| Interview der Woche

Elias Schreml: "Gold hat alle Erwartungen gesprengt"

Elias Schreml (LG Olympia Dortmund) hat am Samstag bei der U20-EM in Borås (Schweden) über 3.000 Meter unerwartet die Goldmedaille gewonnen, in neuer Bestzeit von 8:16,07 Minuten. Es war der erste U20-EM-Titel für einen deutschen Läufer auf den flachen Langstrecken seit 1999. Im Interview der Woche berichtet der 18-Jährige vom Schlüsselmoment des Rennens, seinen vielseitigen Stärken und von seinem Glücksbringer aus dem Läufer-Land Kenia.
Pamela Lechner

Elias Schreml, nach der überraschenden Goldmedaille musstest du eine Wette einlösen, bei der du ziemlich nass geworden bist. Was hatte es damit auf sich?

Elias Schreml:

Ich habe mich gestern nach meinem zweiten Start über die 5.000 Meter gründlich ausgelaufen und wir sind an einem See vorbeigekommen. Ich hatte im Vorfeld aus Spaß gesagt: 'Wenn ich Europameister werde, dann springe ich in einen See." Dann bin ich es tatsächlich geworden und musste das noch nachholen. Mein Zimmerkollege Maximilian Sluka wollte mich auch dazu bringen, dass ich mir eine Glatze rasiere, wenn ich den Titel hole, aber darauf habe ich zum Glück nicht eingeschlagen.

Du konntest es beim Zieleinlauf und kurz danach kaum fassen, dass du das 3.000 Meter-Rennen gewonnen hast. Ist der große Erfolg schon bei dir angekommen?

Elias Schreml:

Ich kann es immer noch nicht richtig fassen. Es ist so unreal. Jetzt bin ich Europameister. Ich bin mit der Einstellung nach Schweden gekommen, Spaß zu haben, eine Top Fünf-Platzierung zu erreichen und vielleicht eine Medaille mitzunehmen. Mein Trainer und ich haben im Training und bei Wettkämpfen gesehen, dass eine Medaille möglich sein kann. Aber so wirklich damit gerechnet habe ich nicht. Gold hat alle Erwartungen gesprengt. Das ist echt krank.

Wie hat dein Trainer Pierre Ayadi dich auf das Finale eingestellt? Du warst ziemlich nervös...

Elias Schreml:

Mein Trainer meinte, ich muss mir keine Sorgen machen. Vor dem Start war ich dann ziemlich locker. Das war etwas komisch, weil ich bis dahin den ganzen Tag total nervös war. Ich sollte mitgehen, auch wenn es schneller wird. Hinten raus hätte ich die besten Karten, weil die Konkurrenten eher Langstreckler sind und am Ende nicht so gut kicken können. Pierre sagte, ich kann beides und soll es einfach genießen. Das habe ich auch gemacht.

Rund 250 Meter vor Schluss gab es eine Schlüsselszene...

Elias Schreml:

Der türkische Läufer vor mir ist gestolpert. Dadurch wurde eine kleine Lücke frei und ich konnte zum Briten aufschließen. Dann dachte ich mir, jetzt gehst du ganz nach vorne und haust am Ende nochmal alles raus. Das hat geklappt.

Wie hast du vor den Meisterschaften für deinen Doppelstart über 3.000 und 5.000 Meter (Platz 15) trainiert?

Elias Schreml:

Ich habe sehr viel auf Umfang trainiert. Für die Langstrecke ganz viele Dauerläufe gemacht und Kilometer gesammelt, um gut zu regenerieren. Es ist wichtig, nach solchen Belastungen schnell zu regenerieren. Dazu kamen viel Schnelligkeitsausdauer und natürlich Tempoläufe. Darauf lag der Fokus.

Der ursprüngliche Plan war, bei der U20-EM die 10.000 Meter zu laufen. Diese Strecke wurde aber Anfang des Jahre aus dem Wettkampfplan genommen, stattdessen fanden wie zuletzt bei der U20-EM 1985 die 3.000 Meter statt. Im 10 Kilometer-Straßenlauf hältst du die deutsche U18-Bestleistung. Auf welcher Distanz siehst du deine größten Stärken?

Elias Schreml:

Mit Blick auf die Zukunft würde ich sagen, dass ich auf den längeren Strecken besser bin. Aber momentan laufe ich noch Mittel- und Langstrecke, da ich eher von den 1.500 Metern komme und dort meine Basis habe. Ich denke, das ist jetzt mit den 3.000 und 5.000 Metern der Übergang auf längere Strecken, die machen mir noch mehr Spaß. Obwohl ich 1.500 Meter auch gerne laufe.

Vor zwei Jahren hast du bei den U18-Weltmeisterschaften in Nairobi über 1.500 Meter den achten Platz belegt. Das war in dem Land mit der womöglich größten Begeisterung für den Laufsport ein prägendes Ereignis für dich. Du trägst auch wie viele Läufer das Kenia-Armband...

Elias Schreml:

Ja, ich habe nach der WM zu meinem Trainer gesagt, dass ich unbedingt nochmal für ein Trainingslager nach Kenia zurück möchte, weil ich es dort sehr schöne finde. Bis jetzt war ich oft in Höhentrainingslagern in Flagstaff und Österreich. Man kommt ziemlich viel rum durch den Sport. Das Armband ist so etwas wie mein Glücksbringer. Bei der U18-WM war es eigentlich eher Zufall, dass ich dieses Band ergattert habe – auch Athleten anderer Disziplinen haben es sich gekauft. Unter den Läufern ist es schon ein Markenzeichen.

Welchen Stellenwert hat das Laufen insgesamt in deinem Leben?

Elias Schreml:

Ich mache das Laufen, weil es mir Spaß macht. Es hat einen sehr großen Stellenwert in meinem Leben. Es ist sogar eines der wichtigsten Dinge. Ich kriege dadurch meinen Kopf frei. Ich war in der 5./6. Klasse ziemlich unkonzentriert und sehr aktiv. Ich habe etwas gebraucht, das mich auslastet. Das war der Beginn. Dann habe ich bei Kinder-Volksläufen mitgemacht und mit der Leichtathletik angefangen. So hat sich das entwickelt. Man gewöhnt sich an den Effekt des Trainings, richtig hartes Training tut sehr gut. Die zwei Wochen Saisonpause fallen mir nicht leicht, aber ich versuche es durchzuhalten.

Was war das für ein Gefühl, bei der Siegerehrung die Nationalhymne zu hören? Und wie motiviert so ein Erlebnis für die Zukunft?

Elias Schreml:

Das war richtig cool. Es war ein unfassbares Gefühl. Gänsehaut pur. Ich hätte nicht gedacht, dass die Hymne jemals für micht gespielt wird. Ich möchte in Zukunft auf jeden Fall so weitermachen und so weit kommen, wie es nur geht. Ein Traum ist es schon, die Hymne irgendwann bei den richtigen Europameisterschaften der Erwachsenen nochmal zu hören.

Du besuchst die elfte Klasse des Gymnasiums und machst in zwei Jahren das Abitur. Hast du für später schon berufliche Pläne?

Elias Schreml:

Ich kann mir vorstellen, im sozialen Bereich zu arbeiten oder auch Grafik-Design zu machen. Ich bin gerne kreativ und zeichne gerne. Das sehe ich als Möglichkeit für einen Beruf, der mir echt Spaß machen könnte. Ich habe auch schon relativ aufwendige Sachen über mehrere Wochen gemalt. Während der Saison komme ich jetzt aber nicht dazu, da ist wenig Zeit dafür. Jetzt war die EM im Mittelpunkt und nächste Woche stehen die Deutschen Jugendmeisterschaften an.

Mehr:

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