast eine Vollbremsung hinlegen, um noch rechtzeitig vor Ende des Wechselraums den Staffelstab von Roy Schmidt (SC DHfK Leipzig) entgegenzunehmen. Der Schwung war weg. Und der greifbare Platz im Finale auch. Julian Reus, Robert Hering (beide TV Wattenscheid 01), Schmidt und Erewa wurden in 38,66 Sekunden Fünfte ihres Vorlaufs. Neben den Top Drei der zwei Rennen gab es zwei weitere Finalplätze über die Zeit, für die 38,44 Sekunden vonnöten waren.

Es war der nächste bittere Moment für die DLV-Sprinter, die schon bei den Olympischen Spielen in Rio als Neunte so knapp an den Top Acht der Welt vorbeigeschrammt waren und sich in London als Zehnte verabschieden mussten. Die Usain Bolt-Party wird so am Abend ohne DLV-Beteiligung stattfinden. Einen Vorgeschmack auf die Stimmung, die zu erwarten ist, gaben bereits die Vorläufe. Bolt brachte sein Jamaika-Team als Schlussläufer und Sieger ins Ziel. Im Rennen zuvor hatten die Briten (37,76 sec) die USA (37,70 sec) herausgefordert – unter ohrenbetäubendem Lärm der Fans im fast vollbesetzten Olympiastadion. Alle Zuschauer können sich auf den Showdown um 22:50 Uhr deutscher Zeit freuen.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Julian Reus (TV Wattenscheid 01)
Wir waren einfach zu langsam. Das ist das knallharte Résumé. Man darf hier nicht 38,6 laufen. Das reicht dann nicht fürs Finale. Nachdem ich über 100 Meter auch im Vorlauf rausgegangen bin, gehe ich mit keinem guten Gefühl nach Hause. Und das ist noch höflich ausgedrückt.

Robert Hering (Wattenscheid 01)

Natürlich war es schön, hier im Stadion bei der Kulisse mitlaufen zu dürfen. Umso ermüdender ist es, wenn man das Finale nicht erreicht. Das hätten wir drauf gehabt. Es ist auf deutsch gesagt beschissen. Von den Problemen rund um das Virus sind wir verschont geblieben. Andere hat es härter erwischt. Mich hat es nicht beeinflusst.

Roy Schmidt (SC DHfK Leipzig)
Mein Wechsel mit Robert hat gut geklappt. Mein Lauf hat sich auch gut angefühlt. Warum ich Robin nicht bekommen habe, ob ich zu langsam war, oder Robin zu früh losgelaufen ist, das wird die Auswertung zeigen. Ich bin dann etwas in Hektik verfallen, weil ich gesehen habe: Das Ende des Wechselraums kommt immer näher. Ich habe dann noch kleine technische Fehler eingebaut. Wir hätten das Finale drin gehabt. Es ist sehr, sehr ärgerlich.

Robin Erewa (TV Wattenscheid 01)
Wir müssen noch genau auswerten, was passiert ist. Vielleicht bin ich etwas früh losgelaufen. Vom Gefühl war ich pünktlich. Wir sind eine Nation, die über ihre Wechsel ihre Zeiten läuft. Soetwas darf uns nicht passieren in so einem wichtigen Moment. Es ist klar, dass der Druck auf Position vier groß ist, vom Kopf her war ich darauf vorbereitet, ich habe mich auf das Rennen gefreut. Es war meine erste große Meisterschaft, in der ich meine Chance bekommen habe. Es ist sehr unglücklich gelaufen.

4x100 Meter Vorläufe Frauen

Deutscher Vorlauf-Sieg mit sicheren Wechseln

Den Staffelstab sicher ins Ziel bringen: In einem Vorlauf oft die größte Herausforderung. Aber die beste Nachricht vorweg: Das gelang den deutschen Sprinterinnen – und schnell waren sie noch dazu! Tatjana Pinto (LC Paderborn), Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar), Gina Lückenkemper (LG Olympia Dortmund) und Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) ließen in ihrem Vorlauf sogar wie schon bei den World Relays auf den Bahamas die Gegnerinnen aus Jamaika hinter sich und rannten in 42,34 Sekunden zum Sieg im zweiten Vorlauf. Die Wechsel: sehr sicher, ohne sie schon voll auszureizen.

Im Finale wird das Quartett dann wohl etwas mehr Risiko gehen. Denn was mit perfekten Wechseln möglich ist, zeigten im ersten Vorlauf die Gastgeberinnen aus Großbritannien, die zur Verzückung des Publikums in 41,93 Sekunden ins Staffel-Finale einzogen und damit den Favoritinnen auf den Fersen waren. Aaliyah Brown, Allyson Felix, Morolake Akinosun und Ariana Washington verbuchten für die USA in 41,84 Sekunden die schnellste Vorlauf-Zeit. Sie haben mit Weltmeisterin Torie Bowie für das Finale ebenso noch ein heißes Eisen im Feuer wie die Jamaikanerinnen, die im Vorlauf ohne Olympiasiegerin Elaine Thompson am Start waren.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF

Tatjana Pinto (LC Paderborn)
Ich freue mich sehr, dass ich noch einmal an den Start durfte. Der Start ist auch geglückt. Das hat mich beruhigt. Es war alles sicher. Heute Abend wird es abgehen.

Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar)
Wenn ich nicht topfit wäre, würde ich hier nicht auf der Bahn stehen. Es ist alles gut. Die letzten Wochen waren schwierig, aber ich konnte trainieren. Zum richtigen Zeitpunkt ist alles gut gegangen.

Gina Lückenkemper (LG Olympia Dortmund)
Es ist noch einiges drin an Potenzial. Gerade der Wechsel von Lisa auf mich war nicht flüssig. Er war aufgebrummt. Das lag daran, dass ich Lisas Gesichtsausdruck ein bisschen viel interpretiert habe. Ich dachte, da stimmt was nicht. Deshalb bin ich vorsichtiger losgelaufen. Nach dem Motto: Hauptsache ich bekomme das Holz und kann weiterrennen. Dann kam sie so angeschossen, damit hätte ich nicht gerechnet. Heute Abend wird es schneller werden.

Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge)
Bei uns wird das Entscheidende sein, im Finale unser Ding zu machen und auf unserer Bahn zu bleiben. Wir werden uns auf flüssige Wechsel konzentrieren. Wir werden mehr Füße bekommen. Da ist dann ein bisschen mehr Risiko drin. Wenn wir vernünftig durchkommen, werden wir definitiv um die Medaillen mitlaufen. Das ist das angesagte Ziel.

4x400 Meter Vorläufe Frauen

Überzeugender Auftritt der deutschen Langsprinterinnen

Ein spitzer Schrei hallte durchs Olympiastadion, als auf der Leinwand die Resultate eingeblendet wurden. Er kam aus dem Mund der deutschen Startläuferin Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg), die die Faust ballte und wusste: Morgen werden wir hier noch einmal unsere Runden drehen. In 3:26,26 Minuten erkämpfte die deutsche Staffel sich im zweiten Vorlauf den dritten Platz, der den direkten Finaleinzug bedeutete.

Es war die fünftschnellste Zeit des Vormittags und ein absolut überzeugender Auftritt der deutschen Langsprinterinnen. Ruth Sophia Spelmeyer ließ sich nicht davon aus der Ruhe bringen, dass die Nigerianerin auf der Innenbahn sogar kurz an ihr vorbei zog, und packte auf den letzten 100 Metern den besten Schlussspurt aller Startläuferinnen aus. So übergab sie den Stab inmitten der Führenden an Nadine Gonska (MTG Mannheim). Die sortierte sich auf Rang drei ein und wahrte diesen Rang bis zur nächsten Übergabe an Svea Köhrbrück (SCC Berlin).

Die Deutsche Vizemeisterin, Aufsteigerin des Jahres, bewies, dass sie sich zurecht in die deutsche Staffel gekämpft hatte: Vorne waren die Jamaikanerinnen enteilt, aber sie hing sich an die Läuferin aus Nigeria, forderte diese sogar auf der Zielgeraden heraus und hielt starke Läuferinnen hinter ihr wie die zweimalige Europameisterin Libiana Grenot (Italien) auf Distanz.

Als Schlussläuferin sorgte Laura Müller (LC Rehlingen) gleich für doppelte Wiedergutmachung: Für das im Vorjahr noch knapp verpasste Staffel-Finale von Rio. Und für ihren krankheitsbedingten Verzicht auf die 200 Meter. Die deutsche 4x400 Meter Staffel wird am Sonntag um 21:55 Uhr aus deutscher Sicht die WM von London im Finale abschließen.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Ruth Sophia Spelmeyer (VfL Oldenburg)
Bei der 4x4 wird sehr versetzt gestartet. Erst nach dem ersten Wechsel sieht man ungefähr, wie es steht. Ich hatte das Gefühl, ich muss ganz allein laufen. Hinten habe ich gemerkt: Ich kann noch. Da wollte ich meinen Teil dafür tun, dass wir ins Finale kommen. Ich habe einen Extra-Schub gehabt und bin rangekommen. So lief es auch weiter. Wir haben alle einen sehr, sehr guten Job gemacht. Nadine hat das Reinlaufen sehr gut gelöst. Svea hat sich bei ihrem ersten internationalen Einsatz gleich bei einer WM im vollen Stadion megagut geschlagen, sich die Nervosität nicht zu Kopf steigen lassen. Laura hatte ein super Finish und hat die Polin Iga Baumgart abgenickt. Großes "Q" das sagt alles. Gerade nachdem es in Rio mit dem neunten Platz so knapp nicht geklappt hat, war es diesmal für mich fast ein Muss ins Finale zu kommen. Es wird für mich das erste Finale im Weltmaßstab und ich bin gespannt, wie wir uns verkaufen werden.

Nadine Gonska (MTG Mannheim)
Die 400 Meter sind für mich nach wie vor eine Herausforderung. In der Staffel macht es unheimlich viel Spaß. Im Einzel komme ich auch immer besser mit dieser Strecke zurecht. Heute hat es unheimlich viel Spaß gemacht. Man kommt ins Stadion, sieht diese Masse an Menschen, die einen anfeuert. Das ist der Hammer. An Position zwei sollte ich als Sprinterin schnell und gut auf die Innenbahn laufen und mich gut positionen. Das hat gut funktioniert, ich wollte an den beiden Führenden dranbleiben. Mein erstes internationales Finale. Ich freue mich riesig morgen nochmal rennen zu dürfen.

Svea Köhrbrück (SCC Berlin)
Es ist unglaublich. Das erste Mal diese Masse, die einen anfeuert. Das pusht zusätzlich. Ich habe versucht, mein Ding zu laufen und dranzubleiben. Das hat super geklappt. Hinten raus kam ich nochmal an die Nigerianerin ran. Das hat mich bestätigt, das meine Form stimmt. Ich bin super stolz, dass ich hier rennen durfte. Wie wir im Finale laufen, wird sich noch zeigen. Wir haben alle unser Bestes gegeben. Es ist mein erster internationaler Wettkampf und eine ganz besondere Ehre. Es war eine Hammer-Stimmung.

Laura Müller (LC Rehlingen)
Für mich war es heute auch ein Risiko, zu laufen. Ich wusste nicht, ob mein Körper in der Lage ist, 400 Meter auf hohem Niveau zu laufen. Es ist Weltspitze hier. Schon unter die Top 16 mit der Staffel zu kommen und sich für die WM überhaupt zu qualifizieren, ist hart. Ich wusste, dass es für mich eine besondere Herausforderung wird. Ich wusste nicht genau, wo ich stehe. Ich habe mich zwar Training gut gefühlt. Aber welche Spuren die Woche genau hinterlassen hat im Körper, war nicht ganz klar. Ich habe versucht, mich festzubeißen. Wir waren Dritte und ich habe von unseren Trainern mit auf den Weg bekommen, diese Position zu halten. Das war mein Ziel und ich habe es geschafft. Ich muss schauen, wie ich mich erhole. Mir geht es schon wieder besser als direkt nach dem Lauf. Ich muss mich auslaufen, dehen, in mich reinhören. Das große Ziel mit dem Finale ist geschafft. Das macht auch ein wenig den verlorenen Einzelstart wett.

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