| Interview der Woche

Niklas Kaul: "Harte Arbeit bis in die Weltspitze der Erwachsenen"

Zehnkämpfer Niklas Kaul hat am Samstagabend nach Rang zwei im Vorjahr die Wahl zum "Junior-Sportler des Jahres" 2017 der Deutschen Sporthilfe gewonnen. Der 19-Jährige konnte mit seinem U20-EM-Titel und Weltrekord (8.435 Pkt) von Grosseto (Italien) vier Junioren-Weltmeister anderer Sportarten in Schach halten. Im Interview auf der Gala in Köln erzählte der Mainzer, warum er mit der Auszeichnung nicht gerechnet hatte und was er in seinem ersten Jahr bei den Männern erreichen will.
Pamela Ruprecht

Niklas Kaul, im Vorjahr warst Du hinter Bahnrad-Sportlerin Pauline Grabosch Zweiter bei der Wahl zum "Junior-Sportler des Jahres", dieses Jahr war die Abstimmung öffentlich und es reichte zum Sieg. Hast Du gedacht, dass es diesmal kappen könnte?

Niklas Kaul:

Nach dem letzten Jahr hatte ich schon gedacht, schade, das wäre 2016 die einzige Chance gewesen, die Wahl zu gewinnen. Denn normalerweise gewinnt man nur, wenn man mindestens einmal Weltmeister ist. Und ich wusste, im nächsten Jahr gibt's bei uns nur Europameisterschaften, also maximal geht 'nur' Europameister. Aber dass es jetzt am Ende doch noch geklappt hat, hat mich riesig gefreut. Ich hatte nicht damit gerechnet und war sehr dankbar, nochmal unter den fünf Kandidaten zu sein und hierher kommen zu dürfen. Der Weltrekord hat es dann wohl rausgerissen.

Wie hast Du die Laudatio des ersten deutschen Zehnkampf-Olympiasiegers Willi Holdorf auf der Bühne vor so vielen Zuschauern erlebt? Der 77-Jährige würdigte Deine Leistungen als sensationell, er sagte, er habe bei Deinem Weltrekord fast Tränen der Freude in den Augen gehabt.

Niklas Kaul:

Das hat mich natürlich riesig gefreut. Willi Holdorf kennt man, gerade wenn man Mehrkampf macht. Man hat auch gemerkt, dass ich ein bisschen sprachlos war. Wenn ein früherer Olympiasieger solche Worte an einen richtet, muss man schon schlucken.

Dazu gab es von Kai Kazmirek, dem WM-Bronzemedaillengewinner von London, eine Video-Botschaft aus den USA...

Niklas Kaul:

Das hat mich auch sehr gefreut, gerade, weil wir in zwei Wochen zusammen ins Trainingslager nach Mauritius fahren. Das ist das, was ich am Zehnkampf so schätze, dass wir untereinander wirklich befreundet sein können. Für mich geht es leider nur zwei Wochen nach Mauritius, der Rest – auch Mathias Brugger, Tim Nowak und so weiter – fährt, glaube ich, drei oder vier Wochen, aber mehr schaffe ich wegen der Uni nicht.

Du kommst in das zweite Semester, wie läuft es bisher mit dem Lehramt-Studium Physik und Sport?

Niklas Kaul:

Momentan gefällt es mir echt gut. Das erste Semester hat Spaß gemacht. Ich habe bisher aber nur Physik studiert, weil ich direkt nach dem Abi angefangen habe. Mein Studium ging zwei Tage nach dem Abiball los. Dafür habe ich im ersten Semester weniger Stunden gemacht. Jetzt kommt Sport noch als zweites Fach dazu. Ich bin gespannt, wie meine Kommilitonen dort sind.

In Köln wurden zahlreiche Sportler nach ihrem Karriereende verabschiedet. Du stehst am Anfang. Motiviert so eine Auszeichnung nochmal extra oder erhöht sie auch den Druck?

Niklas Kaul:

Druck macht mir das überhaupt nicht, für mich ist das eine große Anerkennung meiner Leistung, gerade der letzten Jahre. Wenn man sieht, wer davor 'Junior-Sportler des Jahres' geworden ist, dann sind viele darunter, die später bei Olympischen Spielen erfolgreich waren. Zum anderen hat aber auch ein großer Teil nicht den Durchbruch geschafft. Deswegen ist der Weg mit der Auszeichnung also noch nicht dafür geebnet, auch bei den Erwachsenen erfolgreich zu sein. Ich muss weiter wie bisher und noch härter daran arbeiten, um den Sprung in die Weltspitze der Erwachsenen zu schaffen. Daran werde ich im Wintertraining alles setzen.

Kai Kazmirek meinte in der Video-Botschaft, die EM in Berlin sei schon ein mögliches Ziel für Dich. Traust Du Dir die Norm trotz der schwereren Gewichte und höheren Hürden kommenden Sommer schon zu?

Niklas Kaul:

Die Norm von 8.100 Punkten traue ich mir auf jeden Fall zu. Ich wäre schon sehr enttäuscht, wenn ich die Punktzahl nicht schaffen würde. Ich werde nächstes Jahr als Qualifikationswettkampf nur Götzis machen, weil ich einen Mehrkampf machen will, auf den ich mich voll konzentriere. Danach werde ich noch ein paar Einzelstarts machen. Im Winter will ich vor allem an den Defiziten im Sprint- und Sprungbereich arbeiten. Das ist mir jetzt wichtiger, als es nächstes Jahr schon zu den Europameisterschaften zu schaffen. Klar, es ist eine Heim-EM in Berlin, aber der Blick geht Richtung Olympische Spiele 2020 in Tokio, und da müssen wir jetzt anfangen Defizite aufzuarbeiten. Die EM in Berlin ist irgendwo ein Traum, der wahr werden kann. Aber die Konkurrenz im Zehnkampf ist stark, gerade in Deutschland. Ich schaue eher langfristig in Richtung Olympia.

Woran arbeitest Du im kommenden Winter speziell?

Niklas Kaul:

Im Sprint- und Sprungbereich gibt es noch viel, was man technisch optimieren kann. Meine Stärken im Wurf will ich auch ausbauen. Gerade bei meinen Defiziten kann ich durch wenig Aufwand noch viel mehr rausholen. Klar kommt jetzt auch die Umstellung auf die höheren Gewichte und Hürden, aber das funktioniert bis jetzt im Training eigentlich alles ziemlich gut. Mit Kugel und Diskus habe ich soweit keine Probleme, einzig mit der Kugel ist es vielleicht etwas schwerer, aber das ist nicht so wirklich schlimm. 

Deine Eltern, Stefanie und Michael Kaul, die Dich betreuen, wurden in Kienbaum vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) als "Nachwuchs-Trainer des Jahres" geehrt. Die Familie Kaul ist also rundum ausgezeichnet. Ist das auch der Weg für Dich, weiter mit Deinen Eltern zusammenzuarbeiten?

Niklas Kaul:

Besser geht jetzt eigentlich nicht, da kann man nicht meckern [lacht]. Ohne meine Eltern hätte ich es überhaupt nicht so weit geschafft, deswegen will ich definitiv weiter bei ihnen trainieren. Sie kennen mich so gut und wissen genau, was ich im Training wegstecken kann und wie wir auf den Saison-Höhepunkt planen müssen. Das hat bis jetzt immer super funktioniert und deshalb werde ich den Weg mit meinen Eltern auf jeden Fall zusammen weitergehen.

Mehr:

<link news:60435>Niklas Kaul gewinnt Wahl zum "Junior-Sportler des Jahres"

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