| EM 2016

EM Amsterdam Tag 1 – Die DLV-Männer in den Vorrunden

Fünf Tage Leichtathletik-Fest in Amsterdam! Hier lesen Sie, wie sich die deutschen Männer am ersten Tag der Europameisterschaften in den Vorrunden geschlagen haben.
Jan-Henner Reitze / Christian Fuchs

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100 Meter Vorläufe

Lucas Jakubczyk rollt sich ein

Über die Sprintdistanzen stehen die Besten der Meldeliste bei dieser EM automatisch im Halbfinale. Das gilt über 100 Meter auch für den Deutschen Meister Julian Reus (TV Wattenscheid 01). Bewähren musste sich dagegen Lucas Jakubczyk (SCC Berlin), der damit nach einer verletzungsbedingten Zwangspause aber gar kein Problem hatte.

In seinem Vorlauf erwischte er einen soliden Lauf und lief als Zweiter (10,35 sec) hinter dem Italiener Filippo Tortu (10,25 sec) ins Ziel. Einer der ersten drei Plätze war genug, um sicher eine Runde weiterzuziehen.

Die Vorläufe deuten an, dass es im Kampf um die Finalplätze extrem eng werden kann. Am schnellsten war der Türke Ramil Guliyev (10,21 sec) unterwegs, knapp dahinter reihten sich die Briten Ojie Edoburun und Richard Kilty (beide 10,24 sec) ein.

STIMME ZUM WETTKAMPF:

Lucas Jakubczyk (SCC Berlin):
Es ist etwas gewöhnungsbedürftig, dass wir schon im zweiten Callroom unsere langen Trainingsklamotten ausziehen mussten. Eine Viertelstunde vor dem Lauf stehst du im Trikot da und es sind nur 15 Grad. Es gab keine Möglichkeit, sich warm zu halten. Das ist nicht optimal. Mein Lauf war solide, dafür, dass es nach viereinhalb Wochen der erste Wettkampf war. Es war keine Bombe, aber okay. Für mich war der Rhythmus mit Erwärmung, Callroom und so weiter eine Ewigkeit her. Es war eine gute Orientierung, um den Ablauf wieder zu verinnerlichen. 10,35 ist ein Signal, dass es funktioniert. Es ist sicher nicht das, was ich mal konnte. Aber unter den Umständen kann ich damit zufrieden sein. Morgen wird es um einiges schärfer. Es wird knapp werden. Mal sehen, wie die Acht, die fürs Halbfinale gesetzt sind, damit umgehen, dass sie gleich voll ran müssen. Sie sind alle erfahren und haben das Leistungsvermögen. Wer von der "Zwei-Klassen-Gesellschaft" einen Vor- oder Nachteil hat, werden wir am Ende sehen. Ich finde diese Lösung etwas unglücklich. Es wird darauf ankommen, einen kühlen Kopf zu bewahren.

400 Meter Vorläufe

Alexander Gladitz und Johannes Trefz kämpfen sich durch

Die beiden DLV-Viertelmeiler haben den Einzug ins Halbfinale geschafft. Dafür war im Vorlauf ein Platz unter den besten Vier gefragt. Gleich im ersten Vorlauf ging Alexander Gladitz (Hannover 96) beherzt an. Mit den Führenden bog er Schulter an Schulter auf die Zielgerade ein. Zum Sieg reichte es nicht ganz. Das war aber auch nicht nötig. 46,28 Sekunden und Rang drei bedeuteten die viertschnellste Zeit der Karriere und das Ticket für das Halbfinale am Donnerstag (7. Juli; 16:45 Uhr).

Etwas mehr kämpfen musste Johannes Trefz (LG Stadtwerke München), der auf den letzten Metern Rang vier rettete (47,32 sec). Für den Deutschen Meister war es der erste Einzel-Auftritt bei einer großen Meisterschaft.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Alexander Gladitz (Hannover 96):
Nach den letzten Wochen mit einer Schambeinentzündung bin ich zufrieden, das Halbfinale erreicht zu haben. Da wäre eine 45 vor dem Komma cool. Nachdem es in den letzten Wochen nicht lief, auch nicht bei den Deutschen, bin ich einfach froh, hier laufen zu können. Ich war sehr nervös, konnte aber auf den ersten 200 Metern gut beschleunigen. Das war wegen der Verletzung zuletzt eher ein Problem. Die erste Phase des Rennens ist eigentlich meine Stärke. Hinten raus wird es von Lauf zu Lauf besser. Deshalb hoffe ich, dass es im Halbfinale besser wird. Es ist meine zweite EM bei den Aktiven und auf jeden Fall schon eine Steigerung.

Johannes Trefz (LG Stadtwerke München):
Ich konnte mich nur an dem Iren vor mir orientieren. Sonst hatte ich niemanden vor mir. Der Ire war schwer einzuschätzen, weil er eine Saisonbestzeit von 46,4 Sekunden hatte, aber eine 44er-Zeit als persönliche Bestleistung. Ich bin ganz gut an ihn rangekommen, war dann aber überrascht, dass die anderen Läufer mit so einem Tempo an mir vorbeigeflogen sind. Da musste ich den Schalter umlegen und mich ranbeißen. Das war nicht einfach. Die Zeit ist mies, aber ich bin im Halbfinale und zuversichtlich, dass noch mehr geht. Ich möchte morgen bei mir bleiben, mein eigenes Rennen machen und die zweite Kurve aktiver laufen. Es ist meine allererste EM, mein erster Einzelstart. Ich glaube, ich habe draus gelernt und hoffe, mein Ziel erreichen zu können, eine persönliche Bestleistung laufen zu können.

400 Meter Hürden Vorläufe

Start-Ziel-Sieg für Tobias Giehl, Felix Franz steht vor der letzten Hürde

Das war eine runde Sache. Vom ersten Meter bis zumindest zur letzten Hürde zog Tobias Giehl (LG Stadtwerke München) sein Rennen durch. Auf der Bahn zwei hatte er die Konkurrenz im Blick und sichtbar im Griff. Nach der letzten Hürden musste er nicht mehr alles geben und lief trotzdem den Vorlauf-Sieg in 50,30 Sekunden sicher nach Hause. Das Halbfinale am Donnerstag (7. Juli) kann kommen.

Felix Franz (LG Neckar-Enz) konnte seine bekannte Stärke auf der Zielgeraden diesmal nicht ausspielen. Vor der letzten Hürde rannte er in eine Böe, musste kürzer treten und verlor Tempo. Deshalb reichte es nicht mehr, um den Polen Patryk Adamczyk (51,00 sec) noch abzufangen. Im Gegenteil, Mario Lambrughi (Italien; 51,06 sec) zog noch an dem Deutschen Meister vorbei, der damit als Dritter (51,21 sec) die direkte Qualifikation für die nächste Runde verpasste. Er gehörte auch nicht zu den vier Zeitschnellsten, die noch ins Halbfinale einzogen.

Der schnellste Athlet der Vorläufe war Martin Kucera (Slowakei) in 49,56 Sekunden. Auch über die 400 Meter Hürden galt die Regel, dass die besten Athleten der Meldliste direkt im Halbfinale stehen und nicht durch die Vorläufe mussten.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Tobias Giehl (LG Stadtwerke München):
Es war mit dem Wind extrem schwierig. Man sieht zwar, dass Wind ist, aber nicht so eindeutig, dass es einem zeigt, wo man mehr und wo weniger Druck machen muss. Ich habe versucht, meinen Stiefel durchzulaufen. Das hat schon geklappt. Ich habe versucht, vorne schnell zu laufen. Ich glaube, das war ganz gut. Hinten raus bin ich rhythmisch eigentlich recht stabil. So ist es erst einmal okay. Ich hoffe, dass morgen weniger Wind ist.

Felix Franz (LG Neckar-Enz):
Es war mit dem Wind heute schwierig. Ich hatte mich beim Aufwärmen noch gut gefühlt und hatte wenig Schmerzen von meiner Verletzung. Im Stadion hat es dann ziemlich stark weh getan. Dann hat der Wind ständig gedreht. Ich hatte vorne schon zu kämpfen. Ich bin an ein paar Hürden hängen geblieben. Bis zur zehnten Hürde sah es dann doch gut aus. Da dachte ich, ich laufe vorbei. Dann ist aber so der Wind reingefahren. Das habe ich zu spät gemerkt, so dass ich dann vor der Hürde stand und nichts gepasst hat. Genau da sind dann die anderen vorbei gelaufen. Das ist jetzt richtig bitter.

Stabhochsprung Qualifikation

5,35 Meter - Karsten Dilla weiter, Tobias Scherbarth raus

Freud und Leid lagen in der Stabhochsprung-Qualifikation für die beiden Deutschen nah beieinander. Karsten Dilla reichten 5,35 Meter, die er im ersten Versuch übersprungen hatte, für den Einzug in das Finale. Sein Leverkusener Vereinskollege Tobias Scherbarth nahm diese Höhe ebenfalls, leistete sich dort aber einen Fehlversuch. Das bedeutete in der Konsequenz, dass der Deutsche Meister die Qualifikation nicht überstand.

Die für das direkte Weiterkommen ins Finale eigentlich geforderten 5,65 Meter musste keiner der 27 Höhenjäger anbieten. Das lag nicht zuletzt an den schwierigen Windverhältnissen, die am ersten Tag der EM auch Athleten aus anderen Disziplinen vor Herausforderungen stellten.

Olympiasieger Renaud Lavillenie ging als Einziger noch die 5,60 Meter an, nachdem er zuvor alle anderen Höhen ausgelassen hatte. Dort gab sich der Franzose keine Blöße und untermauerte seine Favoritenrolle.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF

Tobias Scherbarth (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Die letzten Wochen sind sehr gut gelaufen. Ich habe mich richtig gefreut auf die Europameisterschaften. Dann kommt man irgendwann in so eine Komfortzone rein und denkt, das ist alles ein Selbstläufer. Heute habe ich gemerkt, dass du es dir immer wieder aufs Neue erarbeitest und immer konstant gute Sprünge zeigen musst, dass ich die Sprünge konsequent angehen muss. Das habe ich heute die ersten Sprünge schon nicht so gemacht, deshalb die 5,35 Meter nur im Zweiten. Im Ersten wäre es das Finale gewesen. Das ist im Nachhinein natürlich ärgerlich. Bei 5,50 hatte ich die letzten beiden Sprünge sehr gut gemacht. Einmal zu dicht, einmal zu weich. Dann ist es so schnell vorbei, so schnell kann man gar nicht kucken. Das ist sehr ärgerlich. Ich bin froh, dass wir dieses Jahr noch einmal eine Chance haben. Ich habe noch zwei Ziele in diesem Jahr und darauf werden wir jetzt den Fokus legen.

Karsten Dilla (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Es ist echt nicht gut gelaufen. Das Einspringen war eine Katastrophe. Die 5,35 waren ein runder Sprung. Dass es gereicht hat, ist jetzt sehr glücklich. Läuft das Finale gut, dann spielt es im Endeffekt keine Rolle. Von daher freue ich mich auf das Finale. Dort will ich alles besser machen. Ich denke, dass ich jetzt eine Warnung gekriegt habe fürs Finale, ich dort wacher bin und mir keine Flüchtigkeitsfehler mehr unterlaufen.

Weitsprung Qualifikation

Fabian Heinle steigert sich im passenden Augenblick

Anlaufprobleme haben Fabian Heinle (VfB Stuttgart 1893) in diesem Jahr bisher Probleme gemacht. Er konnte sein Potenzial einfach nicht aufs Brett bringen. In der EM-Quali gelang mit 7,80 Metern ein solider Auftakt. Um sicher im Finale zu sein, musste aber mehr her. Und in Runde drei gelang dem 22-Jährigen bei 3,0 Metern pro Sekunde Rückenwind sein bisher bester Sprung des Sommers: 8,11 Meter. Damit bewies er, dass er rechtzeitig in Form kommt Nur der Schwede Michel Torneus (8,19 m) sprang noch weiter.

Nicht nach Plan lief es beim Deutschen Meister Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen), für den dreimal ähnliche Weiten gemessen wurden. Die beste: 7,66 Meter und damit nicht das, was der 27-Jährige kann.

Der Favorit Greg Rutherford (Großbritannien) verfehlte die als Quali-Weite geforderten glatten acht Meter. 7,93 Meter brachten den Olympiasieger und Weltmeister aber doch ins Finale.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Ich bin enttäuscht, wie es heute lief, und habe mir einen anderen Ausgang und ein anderes Resultat erwartet. Ich muss jetzt schauen, wie das zu Stande gekommen ist und sehen, wie es weiter geht.

Fabian Heinle (VfB Stuttgart):
Die 8,11 Meter sind in Ordnung. Ich hatte mit 7,80 Meter einen guten Auftakt, der Sprung war aber wirklich schlecht. Deshalb habe ich gewusst, dass noch etwas drin ist. Vor dem letzten Versuch wusste ich, dass ich noch etwas nachlegen musste, um nicht rauszufliegen. Die 8,11 Meter passen. Der Sprung war aber immer noch nicht perfekt. Die Sprünge haben noch nicht die richtige Höhe. Es geht schon noch was im Finale, glaube ich. Dafür schaue ich, dass ich jetzt fit werde. Von der Konkurrenz haben noch nicht alle gezeigt, was sie können.

Speerwurf Qualifikation

Thomas Röhler sicher, aber einziger DLV-Speerwerfer im Finale

Einmal werfen und dann ist das Finale klar. Eine solch souveräne Vorstellung wünscht sich jeder Athlet in einer Qualifikation, in der es nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren gibt. Thomas Röhler (LC Jena) löste seine Tagesaufgabe auf dem Museumsplatz auf diese Art und Weise. Nach 83,98 Metern im ersten Versuch konnte er Kräfte sparen. Die Quali-Weite von 81,50 Metern war kein Problem.

In der aus dem Stadion ausgelagerten Qualifikation kam Johannes Vetter (LG Offenburg) nicht so gut zurecht. Zweimal kratzte sein Speer an den 80 Metern. Zum Auftakt wurden 79,98 Meter gemessen, zum Abschluss 79,90 Meter. Das reichte in der Abrechnung beider Gruppen nicht für die besten Zwölf. Nicht besser erging es Lars Hamann (Dresdner SC 1898), der auf 78,07 Meter kam. Das mit ihren Bestweiten so stark aufgestellte DLV-Trio ist damit stark dezimiert.
    
Wie weit der Speer auf dem Museumsplatz fliegen kann, bewies der Titelverteidiger aus Finnland. Antti Ruuskanen schickte das 800-Gramm-Gerät auf 88,23 Meter.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Thomas Röhler (LC Jena):
Wir haben heute in der City von Amsterdam neue Fans dazu gewonnen. Ich war etwas aufgeregter als sonst, es war halt eine Quali-Situation und ein guter Test für Rio. Der leichte Gegenwind liegt Antti Ruuskanen und mir, ich musste auch nicht 100 Prozent dran hauen für die Quali-Weite. Die meisten werfen hier auf der Wiese fünf Etagen zu hoch. Das Finale morgen wird ein komplett anderer Wettkampf, die Bahn ist härter, der Wind wirbelt wie in einem Kanal durch das Stadion. Aber davon lasse ich mich nicht verrückt machen. Und immer wieder eine neue Situation zu meistern ist vor Rio wichtig. Ich will unter die Top Drei. Dass ich Top-Favorit bin, will ich aber nicht wegdiskutieren.

Lars Hamann (Dresdner SC):
Es war meine dritte Quali bei EM und WM - und ich bin zum dritten Mal raus. Ich habe keine Erklärung, ich war eigentlich gut drauf. Ich habe nur zwei meiner vier Speere durch die Kontrolle bekommen, aber daran lag es nicht. Auch die Bedingungen waren gut. Ich denke, das war es jetzt mit Olympia, ich bin total frustriert.

Johannes Vetter (LG Offenburg):
Natürlich ist die Entäuschung groß. Aber ich habe immer betont, dass das hier kein Selbstläufer wird, auch wenn ich die Nummer zwei der Welt bin. Mein Trainer und ich versuchen, Stabilität reinzubringen. Aber wir arbeiten erst zwei Jahre zusammen, haben die Technik 180 Grad gedreht, da kommt manchmal noch Bullshit raus. Leider war es bei der DM in Kassel auch schon so. Dennoch mache ich mir wegen des Rio-Tickets keine Sorgen, die 88 und 87 Meter sollten für mich sprechen.

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