| Weltmeisterschaften 2017

London Tag 2 - DLV-Athleten in den Vorrunden

Im Finale dabei sein. Das ist für einige Athleten das große Ziel bei der WM in London, für andere ist die Qualifikation für die nächste Runde gefühlt eine Pflichtaufgabe. Lesen Sie hier, wie sich die DLV-Athleten in den Vorentscheidungen am Samstag geschlagen haben.
Sandra Arm / Alexandra Dersch / Jan-Henner Reitze

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800 Meter Vorläufe Männer

Mutiger Auftritt wird nicht belohnt

Marc Reuther nahm sein Herz in beide Hände. Der 21-Jährige vom Wiesbadener LV ging seinen Vorlauf über 800 Meter beherzt von vorn weg an. Bis etwa 70 Meter vor dem Ziel führte er das Feld an. Es war unter anderem gespickt mit Emmanuel Kipkurui Korir aus Kenia. Doch dann musste er den Weltjahresbesten (1:47,08 min) sowie Michal Rozmys (Polen; 1:47,09 min), Thiago Andre (Brasilien; 1:47,22 min) und Alex Amankwah (Ghana; 1:47,56 min) an sich vorbei ziehen lassen. Marc Reuther überquerte in 1:47,78 Minuten als Fünfter die Ziellinie. Für ein Weiterkommen sollte die Zeit des U23-EM-Dritten von Bydgoszcz (Polen) nicht reichen, dafür war das Rennen zu langsam. Nur die drei Erstplatzierten zogen in die nächste Runde ein.

STIMME VOM WETTKAMPF:

Marc Reuther (Wiesbadener LV):
Mein Trainer und ich haben uns darauf geeinigt, dass ich reingehe und nicht warte. Wenn ich verhalten gelaufen wäre, hätte es auch nicht gereicht. Ich bin aggressiv angelaufen. Von den Jungs wollte zu Beginn keiner den Angang mitgehen. So stand ich vorne und habe das Rennen gestaltet. Mir hat nicht gefallen, dass ich auf den letzten 100 Meter ein bisschen fest geworden bin. Ich war vielleicht einen Tick zu verbissen. Aber vorwerfen kann ich mir nichts. Es ist ein Vorlauf-Aus, mit dem ich leben kann. Es fehlt noch etwas, um so ein Rennen bei einer internationalen Meisterschaft zu gewinnen. Aber ich habe eine gute Basis gelegt für die Heim-EM im nächsten Jahr.

Kugelstoßen Qualifikation Männer

David Storl löst erste Aufgabe souverän

Mit Weltmeisterschaften verbindet David Storl bisher nur positive Erinnerungen. Zweimal Gold, einmal Silber hat der 27-Jährige schon gewonnen. Und auch der Auftakt bei seiner vierten WM in London verlief vielversprechend. Gleich im ersten Durchgang beförderte der Deutsche Meister die Kugel über die gelbe Linie, die 20,75 Meter und damit die Qualifikationsweite markierte. Mit 21,41 Metern erzielte er die bisher drittbeste Weite seiner Saison. Er ist bereit für den Kampf um die Medaillen am Sonntag (6. August).

Sogar gleich einen 22-Meter-Stoß haute Hallenweltmeister Tom Walsh (Neuseeland; 22,14 m) raus. Der Jahresbeste Ryan Crouser (USA) machte mit 20,90 Metern das Finale klar. Deutlich schwerer tat sich Titelverteidiger Joe Kovacs (USA), der sich mit 20,67 Metern genauso ins Finale rettete wie Hallen-Europameister Konrad Bukowiecki (Polen; 20,55 m). Raus ist dagegen der WM-Dritte O'Dayne Richards (Jamaika; 19,95 m), der sich zuletzt in Rabat (Marokko) noch auf 21,96 Meter gesteigert hatte.

STIMME ZUM WETTKAMPF:

David Storl (SC DHfK Leipzig):
20,75 Meter ist schon eine Weite. Es gab auch Wettkämpfe in diesem Jahr, in denen ich nicht so weit gestoßen habe. Ich bin gut drauf. Ich bin mit meinem Ablauf zufrieden. Manchmal tue ich mich schwer, reinzukommen, wenn das Einstoßen nicht so läuft. Das war heute besser. Nach etwa 20,75 Meter im Einstoßen hat es im Ersten gleich gepasst. Der Stoß war schön. Das hat gut getan. So kontrolliert 21,41 Meter, das macht Spaß. Es gibt Selbstbewusstsein für morgen. Das Feld ist hier extrem stark. Viele können weit Kugelstoßen und sind weitergekommen. Ich muss sehen, wie das Finale läuft und was abgeht. Ich werde mein Bestes geben. Ich möchte meine Saisonbestleistung angreifen. Alles andere kann ich nicht beeinflussen.

100 Meter Vorläufe Frauen

Gina Lückenkemper erstmals unter 11 Sekunden

Solch eine Zeit hat seit 26 Jahren keine deutsche Sprinterin mehr geschafft: Gina Lückenkemper (LG Olympia Dortmund) ist im Vorlauf der WM erstmals in ihrer noch jungen Karriere unter 11 Sekunden geblieben. Tatjana Pinto (LC Paderborn) wurde dagegen nach einem Fehlstart disqualifiziert. <link http: www.leichtathletik.de news detail gina-lueckenkemper-knackt-im-vorlauf-die-11-sekunden-marke>Eine ausführliche Meldung mit Stimmen der Athletinnen finden Sie hier.

1.500 Meter Halbfinale Frauen

Konstanze Klosterhalfen zahlt Lehrgeld – Hanna Klein ganz stark ins Finale

Deutschlands Ausnahmetalent über die Mittelstrecken zahlt bitteres Lehrgang: Kostanze Klosterhalfen nahm im Halbfinale über 1.500 Meter einmal mehr ihr Herz in beide Hände, doch der Mut der 20-Jährigen wurde in London nicht belohnt. Nach 800 Metern im Pulk zog die Leverkusenerin unwiderstehlich an und ging mit einem Vorsprung von knapp dreißig Metern in die letzte Runde. Doch die Kräfte reichten nicht. Auf der Gegengerade liefen erst Sifan Hassan (Niederlande) und Meraf Batha (Schweden) vorbei, auf der Zielgerade ließen sie dann noch fünf weitere Athletinnen hinter sich. 4:06,58 Minuten reichen bei einer WM nicht für das Finale.

Eine taktische als auch sportliche Meisterleistung lieferte dagegen Hanna Klein (SG Schorndorf 1846) ab. Im Windschatten der Südafrikanerin Caster Semenya hielt die WM-Debütantin sich aus allen Nickligkeiten heraus und zog als Fünfte ihres Halbfinals ganz sicher ins Finale am Montag (7. August) ein. In 4:04,45 Minuten blieb die 24-Jährige nur einen Hauch über ihrer Bestzeit, die sie in diesem Jahr in Heusden (Niederlande) mit 4:04,15 Minuten aufgestellt hatte.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Hanna Klein (SG Schorndorf 1846):
Das gibt es nicht. Ich kann es nicht glauben. Es ist Wahnsinn. Ich hatte zum Glück Caster Semenya vor mir und dachte: Häng dich einfach an sie dran. Wenn es jemand kann, dann sie. Ich habe im richtigen Moment die richtige Entscheidung getroffen. Ich war geschockt, als mir Dibaba entgegen kam und sie mir zu langsam war. Es ging schnell los, ich habe mich drangehängt und konnte Körner sparen. Dass ich einen Tag nach dem Vorlauf so nah an meine Bestleistung ranlaufen konnte, zeigt meine gute Form. Die Bahn ist auch megaschnell. Jetzt gilt es, sich auszuruhen. Ich möchte das Finale genießen.

Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Ich glaube, es war am Anfang zu schnell, um dann die letzten 800 Meter voll zu laufen. Es war vielleicht nicht die richtige Entscheidung, aber es war einen Versuch wert. International ist es nochmal etwas anderes als national oder bei den Jugendlichen. Ich habe auf jeden Fall etwas gelernt. Es war der Plan, einen Überraschungsmoment zu suchen. Es hat sich besser angefühlt als gestern, als ich aus Nervosität heraus nach vorn gegangen bin. Ich bin mit diesem Rennen mehr zufrieden, als gestern. Ich habe alles gegeben. Ich selbst habe nie das Finale als Ziel ausgegeben. Ich wollte von Runde zu Runde schauen. Sogar Genzebe Dibaba musste über die Zeit weiter. Ich habe mir die Weltjahresbestenliste vorher nicht angeguckt, weil das bei so einer Meisterschaft nicht zählt.

Dreisprung Qualifikation Frauen

Gierisch und Eckhardt springen sich ins Finale

Volles Quali-Programm für Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz) und Neele Eckhardt (LG Göttingen): Für den Einzug ins Finale waren 14,20 Meter gefordert. Kristin Gierisch startete gut in die Qualifikation, sie erwischte den Sprungbalken fast perfekt und kam auf 14,11 Meter. Im zweiten Versuch trat sie deutlich über und im dritten Durchgang durchatmen bei der Hallen-Europameisterin, die mit 14,25 Meter die geforderte Normweite abhakte. WM-Debütantin Neele Eckhardt machte einen Riesenschritt nach vorn. Ihre 14,07 Meter im dritten Versuch bedeuteten Platz 11 und das Finalticket für Montag (7. August).

Die WM-Dritte Olga Rypakova (Kasachstan) setzte den weitesten Sprung mit 14,57 Metern in die Grube. Die zweitbeste Weite gelang der Olympia-Zweiten Yulimar Rojas (Venezuela; 14,52 m). Die Titelverteidigerin Caterine Ibargüen (Kolumbien) schaffte ebenso die direkte Qualifikation mit 14,21 Metern.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz):
Ich nehme mir bei jeder Quali vor, sie im ersten Sprung abzuhaken, um Kräfte zu sparen. Das schaffe ich irgendwie nie. Nach den 14,11 Metern im ersten Versuch, habe ich kurz überlegt aufzuhören. In den vergangenen Jahren hat eine solche Weite gereicht. Hinten raus wurde es mit 14,07 Metern noch knapp. Ich habe weiter gemacht und bin noch 14,25 Meter gesprungen. Das ist für den Anfang okay. Insgesamt geht es mir sehr gut. Ich hoffe, dass ich bis zum Finale gesund bleibe und dann werde ich am Montag alles geben.

Neele Eckhardt (LG Göttingen):
Ich bin sehr, sehr zufrieden. Das war das Ziel. Im Vorfeld ging es mir nicht so gut. Ich hatte Probleme mit dem Kreislauf. In der Nacht zu Freitag bin ich zweimal auf dem Weg zur Toilette zusammengeklappt. Dann habe ich den ganzen Tag geschlafen und mich ausgeruht. Gestern um diese Zeit hätte ich noch nicht erwartet, hier überhaupt springen zu können. Deshalb bin ich jetzt überglücklich, dass es so gut ging. Es war schon ein unglaubliches Erlebnis, vom Callroom ins Stadion zu gehen. Die Stimmung ist gut. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es schon bei einer Qualifikation so voll ist. Es war eine Bombenstimmung. Ich habe nichts mehr zu verlieren. Ich möchte meine Leistung im Finale noch einmal abrufen. Wenn es an meine Bestleistung rangeht, umso schöner. Und dann schaue ich, wofür es reicht.

Hammerwurf Qualifikation Frauen

Zitterpartie für Kathrin Klaas und Lehrgeld für Susen Küster

Was für eine Zitterpartie. Bis zum allerletzten Wurf musste Kathrin Klaas (LG Eintracht Frankfurt) in der Qualifikation um ihren Einzug ins Finale bangen. 70,33 Meter aus ihrem letzten Versuch reichten der Leverkusenerin, die auch in diesem Jahr immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte, um bei ihrer siebten WM zum dritten Mal ins Finale einzuziehen.

Für Susen Küster (TSV Bayer 04 Leverkusen) verlief ihre WM-Premiere dagegen unter dem Stichwort „Lehrgeld“. Die 23-Jährige, die erst kurz vor der WM noch das Ticket für London gelöst hatte, fand nicht in ihren Rhythmus und musste sich mit 62,33 Metern verabschieden. Die für das Finale geforderten 71,50 Metern hätten Bestleistung für Susen Küster bedeutet.

Die Tagesbesten waren die Polinnen. Malwina Kopron warf mit 74,97 Metern am weitesten, Weltrekordlerin Anita Wlodarczyk packte nach 74,61 Metern ihre Tasche für das Finale am Montag (7. August).

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Kathrin Klaas (LG Eintracht Frankfurt):
Ich habe über die Saison mit allem gekämpft, was möglich war. Ich habe zwischenzeitlich gezweifelt, dass ich es hier her schaffe. In der Vorbereitung habe ich mir noch zweimal die Brustwirbelsäule zerschossen. Ich habe die Technik etwas umgesellt, damit der Rücken nicht so belastet ist. Meine alte Technik ging gar nicht. Die Position hat sich ein wenig verändert. Es ist die siebte WM und ich werfe den Hammer seit 22 Jahren. Ich habe mich gestern intensiv mit unserer Psychologin unterhalten, die sagte: Schau zurück, auf das was du schon gezeigt hast. Dein Körper weiß noch, was er kann. Der Kopf steht oft im Weg. Ich habe mich an 2012 hier erinnert. Es ging ums Durchkämpfen. Ich bin froh, dass ich durch bin. Am Montag geht es weiter. Ich habe im Training schon über 73 Meter geworfen. Natürlich fliegt nicht jeder Wurf so weit. Es kann klappen, muss aber nicht. Es ist drin, ich muss es finden.

Susen Küster (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Eine WM ist etwas ganz anderes. Die Callroom-Zeiten, das Einwerfen. Alles dauert länger. Es ist etwas komplett anderes wie zum Beispiel bei den Deutschen Meisterschaften. Ich nehme das mit und hoffe, dass ich vielleicht bei der EM 2018 das besser machen kann, was ich jetzt falsch gemacht habe. Ich werde mich mit meiner Psychologin und meinem Bundestrainer auseinandersetzen. Wenn man im Ring ist, muss man das Publikum ausschalten. Das ist mir schwer gefallen. Wenn hier ein Brite am Start ist, geht es ab. Das muss ich lernen, auszublenden. Ich schätze den DLV, dass er mir die Chance gegeben hat, an dieser Weltmeisterschaft teilzunehmen.

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