| EM 2016

Der EM-Zehnkampf von Amsterdam – Tag 1

In einem 28 Teilnehmer starken Zehnkampf-Feld der Europameisterschaften suchen auch drei Deutsche ihre Chance: die Ulmer Mathias Brugger und Tim Nowak sowie Rene Stauß (SG Schorndorf 1846). Wir berichten von Disziplin zu Disziplin, wie sich das DLV-Trio im Olympiastadion von Amsterdam schlägt.
Silke Morrissey

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100 Meter

DLV-Mehrkämpfer rollen sich warm

Der erste Startschuss der Europameisterschaften von Amsterdam galt den Zehnkämpfern. Und Mathias Brugger, Tim Nowak (beide SSV Ulm 1846) und Rene Stauß (SG Schorndorf 1846) erwischten einen soliden, aber keinen herausragenden Auftakt in den Wettbewerb. Schnellster des Trios auf dem Papier und Schnellster auf der Bahn war Mathias Brugger (11,16 sec), der 17 Hundertstel über seiner Bestleistung und 13 Hundertstel über der Leistung bei seinem bisher besten Zehnkampf (8.009 Punkte) blieb.

"Die Zeit ist leider nicht so das Wahre", stellte der mit 20 Jahren Jüngste im DLV-Trio Tim Nowak zu seinen 11,23 Sekunden fest. Er habe mit einer Bestleistung (11,04 sec) geliebäugelt und sich super gefühlt, nach 60 Metern sei aber der Rhythmus verloren gegangen. Ähnlich erging es Rene Stauß, der nach 11,40 Sekunden im Ziel war. „Ich bin hinten raus ein bisschen fest geworden, der erste Teil war gut“, sagte der Deutsche Meister von 2014, der nach einer Trainingsverletzung mit einem angerissenen Band im Fuß am Start ist. Schnellster Sprinter im Kreise der Zehnkämpfer: der Ukrainer Oleksiy Kasyanov (10,79 sec). 

Weitsprung

Glimpfliches Ende für DLV-Athleten bei Windlotterie

Athleten wie Thomas van der Plaetsen (Belgien; 7,64 m), Ashley Bryant (Großbritannien; 7,56 m), Jorge Urena (Spanien; 7,54 m) und Martin Roe (Norwegen; 7,50 m) nutzten die Böen im Amsterdamer Olympiastadion als Rückenwind für weite Sätze. Andere Athleten taten sich da deutlich schwerer. Ganz ohne gültigen Versuch blieben gar der durchaus beachtenswerte 8.140-Punkte-Zehnkämpfer aus Polen Pawel Wiesiolek und der Norweger Lars Vikan Rise. Dieses Schicksal blieb dem DLV-Trio erspart, die ganz weiten Sätze gelangen aber auch nicht.

Nach einem ersten Ungültigen und 7,08 Metern im zweiten Versuch zauberten 7,22 Meter in Runde drei dann doch ein versöhnliches Lächeln auf die Lippen von Mathias Brugger, der damit immerhin einen Zentimeter über dem Wert seines besten Zehnkampfs blieb. Rene Stauß, schon 7,59 Meter gesprungen, musste sich mit 7,15 Metern begnügen. Tim Nowak, der wie so häufig damit kämpfte, das Brett zu treffen, bewies in Runde drei Nervenstärke: 7,11 Meter, ein gutes Resultat für den Dritten der U20-WM von 2014.

Kugelstoßen

Von Jubel bis Kopfschütteln

Das letzte Wort hatte aus deutscher Sicht Tim Nowak: Nachdem für ihn bis Runde drei kein 14-Meter-Stoß zu Buche stand, wuchtete er die Kugel im letzten Versuch auf starke 14,52 Meter – Bestleistung. Ähnliches hätte sich wenig später auch Mathias Brugger, eigentlich der deutlich stärkere Kugelstoßer des Trainings-Duos, gewünscht. Doch seine Kugel kam schon nach 14,39 Metern auf. Die 15 vor dem Komma hätte es gerne sein dürfen für den Dritten der Hallen-WM. Ein Rückschlag im Kampf um die vorderen Plätze.

Dieselbe Weite wie Brugger erzielte Rene Stauß, der mit 14,39 Metern jedoch durchaus zufrieden sein konnte. Er rangiert damit in der Zwischenwertung auf Platz 19 des Feldes (2.376 Punkte). Tim Nowak ist 16. (2.410 Punkte) mit weniger als 50 Punkten Rückstand auf die Top Ten, auf die als Zwölfter derzeit auch Mathias Brugger (2.443 Punkte) lauert. Mit 14,58 Metern bewahrte der Norweger Martin Roe (2.591 Pkt) seine Führungsposition, auf ihn wartet im Hochsprung aber nun eine seiner schwachen Disziplinen. Nur knapp dahinter: Oleksiy Kasyanov (Ukraine; 2.586 Punkte), der sich nach drei Wettbewerben als Titelkandidat Nummer eins herauskristallisiert.

Hochsprung

Hochsprung ohne Höhenflüge

Durchweg solide Leistungen – aber weiterhin kein Ausrutscher nach oben. So kann man die ersten vier Disziplinen von Mathias Brugger zusammenfassen, der nach 1,98 Metern (sieben Zentimeter unter Freiluft-Bestleistung) ungefähr auf Kurs seines besten Zehnkampfs und damit in Richtung 8.000 Punkte unterwegs ist. Mindestens 8.100 hatte er sich aber eigentlich vorgenommen.

Deutlich von seinen Fußbeschwerden gehandicapt präsentierte sich Rene Stauß, der als ehemaliger Spezialist normalerweise Höhen um 2,10 Meter anpeilen kann. In Amsterdam brauchte er bereits für 1,92 Meter drei Versuche. 1,98 Meter meisterte er auf Anhieb, die Steigerung direkt auf 2,04 Meter war erfolglos. Bei eben dieser Marke liegt die Freiluft-Bestleistung von Tim Nowak, der in der Halle gar schon 2,09 Meter überquert hat. Aber zuletzt war der Wurm drin – und auch am Mittwoch: 1,95 Meter gingen für ihn in die Ergebnisliste ein. Eine Enttäuschung und dennoch ein Zentimeter mehr als noch im Mai in Götzis.

400 Meter

Mathias Brugger kämpft sich in die Top Ten

In der letzten Disziplin des Tages hieß es wie so oft Zähne zusammenbeißen. Das galt besonders für Mathias Brugger, der sich mit bandagiertem Oberschenkel auf die Stadionrunde machte. Doch der Ulmer ist ein Kämpfer, was er als Sieger des dritten Laufs in der drittbesten Zeit aller Athleten (49,76 sec) unter Beweis stellte. Erstmals ist er damit in der Zwischenwertung (4.054 Pkt) als Neunter in den Top Ten, die 8.000-Punkte-Marke aber nur noch mit einem besseren zweiten Tag in Reichweite.

Tim Nowak und Rene Stauß schlossen den Tag mit Zeiten von 50,89 und 52,08 Sekunden ab. Beide können schneller laufen, mit diesen Resultaten aber bei schwierigen Windbedingungen durchaus zufrieden sein. Mit 3.942 Punkten und Rang 16 liegt Tim Nowak als einer von wenigen Athleten sogar auf Bestleistungskurs (7.838 Pkt), die erhofften 8.000 Punkte sind aber vor allem nach dem Hochsprung in weite Ferne gerückt. Rene Stauß (3.882 Pkt) ist 19. in einem Feld von noch 23 verbliebenen Athleten.

Dieses wird vom Ukrainer Oleksiy Kasyanov (4.234 Pkt) angeführt, der als Schnellster über 400 Meter (48,97 sec) noch einmal mächtig Druck machte, bevor sein schwächerer zweiter Tag folgt. An diesem könnte ihm vor allem der Serbe Mihail Dudaš (4.199 Pkt) im Kampf um Gold in die Quere kommen.

STIMMEN ZUM WETTKAMPF:

Mathias Brugger (SSV Ulm 1846):
Die 100 Meter waren gut für den Gegenwind, den wir hatten. Weitsprung war der erste Sprung um 7,40 Meter, aber leider ungültig. 7,22 Meter waren dann noch im Rahmen. Im Kugelstoßen mussten wir nach dem Einstoßen wegen eines technischen Defekts eine halbe Stunde warten, danach war die Spannung weg. Das darf nicht passieren. Im Hochsprung hat mein linker Oberschenkel angefangen, zu schmerzen. Es hat sich fast wie eine Zerrung angefühlt. Zwischen den Versuchen bin ich von unserem Physiotherapeuten Frank Zander behandelt worden. Richtig locker wurde das Bein aber nicht. 1,98 waren dann noch okay. Ich habe mich danach nicht meht getraut. Über 400 Meter wollte ich es unbedingt probieren. Aber ich konnte keinen Druck machen. Insgesamt war viel mehr möglich, weil es im Training gut lief. Ich hatte mir einiges mehr erhofft. Jetzt geht es ins Eisbad. Ich muss sehen, wie die Nacht wird.

Tim Nowak (SSV Ulm 1846):
Ich vergleiche mich gerne mit meinem Quali-Wettkampf vor vier Wochen. Insofern sah es nach den ersten drei Disziplinen vielversprechend aus. 100 Meter waren plus minus gleich. Im Weitsprung habe ich mich auf eine gute Weite gesteigert. Kugel war Bestleistung, wenn auch nur drei Zentimeter. Ich war im Plan. Hochsprung hat gut angefangen. Bis 1,95 Meter waren gute Sprünge dabei. Dann habe ich mich bei 1,98 Meter von Klenigkeiten irritieren lassen - von einem Hürdenläufer zu Beispiel. Ich bin unglücklich ausgeschieden. Pro Höhe geht es um 30 Punkte, die habe ich mindestens liegen lassen. Die 400 Meter waren sehr schwer, alle Athleten sind eine oder sogar zwei Sekunden langsamer gewesen als sonst. Wir hatten brutalen Gegenwind auf der Gegengeraden. Die Zeit ist indiskutabel, die muss unter 50 sein. Punktemäßig waren 4.000 Punkte das Ziel für den ersten Tag. Jetzt bin ich bei 3.940 und es wird sehr schwer mit den 8.000 Punkten. Aber ich werde alles geben. Der zweite Tag ist mein besserer. Wenn ich da im Flow bin, kann es noch ein gutes Ergebnis werden.

Rene Stauß (SG Schorndorf 1846):
Die ersten drei Disziplinen waren sehr gut. Da hat mich mein Fuß auch nicht beeinträchtigt. Ich bin letzte Woche im Stabhochsprung-Training umgeknickt. Beim Hochsprung war es dann doch schwer, den Fuß voll zu belasten. Das hat Kraft gekostet. Deshalb lief es auch nicht so richtig und ich bin bei 1,98 Metern hängengeblieben. Bei den 400 Metern hatten wir auf der Gegengeraden brutal Gegenwind. Das hat bei allen Zeit gekostet. 52 ist eigentlich sehr schlecht für mich, in Relation geht es dann. Ich hoffe, morgen geht es noch etwas nach vorne. Die Atmosphäre hier ist unglaublich. Es ist eine Ehre für mich und gibt viel zu staunen, viel zu schauen. Es ist genial dabei zu sein, in so einem riesen Stadion.

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