| Interview der Woche

Katharina Steinruck: "Sapporo wäre eine gute Entscheidung für die Athleten"

Katharina Steinruck (LG Eintracht Frankfurt) hat am Sonntag beim Mainova Frankfurt Marathon mit Bestzeit von 2:27:26 Stunden die Norm für die Olympischen Spiele deutlich unterboten. Was ihr schon im Vorfeld Selbstvertrauen verlieh, warum die große Gruppe um sie herum sie nicht behindert, sondern optimal unterstützt hat und was sie von den Plänen hält, den Olympia-Marathon nach Sapporo auszulagern, hat sie anschließend im Gespräch mit den Journalisten erklärt.
Wolfram Marx

Katharina Steinruck, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem starken Rennen in Frankfurt. Hat da alles gepasst?

Katharina Steinruck:

Ja, das war ein klasse Rennen. Die Tempomacher haben super gearbeitet, ich habe mich komplett auf sie verlassen. Ich hatte eine Uhr dabei, aber ich habe praktisch nie drauf geschaut. Wir sind deutlich schneller angegangenen als 2018, aber relativ konstant gelaufen. Nur bei Kilometer 10 gab es eine falsche Zwischenzeit, da hat etwas nicht gestimmt. Wir wollten die erste Hälfte in 1:14 Stunde plus/minus ein paar Sekunden laufen, mit 1:14:10 Stunden waren wir voll im Soll. Und dann war die zweite Hälfte schneller und wir hatten einen Negative Split, genau so, wie ich es haben wollte.

In der zweiten Hälfte gab es keine Schwierigkeiten?

Katharina Steinruck:

Wir hatten auf der ersten Hälfte immer wieder Gegenwind, daher konnte die zweite Hälfte mit Rückenwind dann schneller werden. Bei Kilometer 30 waren wir bei 1:45 Stunden, eine Punktlandung. Ich habe mich gut gefühlt. Am Schluss hat Steffen Uliczka dann ein bisschen gedrückt und bei Kilometer 40 waren wir in 2:20:08 Stunden. Ich dachte, okay, ich habe noch neun Minuten für zwei Kilometer, es hat alles gepasst. Ich wollte noch mal ein bisschen Gas geben, dann haben die Beine doch gebrannt, aber ich habe immer versucht, weiter zu beißen.

Der Regen, der in der zweiten Hälfte angefangen hat, hat Sie nicht beeinträchtigt?

Katharina Steinruck:

Nein, es macht mir nichts aus, bei Regen zu laufen. Auf dem Kopfsteinpflaster in der Freßgasse mussten wir aufpassen, da konnte es dann ein bisschen rutschig sein, aber es lief alles gut.

Die Gruppe, in der Sie gelaufen sind, war sehr groß. Hat Sie das nicht gestört?

Katharina Steinruck:

Nein, wir sind sehr harmonisch gelaufen. Wir hatten praktisch keine Läufer, die dabei waren und versucht haben, ins Fernsehen zu kommen. In der Gruppe war auch Samantha Bluske aus den USA. Wir haben uns in Usti kennengelernt und für dieses Rennen abgesprochen, dass wir zusammen laufen und dann auf den letzten Kilometern jeder sein Rennen macht. Ich habe dann gegen Ende gemerkt, dass ihr es schwerer fällt. Aber mit unserer Absprache hat es super geklappt.

Fabienne Königstein wollte auch in Frankfurt laufen, hat aber vorvergangene Woche abgesagt. Welche Rolle hat es für Sie gespielt, dass keine direkte nationale Konkurrentin dabei war?

Katharina Steinruck:

Es tut mir leid für Fabienne, aber während des Rennens habe ich das ausgeblendet. Ich fand es schade, wir haben auch telefoniert. Es wäre schön gewesen, wenn sie dabei gewesen wäre. Aber ich denke, sie schafft die Norm. Wenn die Marathonrennen in Tokio stattfinden, wäre es für sie besser als für mich, denn sie kann besser bei Hitze laufen.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat angekündigt, die Marathon-Wettbewerbe aufgrund der Hitze und Luftfeuchtigkeit von Tokio nach Sapporo in den Norden des Landes zu verlegen. Wo würden Sie denn lieber laufen?

Katharina Steinruck:

Für mich wäre Sapporo besser. Aber es ist noch nichts entschieden. Wir müssen abwarten.

Würde es Ihnen nichts ausmachen, wenn die Rennen in Sapporo stattfinden? Sie wären dann ja weit weg vom Olympischen Dorf und dem „Rest“ der Spiele?

Katharina Steinruck:

Die Olympischen Spiele sind für die Athleten da, Sapporo wäre eine gute Entscheidung für die Athleten. Vor dem Rennen konzentriere ich mich auf mich selbst, da gehe ich sowieso nicht zu anderen Wettkämpfen. Danach kann man dann Olympia vor Ort erleben. Auch andere Sportler wie die Segler sind nicht immer am Olympia-Ort. Für uns Läufer ist es komplett egal, wo in Japan ein Rennen stattfindet. Die Japaner sind so laufbegeistert, das tut der Stimmung keinen Abbruch, sie ist überall toll. Ich war 2014 bei der Ekiden-Staffel dabei, es war eine Wahnsinns-Stimmung. 

Nun haben Sie als zweite deutsche Marathonläuferin die Olympianorm geknackt. Wie schätzen Sie die Situation bei den anderen deutschen Läuferinnen ein?

Katharina Steinruck:

Wie gesagt, ich denke, Fabienne Königstein kann die Norm laufen. Wir müssen abwarten, was Anja Scherl läuft, Debbie Schöneborn ist in Köln ein gutes Debüt gelaufen. Ich denke, für Miriam Dattke, die ja heute in meiner Gruppe etwa bis Kilometer 27 dabei war, ist Marathon 2020 noch kein Thema. Mittelfristig wird sie auf die Straße wechseln, für sie war das heute ein Lauf zum Kennenlernen.

Vergangenes Jahr hatten Sie nach dem Frankfurt Marathon eine Fuß-OP und mussten länger aussetzen. Wie ist denn anschließend die Marathon-Vorbereitung gelaufen?

Katharina Steinruck:

Ich war sehr zufrieden mit dem Training. Ich habe hart gearbeitet und sehr gute Werte erreicht. Ich hatte eine längere Vorbereitungszeit für Frankfurt. Ich habe auch nach der OP viel alternativ trainiert, ich bin gut im Alternativtraining. Daher hatte ich gute Grundlagen.

Im Vorfeld haben Sie Bestzeiten über zehn Kilometer und Halbmarathon aufgestellt. Wie viel Sicherheit hat das gegeben?

Katharina Steinruck:

Ich habe gesehen, dass ich im Vergleich zu meiner Bestzeit in Berlin 2016 [Anm. d. Red.: 2:28:34 h] auf dem richtigen Weg bin. Ich denke, ich kann über zehn Kilometer eine niedrige 32-Minuten-Zeit laufen. Auch im Halbmarathon kann es schneller werden, eine Zeit um 1:10 Stunden ist möglich. Ich habe Selbstbewusstsein gesammelt. Ich wusste, das Rennen in Frankfurt ist sehr, sehr wichtig. Aber wir hatten ein starkes Frauenfeld. Daher war mein Ziel nicht nur die Norm, sondern eine neue Bestzeit um 2:28 Stunden. Das hat geklappt. Jetzt müssen die anderen erst mal schneller laufen.

Wie geht es weiter in Richtung Olympische Spiele? Stehen schon Trainingslager im Kalender?

Katharina Steinruck:

Ich habe jetzt nicht wie vergangenes Jahr eine Fuß-OP, sondern kann nach dem Urlaub in Ruhe durchtrainieren. Das nächste Jahr ist dann bis August geplant, mit zwei Höhentrainingslagern im März und Juni. Es wird auch einen Frühjahrsmarathon geben, aber wann und wo ist noch offen.

Mehr:

Bestzeit und Olympia-Norm: Katharina Steinruck glänzt beim Frankfurt-Marathon
2:19:10 Stunden: Streckenrekord für Valary Aiyabei in Frankfurt

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024