| Interview

Kamghe Gaba: "Ich bin wieder da"

Kamghe Gaba hat sich am Pfingst-Wochenende in Regensburg mit einem eindrucksvollen 400 Meter-Rennen zurückgemeldet. Der Viertelmeiler lief in 45,79 Sekunden nicht nur zur EM-Norm. Es war auch seine schnellste Zeit seit sechs Jahren. Im Interview spricht der Athlet der LG Stadtwerke München über das Rennen und auch seinen wegweisenden Trainerwechsel zu Volker Beck.
Christian Fuchs

Kamghe Gaba, Glückwunsch zur EM-Norm. Wie hat sich das Rennen in Regensburg aus Ihrer Sicht dargestellt?

Kamghe Gaba:

Ich wollte ein kontrolliertes Rennen laufen. Ich hatte gemerkt, dass wir von 100 bis 200 Meter Rückenwind haben. Ich habe versucht, dort Energie zu sparen, was mir auch ziemlich gut gelungen ist. In die Kurve rein bin ich nicht so aggressiv gelaufen, wie ich es aus vergangenen Jahren kenne. Ich wollte einfach versuchen, ein gutes, gleichmäßiges Rennen zu machen. Auf der Zielgeraden habe ich gemerkt, dass links innen ein Schatten ist. Das hat mir noch einmal den nötigen Antrieb gegeben, um bis hinten durchzuziehen. Ich bin super zufrieden und freue mich sehr auf die weitere Saison.

Wo haben Sie diese schnelle Zeit überhaupt hergenommen?

Kamghe Gaba:

Ich habe im Oktober einen Trainerwechsel vollzogen und mich von Daniel Limburger, meinem langjährigen Trainer, getrennt. Ich bin zu Volker Beck gewechselt. Ich habe eine neue Trainingsgruppe. Ich fühle mich dort einfach sehr wohl. Wir arbeiten sehr professionell. Herr Beck hat auch viel Zeit, um sich um uns zu kümmern. Das kommt mir persönlich sehr zugute. Ich bin zwar schon ein sehr selbstständiger Mensch. Aber im Training brauche ich jemanden, der am Rand steht und ein Auge drauf wirft. Ich gebe mir dann umso mehr Mühe, somit hat das Training eine bessere Qualität. Das war in Regensburg der Anfang von dem, was wir in den letzten sechs, sieben Monaten hart erarbeitet haben.

Damit ist das auch eine Belohnung, oder?

Kamghe Gaba:

Auf jeden Fall. Ich hatte ja schon das Gefühl, dass das, was ich jetzt bei Herrn Beck mache, das Richtige ist. Ich habe mich sehr gut gefühlt und bin mit einer ziemlich großen Portion Selbstvertrauen angereist. Herr Beck hatte mir auch in den letzten Tagen immer wieder bestätigt, dass er von mir auf das Leistungsvermögen bezogen einen ziemlich guten Eindruck hat. Das hat mich umso mehr gestärkt.

Was bedeutet Ihnen die Zeit, die jetzt zu Buche steht?

Kamghe Gaba:

In erster Linie bedeutet sie für mich, dass ich wieder da bin. Ich bin ja einige 45er Zeiten gelaufen, aber noch nie am Anfang zum Einstieg. Ich lasse diese Zeit jetzt erst einmal sacken. Kein Mensch fährt zu einem Rennen und weiß, was er läuft. Wenn man dann positiv überrascht wird, dann muss man erst einmal damit umgehen. Ich hoffe, dass bis zur Nominierung für die Team-EM nicht noch irgendjemand etwas aus dem Hut zaubert. Ich möchte sehr, sehr gerne in Braunschweig laufen, womöglich noch einmal ein Stückchen schneller.

Wie fühlt es sich an, als bester Deutscher Regensburg zu verlassen?

Kamghe Gaba:

Das ist Wahnsinn. Ich weiß aber, es gibt noch zwei auf der Rechnung, die in Regensburg nicht dabei waren. Das darf man nicht außer Acht lassen. Thomas Schneider hatte im Trainingslager eine sehr gute Form. Er ist leider krank. Eric Krüger ist verletzt, das kann man nicht wirklich einschätzen. Aber bis dato ist es ein sehr gutes Gefühl. Auch wenn ich in Regensburg Sechster oder Siebter geworden wäre: Die Zeit ist das, was zählt. Die lässt meine Brust zum Panzer werden. Somit kann mich in den nächsten Wochen erst einmal nichts klein kriegen.

Das Selbstvertrauen ist auf jeden Fall da...

Kamghe Gaba:

Das war vorher schon da, weil ich wusste, dass ich gut trainiert habe. Aber jetzt bin ich noch einmal ein gutes Stück die Leiter hochgeklettert.

Wie schwierig war die Zeit vor dem Trainerwechsel, in der es nicht so gut gelaufen ist?

Kamghe Gaba:

Das war sehr, sehr schwer - gerade zum Ende der letzten Saison. Es war seit 2004 das erste Mal, dass ich nicht mit der Nationalmannschaft zu einem internationalen Höhepunkt gefahren bin. Das hat schon sehr an meinem Ego geknabbert. Da hängt ziemlich viel dran. Gerade wenn man bei der Bundeswehr ist, dann hängt vom sportlichen Erfolg ab, wie es in der Zukunft weitergeht. Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht aufzuhören.

Wie kam es dann trotzdem zum Neuanfang?

Kamghe Gaba:

Ich gebe zu, es war vorher nie eine Option für mich zu Herrn Beck zu wechseln. Ich habe jetzt aber herausgefunden, dass das viel Mundpropaganda war. Es waren einfach Vorurteile, die ich auch gerne hiermit aus dem Weg räumen möchte. Ich habe ihn vorher nie wirklich gekannt. Er ist aber ein super Trainer, ein super Mensch. Wir verstehen uns blendend. Auch meiner Frau habe ich es zu verdanken, dass ich zu ihm gewechselt bin.

Wie hat sich das geäußert?

Kamghe Gaba:

Ich war ziemlich verzweifelt zuhause. Man konnte mit mir nichts anfangen. Meine Frau hat natürlich das Gespräch gesucht und wir haben uns lange darüber unterhalten. Wir sind verschiedene Möglichkeiten durchgegangen und sie war letztendlich die Person, die mir gesagt hat, dass ich doch zu Herrn Beck gehen soll, dass das wohl die beste Möglichkeit ist. Das war die Zündung, die mich dazu gebracht hat, es noch einmal anzugehen. Dafür bin ich ihr auf Lebzeiten dankbar.

Damit war Volker Beck ja eine Art Rettungsanker, oder?

Kamghe Gaba:

Herr Beck hatte sich schon vor vielen Jahren einmal angeboten. Das war aber zu meinen Anfangszeiten. Ich war mit meinem Trainer zufrieden. In der Hinsicht bin ich ein sehr loyaler Mensch. Es gab keinen Grund mich von meinem Trainer zu trennen. Ich hatte mich von den Leistungen her weiterentwickelt und ich dachte, das geht jetzt so weiter. Aber oft ist es so, dass man erst im Nachhinein seine Lehre draus ziehen kann. Ich bin froh, dass es jetzt nicht zu spät war. Herr Beck hat das richtig erkannt und gesagt: Es steckt noch einiges in mir drin. Er hat mir das so vermittelt, dass ich ihm das auch wirklich abgenommen habe. Ab dem Zeitpunkt habe ich auch wieder an mich geglaubt. Er hat mir im Training zu verstehen gegeben, dass ich zu den Leistungsträgern gehöre und immer noch einer der Athleten bin, auf die man bis Rio zählen kann. Das immer wieder zu hören, gibt einem im Training auch unheimlich viel Kraft, um am Ball zu bleiben. Ich behaupte, Volker Beck hat aus mir einen anderen Menschen gemacht.

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