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Der große Disziplin-Check 2017 – Mittelstrecke Männer

Das Leichtathletik-Jahr 2017 neigt sich dem Ende entgegen. Es ist viel passiert in den vergangenen Monaten – mit Hallen-EM, Team-EM und den Weltmeisterschaften in London sowie vier internationalen Nachwuchsmeisterschaften. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück auf die Highlights und ziehen Bilanz. Heute: die Mittelstrecke der Männer.
Harald Koken

Fazit des Bundestrainers

Georg Schmidt, wie fällt Ihre Bilanz für das WM-Jahr 2017 aus?

Georg Schmidt:

Es hat eine Umstrukturierung im Block Lauf stattgefunden und auf der Trainerseite Veränderungen gegeben. Das hat Früchte getragen. Die Gruppendynamik und der Team-Gedanke, der Aspekt des Zusammenhalts hat die komplette Saison beeinflusst. Was die Leistungen insgesamt gesehen angeht zeichnet sich ab, dass viele Athleten im Mittelstrecken-Bereich der Männer nun in die höheren Kader kommen. Dementsprechend bin ich absolut zufrieden. Wobei wir nicht vergessen dürfen, dass wir einige Pechvögel hatten. So zum Beispiel Robert Farken, der im letzten Jahr über 800 Meter mit 1:46,65 Minuten Bester der U20 in Europa war und phänomenal Deutscher Hallenmeister wurde. Dann kamen das Abitur und Probleme mit dem Knie. Letztendlich musste er sogar auf die U23-EM verzichten.

Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?

Georg Schmidt:

Da sind gleich drei Ereignisse zu nennen. Ganz klar der U23-Europameister-Titel über 1.500 Meter von Marius Probst. Dann ein anderes Highlight: die 1:45,22 Minuten über 800 Meter von Marc Reuter. Und das sage ich nicht nur, weil ich als Heimtrainer persönlich davon betroffen bin. Gemessen am Welt-Maßstab ist dies sicherlich kein herausragendes Ergebnis, aber auf deutscher Ebene angesichts der letzten Jahre betrachtet aber doch wertvoll, erbracht von einem jungen Mann, der sich in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert hat. Das war schon ein schönes Ding! Und genauso der Vorlauf von Timo Benitz bei der WM in London. Da haben wir alle gedacht: Den müssen wir irgendwie ins Finale kriegen und dann soll er noch einmal so einen Lauf hinlegen. Im Halbfinale fehlte ihm am Ende aber leider die Kraft. Wir konnten bis jetzt noch nicht so richtig deuten, woran es gelegen hat. Wir als Trainer vor Ort hatten da schon keine Erklärung. Aber die Art und Weise, wie er den Vorlauf bestritten hat und durchgeschlüpft ist, das war schon beeindruckend. 

Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die kommende Saison mit der Heim-EM 2018 in Berlin?

Georg Schmidt:

Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir müssen im Prinzip nur da weiter machen, wo wir am Ende der Saison, im ersten Jahr des neuen Olympiazyklus aufgehört haben. Das gilt auch für die gemeinsame Methodik, die Vernetzung von Athleten, Trainern, Trainingslagern und so weiter, das sollten wir so fortführen. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren ist mir in dem Kontext sehr wichtig. Wir müssen ganz klar sagen, dass wir es im Block Lauf noch besser können. Ich glaube, dass wir einige Aspiranten für Zeiten unter 1:45,0 und 3:37,0 haben. Konkret auf die EM in Berlin bezogen muss man betrachten, dass es über 800 Meter momentan extrem eng ist. Nach meiner Einschätzung können zurzeit 12 oder 13 Leute um die Norm mitlaufen. Ich halte es für realistisch, dass wir einen Läufer ins Finale bekommen, wahrscheinlich in Person von Marc Reuther. Über 1.500 Meter sehe ich zurzeit Timo Benitz, Homiyu Tesfaye und Marius Probst als Endlaufkandidaten. Das hängt aber auch von der Taktik ab.

Internationale Erfolge 2017

Medaillen(Weitere) Finalplatzierungen
WM--
Hallen-EM-7. Timo Benitz (1.500 m)
U23-EMGold: Marius Probst (1.500 m)
Bronze: Marc Reuther (800 m)
U20-EM--
U18-WM-8. Elias Schreml (1.500 m)
EYOF--

Die deutschen Top Ten 2017

800 Meter

ZeitNameJahrgangVerein
1:45,22 minMarc Reuther1996Wiesbadener LV
1:46,08 minHomiyu Tesfaye1993LG Eintracht Frankfurt
1:46,71 minChristoph Kessler1995LG Region Karlsruhe
1:46,88 minChristian von Eitzen1997LC Rehlingen
1:47,13 minBenedikt Huber1989LG Telis Finanz Regensburg
1:47,28 minJan Riedel1989Dresdner SC 1898
1:47,62 minTimo Benitz1992LG farbtex Nordschwarzwald
1:47,78 minDennis Biederbick1997Wiesbadener LV
1:47,83 minPascal Kleyer1998LG Region Karlsruhe
1:47,98 minStefan Hettich1992TSV Gomaringen

1.500 Meter

ZeitNameJahrgangVerein
3:33,47 minHomiyu Tesfaye1993LG Eintracht Frankfurt
3:34,87 minTimo Benitz1992LG farbtex Nordschwarzwald
3:38,54 minMarius Probst1995TV Wattenscheid 01
3:40,49 minMarcel Fehr1992SG Schorndorf
3:41,11 minStefan Hettich1992TSV Gomaringen
3:41,26 minMaximilian Thorwirth1995SFD Düsseldorf-Süd
3:42,16 minTim Hoenig1995hamburg running
3:42,29 minSebastian Keiner1989Erfurter LAC
3:42,96 minFelix Rüger1995SC DHfK Leipzig
3:43,39 minMarvin Heinrich1997Wiesbadener LV

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 800 Meter

Jahr<1:45,90
(WM-Norm)

Schnitt
Top 3

Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
200511:46,601:47,131:47,81
200611:46,531:46,901:47,44
200711:46,281:46,581:47,22
200821:45,821:46,231:47,13
200911:46,211:46,631:47,35
2010-1:46,721:47,381:48,10
201111:46,231:46,811:47,51
201211:46,021:46,451:47,04
201311:45,911:46,061:46,80
201411:46,121:46,351:46,85
201511:46,501:46,941:47,50
2016-1:46,401:46,511:46,77
201711:46,001:46,401:47,05

Das deutsche Top-Niveau: 1.500 Meter

Jahr<3:36,00
(WM-Norm)
Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005-3:40,683:40,993:41,79
2006-3:38,863:39,333:40,78
2007-3:37,763:38,613:40,05
200813:37,023:38,273:40,02
200923:35,773:37,523:40,04
201013:36,253:37,823:39,86
201113:37,673:39,313:41,56
201223:35,593:37,423:40,05
201323:35,673:36,883:39,42
201433:33,823:35,923:39,28
2015-3:36,773:38,263:40,23
201613:36,213:37,023:39,14
201723:35,633:37,703:40,05

Entwicklung Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 800 Meter

JahrDeutschlandEuropaDiff.WeltDiff.
20051:44,71 (Herms)1:44,18 (Borzakovskiy/RUS)0,531:43,70 (Bungei/KEN)1,01
20061:45,26 (Herms)1:43,42 (Borzakovskiy/RUS)1,841:43,09 (Mulaudzi/RSA)2,17
20071:45,89 (Herms)1:44,37 (Milkevics/LET)1,521:43,74 (Mulaudzi/RSA)2,15
20081:45,66 (Schembera)1:44,68 (Rimmer/GBR)0,981:42,69 (Kaki/SUD)2,97
20091:45,63 (Schembera)1:43,59 (Som/NED)2,041:42,01(Rudisha/KEN)3,92
20101:46,38 (Schembera)1:44,68 (Rimmer/GBR)2,491:41,01(Rudisha/KEN)5,37
20111:45,04 (Ludolph)1:43,30 (Kszczot/POL)1,741:41,33 (Rudisha/KEN)3,71
20121:44,80 (Ludolph)1:43,74 (López/ESP)1,061:40,91 (Rudisha/KEN)3,89
20131:45,69 (Lange)1:43,76 (Bosse/FRA)1,931:42,37 (Aman/ETH)3,32
20141:45,79 (Krüger)1:42,53 (Bosse/FRA)3,261:42,45 (Amos/BOT)3,34
20151:45,48 (Schembera)1:42,51 (Tuka/BIH)2,971:42,51 (Tuka/BIH)2,97
20161:46,19 (Reuther)1:43,41 (Bosse/FRA)2,781:42,15 (Rudisha/KEN)4,04
20171:45,22 (Reuther)1:44,62 (Tuka/BIH)0,601:43,10 (Korir/KEN)2,12

Entwicklung Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich: 1.500 Meter

JahrDeutschlandEuropaDiff.WeltDiff.
20053:40,96 (Haschke)3:30,80 (Baala/FRA)9,593:29,30 (Lagat/USA)11,09
20063:38,04 (Schlangen)3:31,00 (Heshko/UKR)7,043:29,02 (Komen/KEN)9,02
20073:36,54 (Schlangen)3:31,01 (Baala/FRA)5,533:30,54 (Webb/USA)5,00
20083:34,99 (Schlangen)3:32,00 (Baala/FRA)2,993:31,49 (Komen/USA)3,50
20093:33,92 (Eberhard)3:30,96 (Baala/FRA)2,963:29,47 (Choge/KEN)4,45
20103:34,19 (Schlangen) 3:32,70 (Casado/ESP) 1,493:29,27 (Kiplagat/KEN)4,92
20113:35,74 (Schlangen)3:31,37 (Özbilen/TUR)4,373:30,46 (Kiprop/KEN)5,28
20123:33,64 (Schlangen)3:33,32 (Özbilen/TUR)0,323:28,88 (Kiprop/KEN)4,76
20133:34,18 (Tesfaye)3:28,81 (Farah/GBR)5,373:27,72 (Kiprop/KEN)6,46
20143:31,98 (Tesfaye)3:31,46 (Ingebrigtsen)0,523:27,64 (Kiplagat/KEN)4,34
20153:36,05 (Orth)3:28,93 (Farah/GBR)7,123:26,69 (Kiprop/KEN)9,36
20163:35,05 (Tesfaye)3:31,74 (Farah/GBR)3,313:29,33 (Kiprop/KEN)5,72
20173:33,47 (Tesfaye)3:32,48 (Ingebrigtsen/NOR)1,103:28,80 (Manangoi/KEN)4,67

Das fällt auf

  • Über 800 Meter ist Marc Reuther mit seiner Bestzeit nur 0,60 Sekunden von der europäischen Spitze entfernt – die geringste Differenz seit zehn Jahren. 
  • Auf beiden Distanzen ist der 3er-Schnitt im Vergleich zum Vorjahr gedrückt worden. Über 800 Meter wurde der beste Schnitt seit 2013, über 1.500 Meter seit 2014 erreicht.
  • Zum vierten Mal binnen fünf Jahren führt Homiyu Tesfaye die deutsche 1.500-Meter-Bestenliste an. Das ist Konstanz auf hohem Niveau. Deutscher Meister wurde aber Timo Benitz.
  • In Europa ist es die schlechteste 800-Meter-Spitzenzeit seit 2010, in der Welt sogar seit 2007. Die Top-Zeiten über 1.500 Meter sind etwa auf dem Level von 2012

leichtathletik.TV-Clips zur Mittelstrecke

<link http: www.leichtathletik.de tv disziplinen video-uebersicht disziplin _blank btn zu video-clips zum>800 Meter   <link http: www.leichtathletik.de tv disziplinen video-uebersicht disziplin _blank btn zu video-clips zum>1500 Meter  

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2017-sprint-maenner>Sprint – Männer
<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2017-sprint-frauen>Sprint – Frauen
<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2017-400-meter-maenner>Langsprint – Männer
<link http: www.leichtathletik.de news detail der-grosse-disziplin-check-2017-400-meter-frauen>Langsprint – Frauen

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